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# taz.de -- Rüstungs-Lobbyist über Waffenhandel: „Merkel-Doktrin? Blödsinn…
> Georg Adamowitsch vom Rüstungsindustrieverband BDSV über
> Geschäftsgeheimnisse, Exportentschiedungen und Waffen für Saudi-Arabien.
Bild: In Saudi-Arabien offensichtlich beliebt: der deutsche Kampfpanzer Leopard…
taz: Herr Adamowitsch, dieses Jahr erlebt Ihr noch recht junger
[1][Rüstungslobbyverband BDSV] seine erste Bundestagswahl. Werden Ihre
Forderungen im Herbst in den Koalitionsverhandlungen eine Rolle spielen?
Georg Adamowitsch: Wir beschäftigen uns jetzt im Wahlkampf natürlich mit
den Aussagen der Parteien zu Rüstung und Export und kommunizieren unsere
Überlegungen dazu auch. Wir haben nichts zu verbergen. Wir suchen das
Gespräch mit der Politik wie mit den Medien. Wenn ich um Rat gefragt werde,
sage ich nicht nein. Und wenn ich meine, ich habe etwas mit einem Politiker
zu besprechen, dann rufe ich an oder gehe mit ihm eine Tasse Kaffee
trinken. Aber ich reiche keine fertigen Gesetzentwürfe irgendwo rein.
Nach der Debatte [2][über den bewilligten Verkauf von Leopard-2-Panzern an
Saudi-Arabien] fordern jetzt fast alle Parteien, dass sich das Parlament
mit dem Rüstungsexport befasst. Hat sich die Industrie von der
gegenwärtigen Geheimhaltungspolitik schon innerlich verabschiedet?
Ich gehe davon aus, dass Bundesregierung und Bundestag nach der
Bundestagswahl im Herbst nach einem Weg suchen, der den Interessen nach
mehr Transparenz bei Exportentscheidungen Rechnung trägt. Dabei muss
natürlich berücksichtigt werden, dass die letztendliche Entscheidung aus
verfassungsrechtlichen Gründen bei der Bundesregierung bleibt. Es gibt in
ganz Europa kein Mitentscheidungsrecht für das Parlament, das ist überall
eine Sache der Exekutive.
Sie haben sich für einen Kontrollausschuss analog zum Parlamentarischen
Kontrollgremium für die Geheimdienste ausgesprochen – eine derzeit
realistisch erscheinende Option. Sind Sie zugleich froh, dass es mehr
Transparenz nicht werden dürfte?
Für die Industrie sind die Wahrung der Geschäftsgeheimnisse und die Wahrung
der Kundeninteressen bei aller Forderung nach Transparenz das
Entscheidende. Geheimhaltung brauchen nicht nur die Hersteller, um keinen
Wettbewerbsnachteil zu erleiden, sondern auch die Bestellerländer verlangen
sie: Die legen aus sicherheitspolitischem Interesse keinen Wert darauf,
dass jeder weiß, was sie bestellen wollen.
Im Streit um den Leopard-2-Panzer für die Saudis hat die Bundeskanzlerin
gesagt: Wer nicht selbst in Auslandseinsätze ziehen will, soll
Krisenstaaten wenigstens mit Waffen „ertüchtigen“, selbst für Kontrolle zu
sorgen. „Merkel-Doktrin“ heißt das jetzt …
Den Begriff „Merkel-Doktrin“ halte ich für Blödsinn. Es gibt keine
„Merkel-Doktrin“. Es gibt zwei Reden von Frau Merkel, in denen sie
angedeutet hat, man müsse abwägen, ob man in einen internationalen Einsatz
deutsche Soldaten schickt – oder ob man durch entsprechende wirtschaftliche
Ausrüstung die betroffenen Staaten befähigt, regionale Konflikte
beherrschbar zu halten. Ich finde es fahrlässig, hieraus einen Freibrief
für Rüstungsexporte herauslesen zu wollen oder anzunehmen, dass die
Bundesregierung künftig statt mit völkerrechtlich mandatierten Einsätzen
der Bundeswehr mit Rüstungsexporten dorthin reagiert.
Doch im Ergebnis werden jetzt, nachdem Bundeswehr und Nato nicht mehr alles
kaufen, fröhlich Waffenlieferungen in Krisenregionen wie die Arabische
Halbinsel bewilligt.
Es gibt keinen Trend zu mehr Waffenlieferungen auf die Arabische Halbinsel.
Die steigenden Absatzzahlen sind kein deutlicher Hinweis?
Diese Zahlen gehen zum Beispiel auf ein großes Grenzsicherungsprojekt …
…für Saudi-Arabien vom EADS, Europas zweitgrößtem Rüstungskonzern
… zurück. Das hat aber nichts mit Substitutionsprozessen zu tun, weil in
Europa weniger bestellt wird. Die Unternehmen reagieren auf neue Bedarfe
weltweit – Grenzsicherung ist ein Beispiel. Gleichzeitig gibt es
wirtschaftlich aufsteigende Länder mit neuen Sicherheitsbedürfnissen, zum
Beispiel Brasilien: Dort finden Fußball-WM und Olympische Spiele statt, die
brauchen Sicherheitsprodukte. Gut, wenn Deutschland mit dabei ist.
Soll Deutschland beim Bau einer Kampfdrohne dabei sein?
Wenn die Bundeswehr eine will, muss das politisch entschieden werden.
Sie will dringend eine, aber die Entscheidung wurde nun lieber hinter die
Bundestagswahl geschoben.
Auf die paar Wochen kommt es bei uns in der Industrie nicht an, wir denken
langfristig. Klar ist: Drohnen sind eine Zukunftstechnologie, und da muss
Deutschland dabei sein. Das bezieht sich auf alle möglichen
Drohnenprojekte, bewaffnet wie unbewaffnet.
17 Apr 2013
## LINKS
[1] http://www.bdsv.eu/
[2] /Deutsche-Waffengeschaefte/!106730/
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
## TAGS
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