# taz.de -- EU-Auflagen für Ratingagenturen: AAA soll an Glanz verlieren | |
> Das EU-Parlament billigt eine Reform der Ratingagenturen. Der Ansatz | |
> kommt von der finanzmarktkritischen Organisation „Finance Watch“. | |
Bild: Matte Bestnoten: Ratingagenturen dürfen EU-Staaten nur noch dreimal im J… | |
BRÜSSEL taz | Die Europäische Union unternimmt einen neuen Versuch, die | |
Macht der meist amerikanischen Ratingagenturen zu brechen. Am Mittwoch | |
billigte das Europaparlament [1][eine Reform], die Bewertungen („Ratings“) | |
an bestimmte Termine bindet und eine Haftung für Fehlurteile einführt. Die | |
neuen Auflagen sollen ab dem Frühjahr gelten. Vielen Abgeordneten gehen sie | |
allerdings nicht weit genug. | |
Vom Urteil der Ratingagenturen hängen ganze Länder und Unternehmen ab. Vor | |
Beginn der Finanzkrise hatten die „großen Drei“ – [2][Moody’s], [3][Fi… | |
und [4][Standard & Poor’s] – hochriskante Produkte mit Spitzennoten | |
versehen und so mit zum Crash beigetragen. In der Eurokrise hatten sie eine | |
Lösung immer wieder durch drastische Herabstufungen [5][erschwert]. Bisher | |
kamen die umstrittenen Urteile zudem oft kurz vor EU-Gipfeln oder nach | |
harten Sparbeschlüssen. | |
Das soll künftig nicht mehr möglich sein. Die Agenturen dürfen EU-Staaten | |
nur noch dreimal im Jahr und zu festen Terminen bewerten. Dies ist zudem | |
nur außerhalb der Börsenzeiten erlaubt, zudem müssen die Firmen die | |
Regierungen vorher informieren. Außerdem müssen sie offenlegen, nach | |
welchen Kriterien sie die Bewertung erteilt haben. Die begehrten | |
Spitzenratings (Triple-A) werden durch ein zusätzliches, zahlenbasiertes | |
System ergänzt, das die Gefahr von Zahlungsausfällen darstellt. | |
Dieser von [6][„Finance Watch“] entwickelte Ansatz soll dafür sorgen, dass | |
die „Triple A“-Bewertung an Bedeutung verliert. Zum ersten Mal sei es damit | |
zumindest teilweise gelungen, eine Forderung von „Finance Watch“ im | |
EU-Recht zu verankern, freute sich der grüne Europaabgeordnete Sven | |
Giegold, der zu den Mitgründern der finanzmarktkritischen Organisation | |
gehört. | |
## Dritte Reform des Ratings | |
Bisher profitieren vor allem Deutschland, Finnland und die Niederlande von | |
dem Toprating. Sie arbeiten in der Eurogruppe eng zusammen und geben dort | |
den Ton an. Allerdings äußerten Giegold und andere Europaabgeordnete auch | |
Kritik an der neuen, bereits dritten Reform der Ratings. Die Regierungen | |
hätten einen großen Sprung verhindert, die Marktmacht der Agenturen werde | |
nicht gebrochen, so Giegold. Ähnlich äußerte sich der SPD-Experte Udo | |
Bullmann. | |
Europa brauche eine eigene, unabhängige Ratingagentur, um den US-Agenturen | |
etwas entgegenzusetzen, sagte er. Doch dies hätten Konservative und | |
Liberale torpediert. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier zeigte sich | |
zufrieden. „Die Entscheidung ist ein weiterer wichtiger Schritt, um die | |
Finanzmärkte strenger zu überwachen und auf die Finanzkrise zu antworten“, | |
sagte der Franzose. Allerdings hatte auch er sich mehr von der Reform | |
versprochen. | |
Zunächst war geplant, den Ratingagenturen die Bewertung von Ländern, die | |
Notkredite erhalten, zu verbieten – etwa Griechenland oder Portugal. Damit | |
konnte Barnier sich aber nicht durchsetzen. Auch die Idee einer eigenen | |
EU-Ratingagentur liegt auf Eis: Erst 2016 will die Brüsseler Behörde dazu | |
einen Bericht vorlegen. Vielleicht ist dann ja wenigstens die Eurokrise | |
beendet. | |
16 Jan 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.europarl.europa.eu/news/en/pressroom/content/20130114IPR05310/ht… | |
[2] http://www.moodys.com/pages/default_de.aspx | |
[3] http://www.fitchratings.com/web/en/dynamic/fitch-home.jsp | |
[4] http://www.standardandpoors.com/home/en/us | |
[5] /Kommentar-Ratingagenturen/!106389/ | |
[6] http://www.finance-watch.org/?lang=de | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
## TAGS | |
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EU-Parlament | |
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