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# taz.de -- Gericht urteilt über griechischen Staatsrundfunk: Pyrrhussieg für…
> Die staatliche Medienanstalt ERT muss sofort wieder ans Netz, so das
> Gerichtsurteil. Doch der Sender wird umgebaut und den Beschäftigten
> drohen trotzdem Entlassungen.
Bild: Unterstützer des Senders auf dem ERT-Gelände.
ATHEN taz | Am Montagabend überschlugen sich die Ereignisse in Athen: Noch
während auf dem Syntagmaplatz vor dem Parlament der Chef des
Linksparteibündnisses Syriza, Alexis Tsipras, vor rund 15.000 Anhängern
eine Rede hielt und nur wenig entfernt die Koalitionspartner der Regierung
einen Ausweg aus ihrer Krise suchten, verkündete der oberste
Verwaltungsgerichtshof ein Machtwort.
[1][Der Staatssender ERT], den Ministerpräsident Antonis Samaras vor gut
einer Woche handstreichartig geschlossen hatte und der seither [2][von
Beschäftigten und Unterstützern besetzt gehalten wird], muss so bald wie
möglich wieder ans Netz. Die Abschaltung war illegal.
Doch Jubel wollte sich bei den Besetzern, die kurz vor Mitternacht vom
Syntagmaplatz in Scharen auf das Sendergelände strömten, nicht richtig
breit machen. „Das ist zwar der erste kleine Sieg seit den Troikadiktaten“,
sagt Besetzerin Chryssavgi, „aber jetzt geht der Kampf erst richtig los“.
Das Gericht hat nämlich keineswegs [3][den Umbau des Senders], den Samaras
aus Spargründen geschlossen hatte, untersagt. Gerichtspräsident
Konstantinos Menoudakos sagte am Montag, ein von der Regierung ernannter
Manager habe alle Rechte, so viele Entlassungen vorzunehmen, wie nötig.
Experten befürchten die faktische Zerschlagung des staatlichen Senders ERT
in Griechenland.
## Samaras zieht den Kopf aus der Schlinge
Von seinen Reformplänen rückt Ministerpräsident Samaras nicht ab. Bei dem
Krisen-Koalitionstreffen am Montag mit den Chefs der Parteien Pasok und
Dimar, unterstrich Samaras, dass ab Spätsommer ein umgebauter Sender
existieren soll. Er bot den Koalitionspartnern, die von der Schließung
überrascht worden waren und dagegen protestiert hatten, mehr
Mitspracherechte beim Umbau von ERT an.
Damit zieht Samaras den Kopf noch einmal aus der Schlinge. „Es ist ein
allerletzter Versuch des Ministerpräsidenten, einen Kompromiss zu erzielen
und Neuwahlen zu verhindern“, hatte es vor dem Koalitionstreffen aus den
Reihen der Pasok geheißen. Samaras bot am Montagabend eine
Kabinettsumbildung an.
Wichtig sei jetzt, dass die Regierung wie eine „echte Koalition arbeitet
und nicht als wäre sie eine Einparteienregierung“, sagte Pasok-Chef
Venizelos nach dem Treffen. Am Mittwoch wollen sich die Koalitionspartner
erneut zusammensetzen.
Auf europäischer und deutscher Ebene hatten die Ereignisse in Griechenland
zuletzt noch einmal für Hektik gesorgt. Nachdem schon Angela Merkel in den
vergangenen Tagen zur Unterstützung Samaras zum Telefonhörer gegriffen
hatte, rief auch das Bundesfinanzministerium vor dem Krisengipfel in Athen
die griechische Regierung zur Beibehaltung des Reformkurses auf.
## Widerstand fortsetzen?
Die Besetzer wollen Dienstagnachmittag entscheiden, wie sie weiter machen.
Gewerkschafter riefen in der Nacht vor dem Sender dazu auf, den Widerstand
fortzusetzen. Doch ob die kräftezehrende Besetzung weitergehen kann, ist
Dienstagvormittag noch unklar.
Die Linke hatte in Griechenland auf Neuwahlen spekuliert: „Herr Samaras,
nach ihrer Entscheidung, das öffentliche Fernsehen mundtot zu machen, sind
sie am Ende“, rief Syriza-Chef Alexis Tsipras Montagabend auf dem
Syntagmaplatz in die Menge.
18 Jun 2013
## LINKS
[1] /!117974/
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## AUTOREN
Eva Völpel
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