# taz.de -- Debatte BND-NSA-Skandal: Jeder Verdacht wird entsorgt | |
> Der Skandal um die Zusammenarbeit von Bundesnachrichtendienst und | |
> US-Geheimdienst NSA zieht größere Kreise – ohne weitere Folgen. | |
Bild: Die Affäre um Bad Aibling zieht immer weitere Kreise. | |
Wenn jemand in der Politik „nach bestem Wissen und Gewissen“ gehandelt | |
haben will, dann ist Gefahr im Verzug. Energisch weist Angela Merkel den | |
Verdacht zurück, die Bundesregierung habe die Öffentlichkeit über die | |
Aussichten für ein No-spy-Abkommen mit den USA getäuscht. [1][Die | |
CDU-Chefin bestreitet, im Wahlkampf 2013] über ein mögliches | |
Wir-bespitzeln-uns-nicht-gegenseitig-Abkommen mit Washington gelogen zu | |
haben. | |
So wird jetzt überall Verdacht entsorgt. Deutsche Sicherheitsbehörden haben | |
nach Angaben von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen keinerlei | |
Indizien für Wirtschaftsspionage der USA. „Wir haben bislang keine Beweise, | |
dass amerikanische Nachrichtendienste deutsche Topunternehmen ausspähen“, | |
sagte er Mitte der Woche anlässlich einer Sicherheitstagung in Berlin. Er | |
warnte, nicht jeden Verdacht dazu zu nutzen, die Zusammenarbeit mit den USA | |
zu diskreditieren. Nach wie vor gelte: „Die Amerikaner waren, sind und | |
bleiben für uns ein ganz wichtiger Partner.“ | |
Die zum Wochenende bekannt gewordenen Zahlen passen in dieses Bild. Der | |
Bundesnachrichtendienst liefert dem US-Geheimdienst NSA jeden Monat bis zu | |
1,3 Milliarden Meta- oder Verbindungsdaten. Das Nachrichtenportal Zeit | |
Online beruft sich in seiner Meldung auf eine Einsichtnahme in vertrauliche | |
Akten. Einen Einfluss auf die weitere Nutzung der Daten durch die NSA hat | |
der deutsche Auslandsgeheimdienst demnach nicht. Der BND sammelt danach pro | |
Tag etwa 220 Millionen solcher Daten. Hochgerechnet auf den Monat wären das | |
etwa 6,6 Milliarden Daten. Einen Einfluss darauf, was die NSA anschließend | |
mit den Daten macht, hat der BND nicht. Gleichwohl sehen BND und Kanzleramt | |
das Vorgehen durch deutsche Gesetze gedeckt. | |
Die Affäre belastet inzwischen auch die Zusammenarbeit des BND mit seinen | |
anderen Partnerdiensten. Sie sollen sich besorgt gezeigt haben, weil | |
zuletzt zahlreiche geheime Informationen über Projekte zwischen dem | |
deutschen Auslandsdienst und der NSA an die Öffentlichkeit gelangt seien | |
oder im NSA-Untersuchungsausschuss noch zur Sprache kommen könnten. | |
## Deutschland hat andere Sorgen | |
Konsequent hat sich denn auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder über die | |
Veröffentlichung geheimer Dokumente im Zuge der NSA-BND-Affäre empört. Dass | |
diese Papiere in Zeitungen oder im Internet auftauchten, sei nicht tragbar, | |
sagte der CDU-Politiker. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hält | |
die internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste hingegen nicht nur für | |
tragbar, sondern für unerlässlich. „Kein Land der Welt in unserer | |
Größenordnung wäre imstande, im Ausland ohne die Zusammenarbeit der anderen | |
Dienste so aufzuklären, dass die Sicherheit des Landes zu gewährleisten | |
wäre.“ | |
[2][Die Plattform Wikileaks hat am Dienstag Sitzungsprotokolle] des | |
NSA-Untersuchungsausschusses ins Internet gestellt. Bisher waren diese | |
nicht zugänglich – auch nicht solche der öffentlichen Sitzungen. Nun finden | |
sich unter den Wikileaks-Dokumenten sogar einige Protokolle | |
nichtöffentlicher Sitzungen. Zuvor waren immer wieder vertrauliche | |
Informationen an Medien weitergegeben worden. | |
Derzeit konzentriert sich die Aufklärung durch das Parlamentarische | |
Kontrollgremium und den NSA-Ausschuss auf die sogenannten Selektoren. Das | |
sind Suchbegriffe, die die NSA dem BND übergab, der damit | |
Telekommunikationsdaten durchkämmte. Opposition und SPD fordern deren | |
Offenlegung, die Kanzlerin will sich artig um ein positives Votum bei dem | |
Bündnispartner kümmern. Klar, der wird ablehnen. Und dagegen kann niemand | |
von Deutschland aus ernsthaft etwas unternehmen. Aber Merkel hat sich | |
bemüht, nach bestem Wissen und Gewissen, versteht sich, mit dem gewohnt | |
sicheren Gefühl für die Lage: [3][dass nämlich das Gros der deutschen | |
Bevölkerung ganz andere Sorgen hat.] | |
15 May 2015 | |
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## AUTOREN | |
Wolfgang Gast | |
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