# taz.de -- Parlamentswahl in Rumänien: Patt im Parlament | |
> Die Sozialdemokraten landen vor der regierenden konservativen | |
> Nationalliberalen Partei. Die Suche nach Koalitionspartnern dürfte schwer | |
> werden. | |
Bild: Der amtierende rumänische Premierminister Ludovic Orban (PNL) | |
Berlin taz | Patt im rumänischen Parlament nach der Parlamentswahl vom | |
Sonntag: Keine der Parteien, die im künftigen Parlament vertreten sind, | |
verfügt über eine Mehrheit, um eine stabile Regierung bilden zu können. | |
Nach Auszählung von 95 Prozent der Stimmen befindet sich die populistische | |
Sozialdemokratische Partei (PSD) auf dem Vormarsch, für die knapp 30 | |
Prozent der Rumän*innen gestimmt haben. | |
Der zweite Platz geht an die konservative Nationalliberale Partei (PNL) | |
[1][des amtierenden Premiers Ludovic Orban], die auf rund 25 Prozent der | |
Stimmen kam. Die potenziellen Verbündeten der sogenannten Liberalen, die | |
ideologisch heterogene, neoliberale Ökoallianz „Union Rettet Rumänien – | |
Partei der Freiheit, Einheit und Solidarität“ (USR-PLUS), erhielt etwa 15 | |
Prozent der abgegebenen Stimmen. | |
Viertstärkste Kraft wurde die rechtsnationalistische und proorthodoxe | |
„Allianz für die Vereinigung der Rumänen“ (AUR), die erstmals im Parlament | |
vertreten ist. Die [2][Wahlbeteiligung fiel mit 32 Prozent] auf einen | |
historischen Tiefstand seit 1989. | |
Staatschef Klaus Iohannis dürfte es nun schwerfallen, den alten | |
Regierungschef Orban erneut als Premier einzusetzen, ohne auf die | |
Forderungen der rechten liberalen Kräfte einzugehen. Einige Vertreter | |
dieses politischen Lagers bezeichnen die Allianz USR-PLUS als | |
„neomarxististische“ Gruppierung, die von dem US-Milliardär George Soros | |
„gefördert“ werde. | |
## Dritter Partner notwendig | |
Um eine Mehrheit im Parlament zu erreichen, müssen die Nationalliberalen | |
sich jedoch einen dritten Partner ins Boot holen. Dafür stünde lediglich | |
der Demokratische Verband der Ungarn aus Rumänien (UDMR) zur Verfügung, der | |
von Iohannis in den letzten Monaten nicht nur verhöhnt, sondern auch als | |
Steigbügelhalter der Sozialdemokraten angefeindet wurde. Für den | |
Ungarnverband stimmten fast 6 Prozent der Wähler*innen. | |
Iohannis hatte sich in den vergangenen Wochen zunehmend als Wahlagent der | |
Nationalliberalen in das laufende politische Geschehen eingemischt und die | |
gebotene präsidiale Neutralität wiederholt verletzt. Er betonte | |
gebetsmühlenartig, nur eine von den Nationalliberalen geführte Exekutive zu | |
akzeptieren. Eine große Koalition zwischen den populistischen | |
Sozialdemokraten und den konservativen Nationalliberalen ist | |
ausgeschlossen. | |
Der Vorsitzende der Sozialdemokraten Marcel Ciolacu, erklärte sibyllinisch | |
am Sonntag, er habe gegen die „Inkompetenz“ und für ein Land der | |
Spezialisten gestimmt, die die Coronakrise meistern könnten. „Ich habe für | |
die rumänischen Produzenten und Firmen gestimmt“, sagte er großspurig und | |
fügte im Sound der rumänischen religiös-nationalistischen Diskurstradition | |
hinzu, die Wähler mögen, im „Geiste des Heiligen Nikolaus abstimmen, der an | |
die Braven Geschenke verteilt und an die Unverschämten Ruten“. | |
## Aufwertung des Faschismus | |
Die AUR-Partei wurde 2019 von Vertretern eines Verbands gegründet, der sich | |
für die Aufwertung der alten faschistischen Bewegung Rumäniens einsetzte, | |
die in der Zeit zwischen den Weltkriegen unter dem Namen die Legion des | |
Erzengels Michael entstanden war. Die AUR-Partei hat sich inzwischen zu | |
einem Auffangbecken großrumänischer, europa- und coronaskeptischer | |
Ideologen entwickelt. | |
Nachdem die ersten Hochrechnungen bekannt wurden, erläuterte George Simion, | |
einer der Mitvorsitzenden der AUR-Partei, seine politischen Vorstellungen | |
und Konzepte. Seine Partei sei für ein „Europa der Vaterländer“ und teile | |
die Auffassungen der polnischen und ungarischen Konservativen. | |
Gleichzeitig betonte er, sich im Parlament für die Vereinigung Rumäniens | |
mit der Republik Moldau starkzumachen und die Unionisten in der zur Ukraine | |
gehörenden Nordbukowina aktiv zu unterstützen. Zugleich lehnte er jedwede | |
Zusammenarbeit mit den anderen im Parlament vertretenen Parteien ab und | |
schloss den Eintritt in eine Koalitionsregierung aus. | |
7 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
William Totok | |
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