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# taz.de -- Antisemitismus in Rumänien: Elie Wiesel mit Füßen getreten
> Rechtsradikale schänden das Geburtshaus des Holocaust-Überlebenden. Dies
> ist ein weiteres Beispiel für den Niedergang der politischen Kultur.
Bild: Das geschändete Geburtshaus von Elie Wiesel in Rumänien
Berlin taz | Das als Gedenkstätte eingerichtete Geburtshaus des
Friedensnobelpreisträgers und Holocaust-Überlebenden Elie Wiesel
(1928–2016) in der nordrumänischen Stadt Sighet wurde in der Nacht vom 3.
zum 4. August geschändet.
Unbekannte beschmierten das Haus mit antisemitischen Beschimpfungen und
rechtsextremen politischen Losungen wie „Der Nazi-Jude ist zusammen mit
Hitler in der Hölle“. Zudem benutzten sie das vulgäre Wort „Muie“ und
verknüpften es mit den Namen von Merkel, Trump und Putin.
Das Wort „Muie“ kann als „Fresse“ übersetzt werden, aber auch mit „i…
Fresse ficken“. Dieser obszöne Begriff wurde in den letzten Monaten immer
wieder von demonstrierenden Gegnern der regierenden sozialdemokratischen
Partei (PSD) als Kampfslogan gebraucht.
Losungen wie „PSD – rote Pest“ und „Muie – PSD“ sind beispielhaft f…
Niedergang der politischen Kultur in Rumänien, wo sich eine gefährliche
Mischung aus einer diffusen ideologischen Militanz, irrationalen Intoleranz
und illiberalen Versatzstücken zusammenbraut. Weitere an das Haus
gekritzelte Beleidigungen an die Adresse Wiesels lauteten: „Öffentliches
WC, Antisemit, Kinderschänder.“
## Auf Facebook gepostet
Der Vorfall wurde am Samstagvormittag zuerst durch ein auf Facebook
gepostetes Foto bekannt. Das Landesinstitut für das Studium des Holocaust
in Rumänien (INSHR-EW) reagierte umgehend und forderte die Behörden in
einer Stellungnahme auf, den Vorfall aufzuklären, die Täter zu
identifizieren und zu bestrafen.
Das rumänische Außenministerium äußerte sein Bedauern und verurteilte
jegliche antisemitischen, fremdenfeindlichen und intoleranten
Entgleisungen. In einer Stellungnahme der jüdischen Gemeinschaften
Rumäniens wird „der barbarische Akt“ als eine „Beleidigung der gesamten
jüdischen Gemeinde und der Holocaustüberlebenden“ sowie der sechs Millionen
Opfer der Schoah bezeichnet.
Reflexhaft verbreiteten sich im Internet die Meinungen notorischer
Holocaustleugner, Antisemiten und selbsterklärter Verteidiger der
rumänischen nationalen Werte. In einer dieser Botschaften heißt es, die
Beschriftungen auf dem Geburtshaus von Wiesel habe „einer von ihnen“ (also
ein Jude!) angebracht, um Gelder herauszuschlagen und um zu beweisen, dass
nur sie „Opfer“ sind und nicht auch „andere in Lagern starben“.
Der 1928 in Sighet geborene Wiesel wurde 1944 nach Auschwitz und Buchenwald
deportiert. Seine Geburtsstadt in Nordrumänien wurde 1940 an Ungarn
angeschlossen. Die Judendeportation aus dieser Region begann 1944 und fand
unter direkter Anleitung von Adolf Eichmann statt. Seine Lagererlebnisse
verarbeitete Wiesel in der 1958 veröffentlichten, Erzählung „Die Nacht“.
Elie Wiesel war 2004 der Vorsitzende der Internationalen Kommission zur
Untersuchung des rumänischen Holocaust. Diese legte ein Jahr später ihren
Abschlussbericht vor, in dem die antisemitische Vernichtungspolitik des mit
Hitler verbündeten faschistischen rumänischen Antonescu-Regimes
dokumentiert ist, sowie die Deportationen der Juden aus dem von Ungarn
1940-1944 annektierten Nordrumänien.
5 Aug 2018
## AUTOREN
William Totok
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Schwerpunkt Rassismus
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