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# taz.de -- Krise in Mali: Regierung weg, Land weg, Geduld weg
> Nach der Verhaftung des Premierministers tritt die Regierung ab, Mali
> wird immer führungsloser. In der Hauptstadt blickt niemand mehr durch.
Bild: Polizisten gehen in Bamako gegen Demonstranten vor, die gegen eine Interv…
BAMAKO taz | „Was für eine Überraschung!“, ruft Ibrahim Keita. Der Mann
mittleren Alters sitzt im Anzug vor der Tür seines kleinen Hauses im
Zentrum von Bamako. Neben ihm sitzen ein paar Freunde. Im Radio laufen die
Nachrichten. Die Männer trinken starken, schwarzen Tee mit viel Zucker und
haben nur ein Thema. „Was wird jetzt mit Mali passieren?“, fragt einer laut
in die Runde. Ibrahim Keita antwortet: „Das wissen wir doch alles nicht.“
In der Nacht zu Dienstag hat das Militär den malischen Premierminister
Modibo Diarra verhaftet. Eigentlich wollte Diarra zu einer medizinischen
Untersuchung nach Paris fliegen. Doch Soldaten verhafteten ihn in seinem
Wohnhaus, bevor er abreisen konnte.
Mittlerweile ist er zwar wieder freigelassen, doch nun steht Mali ohne
Regierung da. Deren kompletten Rücktritt kündigte Diarra nach seiner
Freilassung in einer kurzen Ansprache im Staatsfernsehen an.
Die Soldaten, die gegen den Premier vorgingen, gehören zum Umfeld von
Kapitän Amadou Haya Sanogo, der schon einmal im März per Militärputsch die
damalige gewählte Regierung Malis gestürzt hatte.
Im Zuge dieses Ereignisses hatten Tuareg-Rebellen die Kontrolle über Malis
Nordhälfte errungen und einen eigenen Staat „Azawad“ ausgerufen.
Während in Bamako die Putschisten zugunsten einer Übergangsregierung wieder
zurücktraten, aber weiter erheblichen Einfluss ausübten, drängten im Norden
radikale Islamisten die Tuareg-Rebellen an den Rand. Über eine
internationale Militärintervention in Mali gegen die islamistischen
Gruppen, die al-Qaida nahestehen sollen, wird seit Monaten spekuliert.
## Kein neuer Putsch
„Es handelt sich hier nicht um einen neuen Putsch“, bewertet Annette
Lohmann, Leiterin des Büros der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung in
Bamako, die neue Lage. Vielmehr gebe es wohl unüberbrückbare
Unstimmigkeiten zwischen dem Militär und Premierminister Diarra.
Letzterer hat eine Intervention gegen die Islamisten im Norden mit
ausländischen Streitkräften befürwortet. Internationale Truppen will der
einstige Putschistenführer Sanogo bei einer möglichen Intervention aber auf
keinen Fall dabei haben.
„Eine Unterstützung in Form von logistischer oder finanzieller Art ist
durchaus willkommen. Aber die Putschisten haben Angst, dass sie an Einfluss
verlieren oder an die Wand gedrängt werden könnten. Deshalb lehnen sie das
ab“, sagt Lohmann.
## Bevölkerung ist gegen Dialog
Auf eine breite Zustimmung der Bevölkerung kann keine der bewaffneten
Gruppen im Norden Malis setzen, egal ob Tuareg oder Islamisten. Alle
Gruppen gelten als Bewegungen von Minderheiten. Deswegen stößt ein Dialog
mit den Rebellen, egal welchen, in der Bevölkerung nicht auf Zustimmung.
Sie ist nur noch genervt und frustriert. Die Menschen wollen keinen langen
politischen Konfliktlösungsprozess, sondern ein schnelles Ende der Krise,
egal wie.
„Ich komme aus Gao“, sagt Ibrahim Keita – Gao ist die größte Stadt im
Norden Malis. „Ich habe dort noch immer Familie. Wir leiden fürchterlich.
Es muss sich schnell etwas tun.“
Dafür haben erst vor ein paar Tagen auch mehrere hundert Menschen im
Zentrum Bamakos demonstriert. „Ich will auf gar keinen Fall, dass mit denen
verhandelt wird“, hat Sidibé Oumar beispielsweise am Samstag lauthals über
die Straße gebrüllt – eine Anspielung auf die Gespräche, die Anfang
Dezember erstmalig in Ouagadougou in Burkina Faso stattgefunden haben.
## Gespräche sind Zeitverschwendung
Mit am Tisch saß die Tuareg-Rebellenbewegung MNLA (Nationalbewegung zur
Befreiung von Azawad) sowie die radikalislamistische Gruppe Ansar Dine.
Eine Einigung hat es dabei aber nicht gegeben.
Sidibé Oumar wundert das nicht. Gespräche seien pure Zeitverschwendung,
findet er. „Uns muss das Ausland helfen, die internationale Gemeinschaft.“
Denn viel Hoffnung auf die malische Armee oder auch auf die 3.300 Soldaten
der geplanten westafrikanischen Eingreiftruppe hat er nicht.
Mittlerweile haben die Militärs zugesagt, dass sofort ein neuer
Premierminister gefunden werden soll. Dabei war ausgerechnet Diarra auf ihr
Bestreben eingesetzt worden. Wer nun dessen Nachfolge antritt, ist am
Dienstagnachmittag unklar. Gleiches gilt für die Neubesetzung der
Regierung.
11 Dec 2012
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Tuareg
Mali
Islamismus
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