| # taz.de -- Rassismus in Rumänien: Gebärverbot für Roma | |
| > Der Vorschlag eines Bürgermeisters löst Zustimmung, aber auch | |
| > Protestkundgebungen aus. Auf ihnen wird der Rücktritt des Stadtoberen | |
| > gefordert. | |
| Bild: Demonstration in Tigru Mures gegen die rassistischen Aussagen des Bürger… | |
| Berlin taz | Menschen ohne festen Arbeitsplatz und festes Einkommen, die | |
| keine abgeschlossene Ausbildung haben, müsse man gesetzlich verbieten, | |
| Kinder in die Welt setzen. Diese Vorschläge formulierte allen Ernstes der | |
| Bürgermeister der rumänischen Stadt Târgu Mureş, Dan Florea. Seine auf | |
| Facebook veröffentlichten Ansichten lösten eine Flut zustimmender | |
| Kommentare, aber auch ablehnende Reaktionen aus. | |
| Es war sonnenklar, dass Florea mit seinem umstrittenen Vorstoß seinen Blick | |
| auf [1][die Minderheit der Roma] gerichtet hatte, von der Nationalisten | |
| seit Jahren behaupten, sie sei eine demografische Gefahr. | |
| Seit dem Untergang des national-kommunistischen Regimes vor dreißig Jahren | |
| wird von nationalistischen Kreisen die populistische Mär von der | |
| bevorstehenden Überfremdung der Mehrheitsbevölkerung durch die Roma | |
| verbreitet. Vorschläge zur Eindämmung der sogenannten „Romagefahr“ | |
| formulierten im Laufe der Jahrzehnte sowohl Politiker als auch einzelne | |
| politische Gruppierungen. | |
| In den 90er-Jahren forderte eine rechtsradikale Partei die Errichtung von | |
| Gettos. Die „Autonomen Nationalisten Heil Hitler“ schlugen die | |
| Sterilisierung von Romafrauen vor. | |
| ## Orden aberkennen | |
| Gegen den Vorstoß des Bürgermeisters Florea protestierten am vergangenen | |
| Freitag in Târgu Mureş zahlreiche Menschen, die dem Aufruf der | |
| Roma-Organisation Plattform Aresel gefolgt waren. Sie forderten Floreas | |
| Rücktritt, dessen Vorschläge sie als rassistisch und menschenfeindlich | |
| bezeichneten. | |
| In einem am Montag veröffentlichten Brief an den rumänischen Präsidenten | |
| Klaus Johannis forderte Plattform Aresel, Florea den hohen Orden | |
| abzuerkennen, den er 2011 für „besondere Verdienste“ vom damaligen | |
| Staatschef Traian Băsescu erhalten hatte. | |
| Der Bürgermeister reagierte störrisch und erklärte erneut auf Facebook, er | |
| werde kein Jota aus seinen Anregungen streichen. Einer seiner Berater | |
| leistete ihm Schützenhilfe und sprach von einem Referendum, in dem sich die | |
| Bewohner der Stadt für oder gegen die Vorschläge des Bürgermeisters äußern | |
| könnten. | |
| Eine von einer Bukarester Publikation durchgeführte, nicht repräsentative, | |
| Leserumfrage ergab, dass fast 50 Prozent der Teilnehmer, die Auffassungen | |
| des Bürgermeisters teilen. | |
| ## Bevorzugte Zielscheibe | |
| Die Mitbegründerin und -vorsitzende der Bürgerrechtsorganisation Liga Pro | |
| Europa, Smaranda Enache, die am vergangenen Freitag an dem Protest gegen | |
| den Bürgermeister teilgenommen hatte, bezeichnete die Äußerungen Floreas | |
| als „aggressiv“ und als „Verstöße gegen die in der rumänischen Verfass… | |
| verankerten Menschenrechte“. | |
| In einer der taz vorliegenden Erklärung schilderte sie die Laufbahn des | |
| seit dem Jahr 2000 amtierenden Bürgermeisters, der Mitglied mehrerer | |
| Parteien war und dessen „bevorzugte Zielscheibe“ von Anfang an die | |
| Roma-Minderheit gewesen sei. | |
| Enache erinnerte auch an dessen Versuch, in Târgu Mureş 2004 eine Straße | |
| nach dem militär-faschistischen Diktator und Verbündeten Hitlers [2][Ion | |
| Antonescu] zu benennen. Das Regime Antonescus ist für die Ermordung von | |
| über 380.000 Juden und über 11.000 Roma verantwortlich. Nach Protesten und | |
| Gerichtsverfahren wurde die Straßenumbenennung gestoppt. | |
| 21 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| William Totok | |
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