# taz.de -- Deutsche Bank: Das Skandalgeldhaus | |
> Von Agrarspekulation bis Zinsmanipulation – die Deutsche Bank ist dabei. | |
> Unter dem schlechten Image leidet auch die Bilanz. | |
Bild: Die Co-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank AG: Juergen Fitschen (l.)… | |
HAMBURG taz | Demonstrationen von NGOs, Gewerkschaften oder verprellten | |
Kunden gehören mittlerweile zu Hauptversammlungen der Deutschen Bank wie | |
das Statement des Vorstandsvorsitzenden. | |
Gestern protestierten in Frankfurt Aktive von Attac und der | |
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft in Frankfurt gegen die | |
Fortsetzung der preistreibenden Spekulation mit Nahrungsmitteln. Die | |
Großbank hatte kürzlich öffentlich angekündigt, weiterhin mit | |
Agrarrohstoffen Geschäfte zu machen. | |
Die Zahlen, die das Chef-Duo Jürgen Fitschen und Anshu Jain vorzuweisen | |
hatte, waren desatrös. Doch schwerer wiegt die kaum mehr abreißende Serie | |
von Skandalen um das Geldhaus. | |
Dabei ist die Deutsche Bank in Europa die Nummer eins, und der | |
Finanzstabilitätsrat der G-20-Staaten zählt sie neben den US-Riesen | |
Citigroup und JP Morgan Chase sowie der britisch-asiatischen HSBC zu den | |
vier Geldgiganten, die wirklich für das globale Finanzsystem | |
„systemrelevant“ sind. | |
Trotzdem – manch Beobachter meint: darum – zieht sich eine regelrechte | |
Welle von Skandalen durch die jüngere Geschichte der Großbank. Es handelt | |
sich dabei oft um Vorgänge, in die auch andere Großbanken verwickelt sind. | |
Gerade in Deutschland fokussiert sich die Kritik von Medien, Politik und | |
Öffentlichkeit jedoch oft auf den einzigen heimischen Global-Player. | |
Skandale um die Deutsche Bank sind deshalb – wiederum gefühlt – häufiger | |
als früher. | |
## Kritiker werden nicht gehört | |
Dazu trug die Bankenkrise – ausgelöst durch das Platzen einer | |
Immobilienblase in den Vereinigten Staaten im Sommer 2007 – bei. Sie | |
offenbarte viele Versäumnisse in Banken. Kritiker werden deshalb nun eher | |
gehört, daneben gibt es Versuche von Politik und Administration, Banken in | |
Regress zu nehmen. Doch auch das Verhalten der Deutschen Bank selbst trug | |
kräftig zur Häufung von Skandalen bei. | |
Seit Anfang 2011 musste sich die Großbank mehr als ein Mal gegen | |
öffentliche Empörung und juristische Vorwürfe wehren. Die meiste | |
öffentliche Beachtung fanden die Mitschuld am Ausbruch der Krise im Jahr | |
2007 sowie die mögliche Manipulation wichtiger Leitzinsen wie „Libor“ und | |
„Euribor“. Mehreren führenden Banken in Europa und Amerika wird | |
vorgeworfen, mindestens von 2005 bis 2009 im Kartell mit falschen Angaben | |
diese Zinsen manipuliert zu haben. | |
Durch die Vortäuschung niedrigerer Sätze sollten die eigenen | |
Refinanzierungskosten gesenkt und die Reputation auf den globalen | |
Finanzmärkten gestärkt werden. Das ging auf Kosten der Kunden und auf | |
Kosten der öffentlichen Hand – vor allem in krisengeschüttelten | |
Euroländern, deren Anleihen dadurch wohl künstlich verteuert wurden. | |
Aufsichtsbehörden und Justiz in Europa, den USA und Asien ermitteln. | |
Die Deutsche Bank gilt hierzulande ebenfalls als Nummer eins unter den | |
Atomkraft-Finanziers. Zu diesem Ergebnis kam vor zwei Jahren eine Studie | |
der Nichtregierungsorganisation Urgewald. Auf der Hauptversammlung im Mai | |
2012 in Frankfurt trugen Umweltaktivisten dann ihre Kritik an der | |
Beteiligung der Deutschen Bank an klimaschädlichen Kohlekraftwerken vor. | |
Die Verteidigungslinie der Bank lautet: Moderne Kraftwerke sind besser als | |
alte, eine klimaschonende Energiewende benötigt weltweit Atomstrom. | |
## Vor Munitionsherstellern und Antipersonenminen | |
Heikel sind auch die Verwicklung in Bankgeschäfte mit dem Iran oder gewagte | |
Währungsgeschäfte, die ahnungslosen Kommunen angedreht wurden, oder auch | |
Waffengeschäfte. Aus dem Geschäft mit Streumunitionsherstellern und | |
Antipersonenminen ist die Deutsche Bank nach eigenen Aussagen schließlich | |
ausgestiegen. | |
„Die Deutsche Bank“, versichert ein Sprecher, „verfügt bereits seit 2008 | |
über eine ’No Go Policy‘ für Streubomben.“ Das umfasse seit 2011 ebenfa… | |
Unternehmen, die neben vielen anderen Produkten auch Streubomben | |
produzieren. Kritiker bezweifeln das. | |
Als A-Skandal gilt auch die Spekulation mit Nahrungsmitteln. Nach massiver | |
Kritik kündigten Commerzbank, die Deka-Bank der Sparkassengruppe und die | |
Landesbank Baden-Württemberg im Herbst 2011 an, sich aus | |
„Nahrungsmittelspekulationen“ zurückzuziehen. Der scheidende | |
Deutsche-Bank-Boss Josef Ackermann verordnete stattdessen lediglich eine | |
Denkpause. | |
Seine Nachfolger beendeten diese Pause kürzlich auf der Agrarmesse „Grüne | |
Woche“: Untersuchungen hätten kaum stichhaltige Belege für einen | |
Zusammenhang von Nahrungsmittelspekulationen und dem Hunger in der Welt | |
erbracht, behauptete Fitschen: „Deshalb hat die Deutsche Bank entschieden, | |
dass sie im Interesse ihrer Kunden weiterhin Finanzinstrumente auf | |
Agrarprodukte anbieten wird.“ | |
## Skandale kosten | |
In der Wissenschaft ist die Wirkung von Agrarderivaten allerdings durchaus | |
umstritten. „Hungerkrisen haben realwirtschaftliche Ursachen“, meint Ingo | |
Pies, Wirtschaftsethiker an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. | |
Wie dem auch sei: Skandale kosten. Fischen und sein | |
Co-Vorstandsvorsitzender, der Londoner Investmentbanker Anshuman Jain, die | |
die Bank seit Mitte 2012 leiten, bewerteten die Risiken aus den | |
Rechtsstreitigkeiten um 1 Milliarde Euro höher als im Vorjahr. | |
Dazu kommt der Imageschaden. „Das negative Medienecho sorgt für Druck auf | |
den Aktienkurs der Deutschen Bank“, hat Michael Seufert, Analyst der | |
Nord/LB, festgestellt. Wer vor zwei Jahrzehnten Anteilsscheine an der | |
früheren Vorzeigebank der sozialverträglichen Deutschland-AG gekauft hatte, | |
als der Investment-Hype in Frankfurt ausbrach, hat heute erhebliche | |
Verluste zu beklagen. | |
31 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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