Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- SPD und Union für 30-Prozent-Quote: Platz frei für die Frauen
> Die Unterhändler der Großen Koalition haben sich geeinigt: Ab 2016 sollen
> in den Aufsichtsräten börsennotierter Firmen 30 Prozent Frauen sitzen.
Bild: So groß ist der Schritt dann doch nicht, gehe aber „in die richtige Ri…
BERLIN taz | Sie ist weg, aber ihr Geist weht noch durch die Mitte Berlins:
Exfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) und ihre Flexiquote haben es
bis in die Koalitionsbeschlüsse geschafft.
In der Nacht zum Montag einigte sich die Arbeitsgruppe Frauen, Familie und
Gleichstellung bei den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD auf eine
„gesetzliche Flexiquote“: In den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehm…
mit mindestens 2.000 MitarbeiterInnen sollen ab 2016 30 Prozent oder mehr
Frauen vertreten sein.
Wird diese – gesetzliche – Quote nicht erreicht, sollen die für Frauen
vorgesehenen Plätze im Aufsichtsrat frei bleiben, kündigte Manuela Schwesig
an, SPD-Verhandlungsführerin und Vizechefin ihrer Partei.
Außerdem müssen große Unternehmen ab 2015 für sich – flexibel – festleg…
wie hoch der Frauenanteil im Aufsichtsrat, im Vorstand und in den obersten
Managementbereichen sein soll und wie der erreicht werden kann. Das Ganze
muss veröffentlicht werden. Eine feste Quote für Vorstände hingegen soll es
nicht geben.
## „Kulturwandel in den Unternehmen“
Exministerin Schröder hatte stets für eine Flexiquote plädiert: Unternehmen
sollten sich selbst eine Quote verpassen dürfen. Die SPD hatte hingegen im
Wahlkampf noch mit einer starren 40-Prozent-Quote bis 2021 geworben. Jetzt
sagte Schwesig, das Ergebnis sei ein „wichtiges Signal, um die
Aufstiegschancen von Frauen zu verbessern“.
Unions-Unterhändlerin Annette Widmann-Mauz meinte: „Damit geben wir dem
Aufstieg von Frauen in Aufsichtsräte und Vorstände den richtigen Schwung
und schaffen einen Kulturwandel im Inneren der Unternehmen.“
„Da ist wohl nicht mehr drin gewesen“, kommentierte dagegen Elke Holst,
Volkswirtin und Forschungsdirektorin des Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Sie bezeichnete gegenüber der taz die
Ergebnisse, insbesondere die Pflicht zur Transparenz, als „kleinen Schritt
in die richtige Richtung“.
Monika Schulz-Strelow, Präsidentin der Lobbyorganisation Frauen in die
Aufsichtsräte, sagte der taz: „Der jetzt vereinbarte Kompromiss stimmt
optimistisch. Das Ende der Monokultur in den Führungsspitzen naht.“ Es
seien aber noch viele Details zu klären. So sei wichtig, dass die Quote
auch für öffentliche Unternehmen gelte. Hier hätten Bund, Länder, Städte
und Kommunen selbst die Hebel in der Hand, mehr Frauen in
Führungspositionen durchzusetzen.
## Quote ist eine Kröte
Beim Wirtschaftsflügel der Union stößt die Entscheidung auf Kritik. „Es ist
eine Kröte, die wir schlucken müssen“, sagte Unionsfraktionsvize Michael
Fuchs (CDU) im Deutschlandfunk. „So was sollte man nicht quotieren“, so
Fuchs weiter. Grund: Selbst die Flexiquote zu erfüllen, könnte in einigen
Branchen „ziemlich mühselig“ werden. Im Maschinenbau beispielsweise gebe es
wenig Frauen in Vorständen.
Derzeit sind knapp 17 Prozent Mitglieder in den Aufsichtsräten und knapp 6
Prozent in den Vorständen Frauen. Das geht aus dem Women-on-Board-Index
(WoB-Index) hervor, der regelmäßig den Frauenanteil in Aufsichtsräten und
Vorständen misst.
Vor zwölf Jahren hat die deutsche Wirtschaft eine freiwillige
Selbstverpflichtung beschlossen, um den Anteil von Frauen in
Spitzenpositionen zu erhöhen. Gebracht hat die nach Aussagen von
QuotenbefürworterInnen wenig. Auch der von der Regierungskommission vor
vier Jahren empfohlene Corporate-Governance-Kodex, der für mehr Frauen in
Führungspositionen sorgen sollte, sei nicht erfolgreich gewesen.
Deutschland ist mit der Frauenquote ohnehin in der Pflicht. Das
EU-Parlament hatte im Oktober dafür gestimmt, dass ab 2020 insgesamt 40
Prozent der Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen Frauen sein
sollen.
In zahlreichen EU-Ländern gelten bereits gesetzliche Quoten. Beispielsweise
in Spanien: Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten müssen bis 2015
ihren Frauenanteil auf 40 Prozent erhöhen. Im Sommer 2011 haben sich
Belgien, die Niederlande und Italien eine Quote verpasst. Auch in
Frankreich gilt eine Quote von mindestens 40 Prozent für die Vorstände
börsennotierter Unternehmen sowie für Firmen mit mehr als 500
Beschäftigten. Als erstes Land hatte Norwegen seit 2003 stufenweise eine
feste 40-Prozent-Regelung eingeführt.
## Streitpunkt Adoptionsrecht für Homosexuelle
Neben der Frauenquote hat die Koalitionsarbeitsgruppe in Berlin das
„Elterngeld Plus“ beschlossen: Danach können Eltern künftig bis zu 28
Monate Elterngeld beziehen, wenn sie nach der Geburt ihres Kindes in
Teilzeit arbeiten. Wenn Mutter und Vater das gleichermaßen tun, soll das
Elterngeld zusätzlich um 10 Prozent steigen. „Damit unterstützen wir
insbesondere Mütter beim Wiedereinstieg in den Beruf“, so Widmann-Mauz.
Mit dem „Elterngeld Plus“ orientieren sich die UnterhändlerInnen der Groß…
Koalition an dem sogenannten 80-Prozent-Modell, dass das DIW und die
SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung in der vergangenen Woche vorgestellt
hatten: Wenn beide Eltern im Anschluss an die Elternzeit 30 Stunden
arbeiten gehen, sollen sie dafür vom Staat einen finanziellen Ausgleich
erhalten. Der soll sich am Vollzeitnettoverdienst orientieren. Das Modell
sorge vor allem dafür, Mütter aus der Minijob- und Teilzeitfalle
herauszuholen, so der Tenor der AutorInnen der Studie.
Darüber hinaus wollen sich Union und SPD für einen Rechtsanspruch auf eine
bezahlte Familienpflegezeit einsetzen: Frauen und Männer sollen zehn Tage
lang eine Lohnersatzleistung erhalten, wenn sie Angehörige pflegen.
Weiterhin strittig sind das Betreuungsgeld und das Adoptionsrecht für
Homosexuelle. Die SPD will die umstrittene „Herdprämie“ abschaffen und das
dadurch gewonnene Geld in den Kitaausbau stecken. Das lehnt die Union ab.
Auch eine vollständige Gleichstellung von Homo-Partnerschaften ist mit der
Union derzeit nicht zu haben.
18 Nov 2013
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwarz-rote Koalition
Frauenquote
Betreuungsgeld
Pflege
Elterngeld Plus
Betreuungsgeld
Schwarz-rote Koalition
Gewalt gegen Frauen
Doppelpass
EU
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Frauenquote
Frauenquote
rosa
Universität Hamburg
Koalition
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hamburg-SPD gegen Betreuungsgeld: GroKo? Uns doch egal!
Der Hamburger Senat hält das Betreuungsgeld nach wie vor für
verfassungswidrig und will klagen. Obwohl die Bundes-SPD mit der CDU
koaliert.
Kommentar Familienpolitik: Das war’s mit der Gleichstellung
Geschlechtergerechtigkeit spielt für die große Koalition keine Rolle. Die
Union hat sich mit ihrer Antiemanzipationspolitik durchgesetzt.
„Tatort“ im Familienministerium: Prominenz nutzen
Eine der letzten Amtshandlungen: Familienministerin Schröder gewinnt vier
„Tatort“-Kommissarinnen, die sich für die Hotline „Gewalt gegen Frauen“
einsetzen.
Große Koalition und Homo-Rechte: Sie darf nicht Ehe heißen
Beim Thema Homo-Ehe gehen die Koalitionsgespräche nicht voran. Doppelpass
und Mindestlohn dürften für die SPD Vorrang haben.
Abstimmung im EU-Parlament: 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten
Das EU-Parlament hat sich für die Quote in börsennotierten Unternehmen
ausgesprochen. Bleibt ein kleines Problem – jetzt muss mit den Regierungen
verhandelt werden.
Genderranking in der Kommunalpolitik: Trier, Stadt der Frauen
Frauen sind in vielen Rathäusern und Stadträten unterrepräsentiert. Eine
Studie zeigt: Gendergerechtigkeit lebt von guten Beispielen.
Unternehmerin über Frauenförderung: „Die Quote ist diskriminierend“
Lencke Wischhusen meint, eine Frauenquote sei unnötig, die gläserne Decke
weiche langsam auf. Stattdessen fordert sie selbstbewusstere Frauen.
Kommentar Frauen in Aufsichtsräten: Männerquote, jetzt ganz legal
Die Frauenquote könnte einen Kulturwechsel in Konzernen herbeiführen. Doch
der geplante 30-Prozent-Anteil zementiert nur die Verhältnisse.
Kolumne Wutbürger: Der Mief der fünfziger Jahre
Wo war noch mal die Emanzipation? Bestimmt nicht in deutschen
Kinderzimmern. Dort glitzern rosa Nagellack, Schminke und Schmuck.
Umkehr der Frauenförderung: Hamburg plant eine Männerquote
Männer sollen bevorzugt auf eine Professur berufen werden, wenn ihr
Geschlecht an einer Fakultät unterrepräsentiert ist.
Schwarz-rote Koalitionsverhandlungen: Biete Herdprämie, suche Frauenquote
Die Arbeitsgruppe zur Familienpolitik sucht nach Kompromissen: Mehr
Chefinnen, mehr Geld für Familien, mehr Vollzeitjobs für Mütter.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.