# taz.de -- BND-Spionage in Österreich: Neue Vorwürfe unter Freunden | |
> „Geht gar nicht“: Die Opposition in Österreich wirft dem deutschen | |
> Geheimdienst vor, selbst die besten Freunde ausgespäht zu haben. | |
Bild: Die deutsch-österreichische Diplomatie befindet sich in Schieflage: Pete… | |
BERLIN taz | Ein Satz wird zum Bumerang: „Ausspähen unter Freunden – das | |
geht gar nicht.“ Mit diesen Worten hatte sich Angela Merkel im Herbst 2013 | |
bei den Verbündeten in Washington beschwert, nachdem die Spähattacke auf | |
ihr Handy aufgeflogen war. Doch inzwischen wendet sich der Vorwurf gegen | |
die Kanzlerin selbst. | |
„Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht“, sagte am Dienstag der | |
sicherheitspolitische Sprecher der österreichischen Grünen, Peter Pilz. | |
Adressatin der Rüge: Angela Merkel. | |
Der Oppositionspolitiker reiste eigens aus Wien an, um der Presse in | |
Berlin, nur wenige hundert Meter vom Dienstsitz der deutschen Kanzlerin | |
entfernt, seine Vorwürfe zu unterbreiten. Merkel sei mitnichten nur Opfer | |
von US-Spähattacken, versicherte Pilz, sondern selbst „Chefin der | |
Tatverdächtigen“. | |
Peter Pilz ist erprobt in parlamentarischen Untersuchungen komplizierter | |
Politaffären. Vor Jahren leitete der Grünen-Abgeordnete einen | |
Eurofighter-Ausschuss im Parlament der Alpenrepublik. Jetzt fordert der | |
61-Jährige einen neuen Untersuchungsausschuss – und zwar einen zum BND. | |
„Unter Freunden“, sagt Pilz, sei schließlich „nichts so schädlich, wie … | |
Beschädigung eines tiefen Vertrauens“. | |
## 25 betroffene EU-Länder | |
Dem Grünen liegen Unterlagen des deutschen Bundesnachrichtendienstes und | |
der Deutschen Telekom AG vor, die er als Hinweise auf ein nicht ganz neues, | |
aber durchaus brisantes Geschäft wertet: Der BND habe dem US-Geheimdienst | |
NSA geholfen, die Telekommunikation vieler befreundeter europäischer | |
Staaten auszuspähen, darunter Österreich und Luxemburg. Insgesamt, | |
behauptet Pilz, seien von der Spähattacke 25 EU-Länder und die Schweiz | |
betroffen. | |
Der Grünen-Politiker wirft dem BND vor, im Rahmen der Operation „Eikonal“ | |
im Auftrag der NSA systematisch durch Deutschland verlaufende | |
Transitleitungen angezapft zu haben. Die NSA habe dem BND dafür eine | |
Prioritätenliste übermittelt. Diese Wunschliste aus den USA liege ihm vor. | |
Der BND habe mithilfe der Deutschen Telekom in Frankfurt vermutlich eine | |
Reihe dieser Anfragen umgesetzt – wenn nicht sogar alle. Was genau mit den | |
Daten aus diesen Leitungen passierte, ist unklar. | |
Als Beleg für seinen Vorwurf führt Pilz auch eine E-Mail eines | |
Telekom-Mitarbeiters an den BND aus dem Frühjahr 2005 an. Darin schreibt | |
der Telekom-Mann, man habe vier Transitleitungen freigeschaltet – darunter | |
eine von Luxemburg nach Wien. Auf der NSA-Wunschliste standen laut Pilz | |
noch mehr Leitungen der Telekom Austria, etwa von Rotterdam nach Wien oder | |
von Amsterdam nach Salzburg. | |
## Strafanzeige angekündigt | |
Pilz kündigte deshalb eine Strafanzeige gegen die genannten Telekom- und | |
BND-Mitarbeiter an. Und er will von der deutschen Regierung wissen: Welche | |
Daten von Personen aus Österreich wurden abgesaugt und der NSA | |
weitergereicht? Auch an Merkel selbst hat er eine Frage: „Wird die deutsche | |
Bundeskanzlerin ihr Bedauern über das Ausspähen ihrer Freunde zum Ausdruck | |
bringen?“ | |
Der Österreicher hofft auf europäische Unterstützer für seinen Vorstoß. Die | |
deutschen und die luxemburgischen Grünen sind bereits eingebunden. | |
Demnächst, prophezeit Pilz, könnten sich Parlamentarier aus vielen | |
EU-Ländern mit ähnlichen Fragen an die deutsche Regierung wenden. Der | |
berüchtigten Joint SigInt Activity von NSA und BND in Bad Aibling solle | |
eine Joint Investigation Activity der Parlamente folgen. | |
19 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Astrid Geisler | |
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