# taz.de -- Koalitionskrach wegen NSA-Affäre: Knurren in der Koalition | |
> SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert die Offenlegung der NSA-Spähliste – und | |
> setzt Merkel unter Druck. Der Ton in der Regierung wird rauer. | |
Bild: „Du!“ | |
BERLIN taz | Sigmar Gabriel lässt keine Ruhe. Man müsse „auch mal Rückgrat | |
zeigen“, heizte der SPD-Chef und Vizekanzler am Wochenende die BND-Affäre | |
an. Stelle sich heraus, dass der deutsche Geheimdienst den USA beim | |
Ausspähen hiesiger Unternehmen geholfen habe, wäre dies eine | |
„Staatsaffäre“. Genau deshalb müssten die Suchlisten der NSA offengelegt | |
werden – notfalls auch gegen den Willen der USA. „Wir sind weder unmündig�… | |
so Gabriel via Bild am Sonntag, „noch Befehlsempfänger“. | |
Die Adressatin der knalligen Ansage ist eindeutig die Kanzlerin. Schon vor | |
anderthalb Wochen [1][rückte Gabriel Angela Merkel (CDU) ins Zentrum der | |
BND-Affäre]. Nun legt der SPD-Chef nach. Mit unmittelbaren Folgen: Die | |
Geheimdienst-Affäre vergiftet zunehmende das Koalitionsklima zwischen Union | |
und SPD. | |
Im Zentrum des Streits stehen die [2][Selektoren, mit denen die NSA mittels | |
des BND deutsche und europäische Unternehmen und Politiker ausgespäht] | |
haben soll. Um rund 25.000 Suchbegriffe soll es gehen. Die Liste liegt im | |
Kanzleramt. Dort wartet man immer noch auf eine Entscheidung aus den USA, | |
ob diese an den Bundestag weitergegeben werden darf. Erwartet wird jedoch | |
allseits ein „Nein“. | |
Mit Gabriels Vorpreschen ist damit nun ein Koalitionsstreit | |
vorprogrammiert. Denn bisher zögert Merkel, die USA in der | |
Geheimdienstaffäre zu brüskieren. Die Kanzlerin versprach zwar zu Beginn | |
„volle Aufklärung“. Seitdem aber schweigt sie zu der Affäre. | |
Stattdessen teilte am Wochenende auch SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi | |
aus. [3][Das Kanzleramt dürfe „nicht unterwürfig“ in Washington betteln], | |
sagte sie dem Tagesspiegel. „Wir dürfen uns nicht zum Vasallen der USA | |
machen.“ | |
In der Union reagiert man auf die Angriffe aus der SPD inzwischen | |
ungehalten. CDU-Präsidiumsmitglied unterstellt Fahimi „Gekläffe“. Die SPD | |
spiele „unverhohlen mit antiamerikanischen Ressentiments“ und verkenne die | |
derzeitige terroristische Bedrohungslage. | |
SPD-Vize Ralph Stegner sprang seinen Leuten bei. Es gehe nicht um | |
Antiamerikanismus, sondern um die Aufklärung von Gesetzesbrüchen und | |
„Vertrauen in die Demokratie“. Ein Konter, der den Streit zur | |
Grundsatzfrage erhebt. | |
In der Affäre wittern einige Sozialdemokraten inzwischen eine Chance: | |
Erstmals könnte es gelingen, ernsthaft an der Popularität der Kanzlerin zu | |
kratzen. Doch selbst in der SPD findet der Vorstoß nicht nur Freunde. So | |
schweigt zwar SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier öffentlich zu der | |
BND-Affäre. Intern aber soll er einer Veröffentlichung der Selektoren-Liste | |
skeptisch gegenüberstehen. Kraft seines Amtes muss Steinmeier das | |
transatlantische Verhältnis pflegen. | |
Die Opposition dagegen stellt Ultimaten. Bis Donnerstag wolle man Einsicht | |
in die Spähliste, sagte [4][der Grüne Hans-Christian Ströbele]. Der Linke | |
Jan Korte forderte eine „sofortige“ Übergabe der Liste an den Bundestag. | |
Die SPD müsse dies nun „zur Koalitionsfrage machen“, statt „immer nur di… | |
Backen zu machen“. | |
Linke und Grüne bekräftigen, andernfalls die Herausgabe vor dem | |
Bundesverfassungsgericht erzwingen zu wollen. Eine dortige Entscheidung | |
könnte allerdings dauern. | |
17 May 2015 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-BND-Affaere/!159398/ | |
[2] /!159987/ | |
[3] http://www.tagesspiegel.de/politik/yasmin-fahimi-attackiert-angela-merkel-d… | |
[4] /!159409/ | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
## TAGS | |
Koalitionskrise | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Sigmar Gabriel | |
BND-Affäre | |
NSA-Affäre | |
Schwerpunkt Überwachung | |
NSA-Untersuchungsausschuss | |
BND-Affäre | |
BND | |
BND | |
BND-Affäre | |
BND | |
Geheimdienst | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bundeskanzlerin im NSA-Ausschuss: Ausspähen geht immer noch gar nicht | |
Als letzte Zeugin sagt Angela Merkel vor dem Ausschuss zur Spionage der NSA | |
aus. Für das Scheitern des No-Spy-Abkommens sei die US-Regierung | |
verantwortlich. | |
BND-Affäre: Geheimsache Aufklärung | |
Grüne und Linke empören sich lautstark über Merkel und die Geheimdienste. | |
Doch die SPD rückt näher an die Union heran. | |
Debatte Spionage in Deutschland: Heiße Liste | |
Die Aufklärung des BND-Skandals kommt keinen Millimeter voran. Deshalb muss | |
das Verzeichnis der monierten Suchbegriffe ans Tageslicht. | |
NSA-Untersuchungsausschuss: BND suchte gezielt EU-Ministerien | |
Die NSA lieferte die Suchbegriffe, der Bundesnachrichtendienst | |
durchforstete sie im August 2013 nach Mailadressen von europäischen | |
Ministerien. | |
Aufklärung der BND-Affäre: Hauptsache, die sehen das nicht selbst | |
Die GroKo will die Opposition wohl nicht mit heiklen Daten versorgen | |
müssen. Ihre Idee: Ein unabhängiger Sonderermittler. | |
BND-Spionage in Österreich: Neue Vorwürfe unter Freunden | |
„Geht gar nicht“: Die Opposition in Österreich wirft dem deutschen | |
Geheimdienst vor, selbst die besten Freunde ausgespäht zu haben. | |
Debatte BND-NSA-Skandal: Jeder Verdacht wird entsorgt | |
Der Skandal um die Zusammenarbeit von Bundesnachrichtendienst und | |
US-Geheimdienst NSA zieht größere Kreise – ohne weitere Folgen. |