# taz.de -- Europa und die Finanzsteuer: EU streitet um Milliardensegen | |
> Die neue Finanzsteuer soll jährlich 35 Milliarden Euro bringen – mehr als | |
> erwartet. Berlin will das Geld für sich, das Europaparlament hält | |
> dagegen. | |
Bild: Börsenhändler in Lissabon: Wenn er zockt, soll er künftig auch Steuer… | |
BRÜSSEL taz | In der EU ist neuer Streit über die geplante | |
Finanztransaktionssteuer entbrannt. Dabei geht es um die Frage, wem die | |
erwarteten Einnahmen zugute kommen. Nach einem Entwurf der EU-Kommission | |
könnte die Steuer jährlich bis zu 35 Milliarden Euro einbringen – viel | |
mehr, als gedacht. Doch wohin mit dem Geldsegen? | |
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will den deutschen Anteil in | |
den Bundeshaushalt fließen lassen. Dort solle er Budgetlöcher stopfen, | |
heißt es in der CDU/CSU-Fraktion. Eine Überweisung nach Brüssel komme nicht | |
infrage, denn damit würde eine EU-Steuer geschaffen. Die lehnt Berlin ab. | |
Dabei könnte Brüssel eigene Einnahmen gut gebrauchen. Bisher liegt der | |
Anteil der Eigenmittel am EU-Budget bei 25 Prozent, drei Viertel kommen als | |
Beiträge aus den Mitgliedstaaten. Das verstößt gegen die EU-Verträge, die | |
ein voll durch Eigenmittel finanziertes Budget vorsehen. | |
Die Finanzsteuer („Financial transaction tax“, FTT) kommt da wie gerufen. | |
Vor allem das Europaparlament setzt sich dafür ein, die ab 2014 erwarteten | |
Einnahmen in das EU-Budget fließen zu lassen. Allerdings gibt es noch | |
keinen Konsens darüber, ob das Geld zweckgebunden eingesetzt werden soll – | |
und wenn ja, wofür. | |
Eine klare Meinung haben Sozialdemokraten und Linke. „Die Einnahmen aus der | |
Finanztransaktionssteuer dürfen nicht einfach in nationalen | |
Haushaltslöchern versinken“, sagt der SPD-Abgeordnete Udo Bullmann der taz. | |
„Wir haben deshalb für die FTT gestritten, damit mehr Beschäftigung, | |
sinnvolles Wachstum und soziale Gerechtigkeit in die Welt kommt.“ | |
## Stärker auf umwelt- und sozialverträgliche Projekte ausrichten | |
Auch der der linke Wirtschaftsexperte Jürgen Klute betont: „Wir brauchen | |
das Geld für Jobs und Wachstum.“ Das EU-Budget müsse mithilfe der FTT | |
stärker auf umwelt- und sozialverträgliche Projekte ausgerichtet werden. | |
Eine Überweisung nach Brüssel könne zudem die Debatte um Nettozahler und | |
-empfänger beenden. Denn je mehr Eigenmittel die EU bekommt, umso weniger | |
muss Berlin nach Brüssel überweisen. | |
Kompliziert ist die Meinungsbildung bei den Grünen. Ursprünglich hatten sie | |
gefordert, die Einnahmen aus der Steuer für Klimaschutz und | |
Entwicklungshilfe einzusetzen. Doch nun sind sie sich da nicht mehr so | |
sicher. Grünen-Experte Sven Giegold fordert die EU-Kommission zwar auf, | |
einen „ehrgeizigen“ Vorschlag vorzulegen, um möglichst viele Finanzprodukte | |
zu besteuern. Die Verwendung der Einnahmen lässt er jedoch offen. | |
Die EU-Kommission will ihren Text in den nächsten Wochen vorlegen. Nach dem | |
ersten Entwurf, über den die Financial Times berichtete, soll die FTT mehr | |
Finanzgeschäfte betreffen als bisher bekannt. Finanzprodukte sollen nach | |
dem Ausgabeort besteuert werden – egal, ob der Käufer in Asien, den USA | |
oder Großbritannien sitzt. | |
Das soll verhindern, dass die Finanzbranche Geschäfte aus den Ländern | |
abzieht, die die Steuer einführen. Mit den erwarteten Einnahmen erhöhen | |
sich aber auch die Begehrlichkeiten. | |
31 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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