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# taz.de -- Roma und Corona in Rumänien: Rassistisch verseucht
> In rumänischen Medien ergießt sich eine Welle des Hasses über die
> Minderheit. Sie wird beschuldigt, das Virus aus dem Ausland eingeschleppt
> zu haben.
Bild: Hier wird das helle Licht der Kirche verteilt, anderenorts in Rumänien g…
Berlin taz | Das orthodoxe Osterfest in [1][Rumänien] hat ein juristisches
Nachspiel: Am Sonntag war es in einigen von Roma bewohnten Stadtvierteln zu
schweren Ausschreitungen gekommen. Alkoholisierte Personen griffen
Polizeistreifen an. Auf Videos, die im Internet kursierten, waren
gewalttätige Auseinandersetzungen aus Bukarest, Hunedoara, Ploieşti,
Baloteşti und Săcele zu sehen.
Die Ordnungskräfte wurden mit Steinen beworfen, und Autoscheiben
zertrümmert. In Bukarest fielen Warnschüsse. Es wurde Tränengas eingesetzt,
zahlreiche Personen wurden festgenommen. Die Ermittlungen dauern an.
In mehreren Stellungnahmen und Facebookeinträgen verurteilte der
Menschenrechtler und Mitbegründer der antirassistischen Internetplattform
„Aresel“ Ciprian Necula die von aggressiven Roma provozierten,
gewalttätigen Zwischenfälle.
Andererseits warnte er vor Vorverurteilungen der gesamten Roma-Bevölkerung
Rumäniens. Kriminelle Skandalmacher, erklärten Necula und der Soziologe
Gelu Duminică, böten jetzt den Rassisten Gründe, um Vorurteile in der
Mehrheitsbevölkerung anzuheizen.
## Keine neue Erscheinung
In Rumänien leben laut offiziellen Angaben 665.000 Roma, die tatsächliche
Zahl wird auf mindestens 3 Millionen geschätzt. Ihre systematische
[2][Diskriminierung] und soziale Ausgrenzung ist keine neue Erscheinung.
Die Corona-Epidemie hat jedoch unter den seit Anfang März geltenden,
strengen Maßnahmen tiefsitzende, romafeindliche Vorurteile wachgerufen.
Nicht nur im Internet kursierten bösartige Angriffe auf Roma, sondern auch
in einigen Medien. Darin wurden die nach dem Ausbruch der Epidemie, aus
westlichen Ländern heimgekehrten Roma beschuldigt, das Virus nach Rumänien
eingeschleppt zu haben.
In einem rassistischen Artikel des Lokalblatts Observatorul Prahovean vom
4. April wurden die zurückgekehrten Roma als Faulpelze, Steuerhinterzieher,
Zuhälter, Diebe, Abschaum und Straftäter beschrieben. „Ihr seid
zurückgekommen“, hieß es in dem Blatt, „als es im Ausland nichts mehr zum
Stehlen gab. Der Tag naht, an dem wir uns selber beschützen müssen, denn
scheinbar fassen euch die Behörden mit Samthandschuhen an. [...] Ich würde
euch einsperren wie jene aus Ţăndărei, wo ihr unter den Pferden schlafen
und euch gegenseitig anstecken könnt.“
Über die Ortschaft Ţăndărei wurde Anfang April eine totale Ausgangssperre
verhängt, nachdem sich dort zahlreiche Personen mit Corona angesteckt
hatten. Da der Großteil der Bewohner Roma sind, die sich nicht an die
vorgeschriebenen Abstands- und Ausgangsregelungen gehalten hatten, wurde
diese Ortschaft zur Zielscheibe rassistischer Grobheiten.
## Krähen auf einem Zaun
Wie sehr auch bekannte rumänische Intellektuelle einer exponentiellen
Verseuchung durch den Coronarassismus zum Opfer fallen, zeigte sich am
Beispiel Ţăndărei. Der frühere Vorsitzende der Präsidialkommission zur
Aufarbeitung des Kommunismus, Vladimir Tismăneanu verbreitete auf Facebook
eine Montage, auf der auf einem Zaun sitzende Krähen abgebildet sind.
Im Begleittext heißt es dann: „Flughafen Ţăndărei. Alle Flüge wurden
eingestellt.“ In Rumänien werden Roma abschätzig als Krähen bezeichnet und
Ţăndărei ist von der Außenwelt abgeschnitten.
Eine ähnliche romafeindliche Botschaft postete auch der sozialdemokratische
Parlamentarier Nicolae Bacalbaşa. Darin heißt es: „Die Chinesen haben das
Virus von den Fledermäusen, wir bekommen es von unseren Krähen!“ Nachdem
Tismăneanu heftig kritisiert wurde, löschte er den Post und entschuldigte
sich mit dem Hinweis, kein Rassist zu sein.
24 Apr 2020
## LINKS
[1] /Rumaenien/!t5009306
[2] /Rassismus-in-Rumaenien/!5655801
## AUTOREN
William Totok
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Roma
Rumänien
Antiziganismus
Klaus Johannis
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Schwerpunkt Rassismus
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