# taz.de -- Rechte Hetze gegen Roma in Duisburg: „Pro Deutschland“ allein g… | |
> Hunderte stellen sich Rechten entgegen, die in Duisburg Stimmung gegen | |
> Roma machen. Nur der SPD-Bürgermeister spart mit Solidartät. | |
Bild: „Nazis raus“: Die Gegendemonstranten versuchen, die „Pro“-Bewegun… | |
DUISBURG taz | Mehr als 800 Menschen haben sich am Donnerstagnachmittag in | |
Duisburg einem ausländerfeindlichen und rassistischen Aufzug der | |
rechtsextremen „Pro Deutschland"-Bewegung entgegengestellt. | |
Zu der Gegendemonstration hatten Parteien wie SPD, Grüne und Linke, die | |
Duisburger Stadtverwaltung und Vertreter der Zivilgesellschaft wie das | |
Duisburger Bündnis für Toleranz und Zivilcourage aufgerufen. Auch | |
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) war als Beobachter vor Ort – legte aber | |
Wert darauf, als „Privatperson“ anwesend zu sein. | |
„Pro Deutschland“ versucht seit Wochen, mit provokativen Auftritten vor | |
allem vor Moscheen Wahlkampf zu machen. So soll verdeckt werden, dass die | |
Rechtspopulisten nur auf eine Handvoll Unterstützer zurückgreifen können. | |
In Berlin tauchte in der vergangenen Woche ein halbes Dutzend | |
Rechtsextremer vor den Redaktionen der taz und des Neuen Deutschlands auf, | |
am Mittwoch war das Soziale Zentrum in Bochum Ziel der Provokation. | |
In Duisburg richtete sich der „Pro Deutschland“-Aufzug gegen Roma, die vor | |
extremer Armut und Diskriminierung aus ihren Heimatländern ins Ruhrgebiet | |
geflohen sind. Dort leben sie zusammengepfercht in der Straße In den | |
Peschen. Verteilt auf mehrere heruntergekommene Wohnblöcke aus den | |
fünfziger Jahren wohnen dort in nur 74 Wohnungen nach Polizeischätzungen | |
mehr als 1.400 Menschen, darunter viele Kinder. Teilweise teilen sich mehr | |
als 20 Menschen eine Behausung. | |
## Eine Arbeitserlaubnis gibt's nur im Ausnahmefall | |
Anwohner des Stadtteils Rheinhausen-Bergheim protestieren seit mehr als | |
einem Jahr gegen Lärm und Müll als Folge der katastrophalen Überbelegung. | |
Außerdem verzeichnet Duisburgs Polizeisprecher Ramon van der Maat „eine | |
Zunahme von Kleinkriminalität wie Metalldiebstähle oder das Abzapfen von | |
Kraftstoff" – bis zum 1. Januar 2014 erhalten die Roma nur in | |
Ausnahmefällen eine Arbeitserlaubnis, obwohl sie EU-Bürger sind. Außerdem | |
werden den MigrantInnen immer öfter Diebstähle an Geldautomaten zur Last | |
gelegt. | |
„Pro Deutschland“ versuchte am Donnerstag, genau diese Anwohnerängste zu | |
instrumentalisieren. „Mehr Bildung, weniger Zuwanderung“ oder „kein | |
Asylmissbrauch dulden“ war auf den Pappschildern der Rechtsextremen zu | |
lesen. | |
Dabei sind die Roma keine politischen Flüchtlinge, sondern genießen als | |
EU-Bürger Reise- und Niederlassungsfreiheit. Den Rechtsextremen stellten | |
sich vor allem Anhänger linker Gruppen wie der Antifa, der Linkspartei oder | |
der in Teilen des Ruhrgebiets stark präsenten MLPD entgegen – und | |
versuchten, die „Pro“-Bewegung, deren Chef Manfred Rouhs ehemaliger | |
NPD-Kader ist, mit „Nazis raus“ und „Haut ab“-Rufen zu übertönen. | |
Auf der eher sozialdemokratisch geprägten Kundgebung des Bündnisses für | |
Toleranz und Zivilcourage mahnte besonders der evangelische Pfarrer Heiner | |
Augustin, die „Pro“-Bewegung schüre „Angst, Aggression und Gewalt“. Die | |
EU-Erweiterung habe „vor allem wirtschaftlichen Zielen“ gedient – nun | |
dürften die davon betroffenen Menschen nicht marginalisiert werden. „Eine | |
Gesellschaft muss sich daran messen lassen, wie sie mit den Schwächsten | |
umgeht“, so der Theologe. | |
## Der Oberbürgermeister fordert „Wiedereinreisestopp“ | |
Duisburgs SPD-Oberbürgermeister Sören Link vermied dagegen eine deutliche | |
Solidarisierung mit den Roma. Der 37-Jährige betonte stattdessen, er nehme | |
die Anwohnerproteste ernst. „Ich verstehe die Sorgen von Menschen, die | |
Angst haben, überfallen zu werden“, rief Link vor einem Transparent, das | |
die Aufschrift 'Kein Platz für Nazis' trug. Für die Integration der Roma | |
forderte er die Hilfe von „Land, Bund und Europäischer Union“: Duisburg | |
steht mit Schulden von mehr als zwei Milliarden Euro vor der Pleite. | |
Von CSU-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich verlangte Sozialdemokrat | |
Link aber auch einen „Wiedereinreisestopp“ für Menschen, die „Sozialhilfe | |
missbrauchen“. Außerdem müsse die EU dafür sorgen, dass sich die | |
Lebensbedingungen der Roma in ihren Herkunftsländern Rumänien und Bulgarien | |
verbessern – der Oberbürgermeister hofft, so die Flüchtlingswelle ins | |
Ruhrgebiet zu stoppen. | |
PolitikerInnen von Grünen und Linkspartei forderten im Gespräch mit der taz | |
dagegen verstärkte Integrationsbemühungen der Stadtverwaltung. „Die Stadt | |
hat Pflichtaufgaben: Sie muss dafür sorgen, dass die Kinder in die Schule | |
gehen können“, so der Sprecher des Grünen-Kreisverbands Duisburg, Matthias | |
Schneider. Er schätzt, dass für rund 150 Kinder der Roma, die nur wenig | |
Deutsch sprechen, Übergangsklassen fehlen. Auch die katastrophale | |
Überbelegung in der Straße In den Peschen müsse ein Ende haben. | |
Ähnlich argumentiert auch Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete der | |
Linkspartei. Außerdem müsse die Duisburger Polizei nach Internet-Aufrufen | |
zu Brandanschlägen endlich „ständig sichtbar vor Ort sein“, fordert sie. | |
Die ehemalige Landesvorsitzende der Linken in NRW, Katharina Schwabedissen, | |
warnt bereits, die Stimmung in Duisburg erinnere an „Rostock-Lichtenhagen“ | |
– angefeuert von bis zu 3.000 applaudierenden Zuschauern hatte dort vor 21 | |
Jahren ein rechtsextremer Mob Brandsätze auf ein Wohnheim für ehemalige | |
vietnamesische Vertragsarbeiter geworfen. | |
29 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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