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# taz.de -- Vor dem SPD-Parteikonvent: Gnade mit dem kleinen Gegner
> Die SPD-Spitze will die Kontrollrechte der Opposition stärken und wirbt
> vor dem Parteikonvent für die große Koalition. Rot und Schwarz üben sich
> derweil in Harmonie.
Bild: Mit Seehofer zum Bratwurstessen? SPD-Chef Sigmar Gabriel
BERLIN rtr | In einer großen Koalition wollen Union und SPD nach Angaben
aus Parteikreisen die parlamentarischen Kontrollrechte der Opposition
stärken. Es solle sichergestellt werden, dass Linkspartei und Grüne trotz
ihrer relativ geringen Zahl von Abgeordneten einen Untersuchungsausschuss
einsetzen und Normenkontrollklagen einreichen könnten, hieß es in Kreisen
der Parteien. Sollten sich Union und SPD auf eine große Koalition einigen,
würden sie über fast 80 Prozent der Sitze verfügen.
Die CDU rückte unterdessen einem Medienbericht zufolge von ihrem
Wahlversprechen ab, die kalte Progression bei der Einkommensteuer zu
bekämpfen. Vorrang soll der Schuldenabbau und das Nein zu Steuererhöhungen
haben.
Am Sonntag soll ein Parteikonvent der SPD über die Aufnahme von
Koalitionsverhandlungen mit der Union entscheiden. SPD-Generalsekretärin
Andrea Nahles rechnet dabei fest mit einem Vertrauensvotum für die
SPD-Führung unter Parteichef Sigmar Gabriel. „Am Ende kann ein
Koalitionsvertrag stehen, der für viele Millionen Menschen in Deutschland
eine Verbesserung ihrer Lebenssituation bringt“, sagte sie der Leipziger
Volkszeitung vom Samstag. Zugleich plädierte sie für eine Regierungsbildung
vor Weihnachten. Dies wäre im Interesse aller.
## Opposition hat nur etwa 20 Prozent der Sitze
Kurz nach der Bundestagswahl hatte Nahles noch gewarnt, die
Regierungsbildung könne sich bis Januar hinziehen. Hintergrund ist, dass
bei der SPD nach den Verhandlungen mit der Union die Parteibasis das letzte
Wort haben soll. Kritik an den Plänen für eine große Koalition kam aus dem
linken SPD-Flügel. An der Parteibasis sei die Sorge groß, dass die SPD
inhaltlich zu stark zurückstecken müsse und wieder an Glaubwürdigkeit
verliere, sagte Vorstandsmitglied Hilde Mattheis dem Deutschlandradio
Kultur.
Schon jetzt sind sich Union und SPD aber einig, dass sie angesichts ihrer
überwältigenden Mehrheit der Opposition freiwillig Kontrollrechte einräumen
wollen. In einem am Freitagabend an die SPD-Mitglieder verschickten
Rundbrief kündigte Parteichef Gabriel bereits einen konkreten Vorschlag an,
wie die Minderheitenrechte der Opposition im Bundestag gewährleistet werden
könnten.
Bei einer großen Koalition käme die Opposition aus Linkspartei und Grünen
nur auf etwa 20 Prozent der Sitze im Bundestag. Um aber einen
Untersuchungsausschuss zu beschließen, ein Gesetz vom
Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen oder andere
Minderheitenrechte in Anspruch nehmen zu können, bedarf es mindestens 25
Prozent der Stimmen.
In Unionskreisen hieß es, man denke über eine Änderung der Geschäftsordnung
des Bundestages nach. Damit könne die Schwelle zur Beantragung eines
Untersuchungsausschusses auf 20 Prozent gesenkt werden. Alternativ könne
das Regierungsbündnis eine Ehrenerklärung abgeben, wonach ein
Untersuchungsausschuss eingesetzt wird, sobald die beiden
Oppositionsfraktionen dies gemeinsam fordern.
## Gsbriel spricht Merkel Vertrauen aus
Besonders umstritten sind dagegen die Themen Mindestlohn und
Steuererhöhungen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble habe in einer
Telefonkonferenz des Parteivorstands gesagt, die Abflachung der
Steuertarife für Durchschnittsverdiener sei nur möglich, wenn es dafür
finanziellen Spielraum gebe, berichtete der Kölner Stadt-Anzeiger.
Als kalte Progression wird der Effekt bezeichnet, dass nach Lohnerhöhungen
die individuelle Steuerbelastung steigt, selbst wenn der Lohnzuwachs nur
die gestiegen Lebenshaltungskosten ausgleicht. Ein schwarz-gelber
Gesetzentwurf, der den Effekt abmildern und die Bürger um sechs Milliarden
Euro entlasten sollte, war an der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat
gescheitert.
Führende Politiker von Union und SPD lobten derweil demonstrativ den
früheren politischen Gegner. So sprach Gabriel Bundeskanzlerin Angela
Merkel sein Vertrauen aus. „Ich habe sie häufig und scharf für manches in
ihrer Politik kritisiert“, sagte er der Bild-Zeitung. „Aber auf ihr
persönliches Wort konnte ich mich immer verlassen.“ Dies gelte auch für
CSU-Chef Horst Seehofer.
Dieser revanchierte sich umgehend und sprach von vielen Ähnlichkeiten
zwischen Gabriel und sich selbst. Beide bräuchten keinen Glitzer und würden
in ihrer Politik stark von ihrer einfacheren Herkunft bestimmt, sagte
Seehofer der Süddeutschen Zeitung. Sie könnten „gut eine Bratwurst an der
Ecke essen, Sieben-Gänge-Menüs sind uns fremd“. Gabriel und er würden sich
zwar nicht duzen, aber vertrauen.
19 Oct 2013
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