# taz.de -- Kommentar Europäische Schuldenkrise: Auch Griechenland muss lernen | |
> Hätten andere europäische Sozialstaaten eine Steuermoral wie | |
> Griechenland, wären sie auch pleite. Das Land braucht Modernisierung. | |
Bild: Auch im Tourismus steckt eine Chance – Sightseeing-Bus in Athen. | |
Wahrscheinlich hatten viele in Brüssel gehofft, Alexis Tsipras nicht mehr | |
wiederzusehen. Aber nun ist der griechische Ministerpräsident wieder | |
präsent – und zwar stärker als je zuvor. Denn er hat nicht nur sein | |
Hauruck-Referendum gegen die Sparauflagen klar gewonnen, sondern auch das | |
Mandat der Opposition erhalten, eine Einigung mit den Gläubigern | |
herbeizuführen – damit Griechenland im Euro bleiben kann. | |
Das ist eine große Chance für beide Seiten, auch wenn [1][das | |
Euro-Finanzministertreffen am Dienstag erst einmal im Eklat endete]. Sie | |
sollten sie nutzen, denn ein verarmtes Land im Chaos schadet allen – zuerst | |
den Griechen selbst, aber auch den übrigen Europäern, die den Wert von | |
Stabilität an der Südostflanke der EU nicht unterschätzen sollten. | |
Neue Verhandlungen über die Griechenlandrettung finden unter erschwerten | |
Bedingungen statt. Zunächst müssen die vielen persönlichen Verletztheiten | |
überwunden werden, die das Aneinandervorbeireden der vergangenen Wochen und | |
Monate gebracht hatte. | |
Zudem herrscht in Griechenland Ausnahmezustand, weil das Land am Tropf der | |
Europäischen Zentralbank (EZB) hängt. Dreht sie den Geldhahn zu, ist es | |
aus. Dass sie ihn wieder aufdreht, scheitert ganz offensichtlich am | |
Widerstand in Mittel-, Nord- und Osteuropa. Das kann man kritisieren, | |
ändert aber nichts an den Machtverhältnissen innerhalb der Zentralbank – | |
schon gar nicht auf die Schnelle. | |
Daher ist Eile geboten, eine tragfähige, für alle gesichtswahrende Lösung | |
zu finden – zumal einige Euro-Hardliner versucht sein mögen, Griechenland | |
am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen. | |
Eine Lösung kann es nur geben, wenn beide Seiten aufeinander zugehen. Für | |
die Gläubiger heißt das: anerkennen, dass ein Schuldenschnitt nötig und die | |
Austeritätspolitik gescheitert ist. Aber auch Griechenland muss lernen: Wer | |
einen europäischen Sozialstaat will, muss dafür sorgen, dass der Staat | |
funktioniert. Dazu gehören effektive, nicht korrupte Verwaltungen; dazu | |
gehören Steuerämter, die Steuern einziehen – und Bürger, die ihre Steuern | |
auch bezahlen. Anders gesagt: Hätten andere europäische Sozialstaaten eine | |
Steuermoral wie Griechenland, wären sie wohl auch pleite. | |
Klar, die Modernisierung einer Gesellschaft dauert. Dennoch hätte Tsipras | |
längst mit ersten Schritten einer Verwaltungsreform beginnen können. Aber | |
noch wichtiger ist die ökonomische Perspektive, auch um notwendige | |
EU-Investitionshilfen zu bekommen: Welche Branchen sollen mit welchen | |
Maßnahmen fit gemacht werden, damit die Wirtschaft wieder wächst? | |
Chancen gibt es genug: im Energiesektor mit dem Ausbau der Erneuerbaren und | |
der Erschließung von Erdgasfeldern, im Tourismus mit dem Trend zum | |
Aktivurlaub, in der Landwirtschaft, im Handel mit der Nähe zur boomenden | |
Türkei. | |
8 Jul 2015 | |
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[1] /Eurogruppen-Treffen-zu-Griechenland/!5210282 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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