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# taz.de -- Auf Rechnung der Sparkassen: Sterne-Hotel und Dampferfahrt
> Der Kieler Piraten-Fraktionschef empört sich über üppige Einladungen der
> Sparkassen an Politiker. Die Sparkassen finden die Vorwürfe haltlos.
Bild: Arbeiten, wo andere Urlaub machen: Der Deutsche Sparkassentag 2013 unter …
BERLIN taz | Den einen oder anderen „Entscheidungsträger aus Politik und
Wirtschaft“ dürfte die großzügige Einladung zum „[1][Deutschen
Sparkassentag 2013]“ erfreut haben: Die mehrtägige Veranstaltung unter dem
Motto „Mit Menschen – für Menschen“ lockt nicht nur mit Reden von
Kanzlerkandidat Peer Steinbrück oder Kanzlerin Angela Merkel.
Den Teilnehmern winken auch kostenlose Übernachtungen im Vier-Sterne-Hotel
am Dresdner Elbufer, ein stattliches Rahmenprogramm für die Gattin oder den
Gatten mit Tagesausflügen in die Sächsische Schweiz oder zu Schloss
Moritzburg. Ja, sogar an die Fahrer der Dienstlimousinen wurde gedacht, sie
dürfen die „Bierstadt“ Radeberg besichtigen und abends während einer
Raddampferfahrt auf der Elbe edlen Whisky testen. Und für alles übernehmen
die gastgebenden Sparkassen die Rechnung.
Patrick Breyer, Fraktionschef der Piraten im Schleswig-Holsteinischen
Landtag, hingegen war entrüstet, als er den Brief vom Sparkassen- und
Giroverband in der Post fand. Natürlich bekomme er seit dem Einzug in den
Kieler Landtag im Mai 2012 regelmäßig Einladungen von Lobbyorganisationen,
sagt der Jurist: „Aber so etwas Üppiges habe ich noch nicht erlebt.“
Der Pirat kritisiert nicht nur das Verhalten der öffentlich-rechtlichen
Sparkassen als „ethisch wie wirtschaftlich verantwortungslos“. Breyer ist
der Ansicht: Auch Politiker, die solche Einladungen für sich und ihre
Begleitung annehmen, verhalten sich unlauter. Schließlich gerate jeder
Teilnehmer, der nicht selbst zahle, in die Gefahr, der Sparkassenlobby zum
Dank verpflichtet zu sein.
## Vorwurf Gratisurlaub
Und der Fraktionschef der Piraten setzt noch eins obendrauf: Durch das
kostenlose Vergnügungsprogramm werde der „Sparkassentag 2013“ zum
Gratisurlaub und sei damit ein Fall von „Korruption“. So weit will Timo
Lange vom Verein Lobbycontrol nicht gehen. Er rät, mit Korruptionsvorwürfen
sparsam zu hantieren. Das opulente Veranstaltungskonzept rund um den
„Sparkassentag 2013“ sei schließlich nach geltendem Recht nicht illegal.
Dennoch hält der Lobbyismus-Fachmann andere Kritikpunkte des Piraten aus
Kiel für durchaus berechtigt. Politiker zu Reisen einzuladen, das sei „ein
beliebtes Mittel der politischen Landschaftspflege“ in Deutschland, sagt
Lange. Und die Sparkassen hätten „hier ganz schön dick aufgetragen“. In d…
USA wären solche Einladungen an Kongressabgeordnete beispielsweise
inzwischen nicht mehr drin.
„Dort gibt es sehr niedrige Grenzen für die Annahme von Geschenken und
klare Regeln, wenn Politikerreisen von Dritten, insbesondere von
Lobbyorganisationen, bezahlt werden sollen“, berichtet Timo Lange. In
Deutschland dagegen fehle bis heute selbst eine klare Definition von
Lobbyorganisationen.
Der Lobbycontrol-Sprecher sieht darin einen Auftrag an die Politik: „Wir
müssen uns mit der Frage befassen: In welchem Rahmen ist so etwas zulässig?
Wir brauchen hier zumindest mehr Transparenz darüber, wer eigentlich wen
einlädt und wer bezahlt. Gerade die Themen Gratis-Reisen und Geschenke für
Politiker sind in Deutschland stark unterbelichtet.“
## Sparkassentag ist Fachtagung
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband verwahrte sich auf Anfrage der taz
gegen die Kritik an der für April geplanten Veranstaltung. Die „im Internet
kursierenden Vorwürfe der Korruption“ seien „völlig aus der Luft gegriffen
und werden von uns entschieden zurückgewiesen“, teilte ein Sprecher mit. Im
Übrigen sei der „Sparkassentag“ eine „Fachtagung“, zu der
selbstverständlich auch „Repräsentanten des öffentlichen Lebens eingeladen…
würden.
Weitere Auskünfte? Fehlanzeige. Weder zur Höhe des Veranstaltungsbudgets
wollte sich der Sprecher des Sparkassenverbands äußern noch den Vorwurf
kommentieren, das generöse Verhalten der Sparkassenlobby gehe über das
branchenübliche hinaus und sei gerade in Zeiten der Bankenkrise
unangemessen.
Piraten-Fraktionschef Patrick Breyer sieht zwei Wege, korrekt mit solchen
Einladungen umzugehen: entweder selbst zahlen – oder zu Hause bleiben. Für
ihn stehe fest: „Ich nehme so eine Einladung nicht an.“
18 Jan 2013
## LINKS
[1] http://www.dsgv.de/de/presse/termine/sparkassentag_2013/
## AUTOREN
Astrid Geisler
Astrid Geisler
## TAGS
Sparkasse
Lobby
Piraten
Grüne Niedersachsen
Lobbyarbeit
Deutsche Bank
Deutschland
Schwerpunkt Urheberrecht
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