# taz.de -- „Tatort“ im Familienministerium: Prominenz nutzen | |
> Eine der letzten Amtshandlungen: Familienministerin Schröder gewinnt vier | |
> „Tatort“-Kommissarinnen, die sich für die Hotline „Gewalt gegen Frauen… | |
> einsetzen. | |
Bild: Hotlinechefin Petra Söchting mit den Schauspielerinnen Elisabeth Brück,… | |
Du ekelst mich an, sagt der Mann zu seiner Frau. Jeden Tag. Manchmal | |
schlägt er sie. Nie ins Gesicht, sondern immer dorthin, wo es niemand | |
sieht. Keiner im Dorf weiß davon. Die Frau kann nicht weg von dem | |
prügelnden Mann, sie weiß nicht, wohin. Und sie hat ein Kind. | |
Eine fiktive Geschichte. Aber eine, die jeden Tag irgendwo in Deutschland | |
passiert. Eva Mattes liest die Geschichte vor. Sie sitzt in einem schwarzen | |
Ledersessel, um ihre Schultern schmiegt sich ein lilafarbenes Tuch. Mattes | |
ist Schauspielerin, man kennt sie als „Tatort“-Kommissarin Klara Blum. | |
Deshalb hockt sie an diesem Montagmittag in Berlin auf einer kleinen Bühne. | |
Es ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Neben Mattes sitzen | |
noch drei andere bekannte „Kommissarinnen“ – und Kristina Schröder (CDU). | |
Die Nochfrauenministerin hat vor knapp neun Monaten dafür gesorgt, dass | |
Frauen, die geschlagen, vergewaltigt, bedroht, gefangen gehalten oder | |
zwangsprostituiert werden, die Nummer 08000 116 016 anrufen können. Dann | |
meldet sich eine Stimme: „Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen.“ Hier können | |
sich die Betroffenen anonym Rat holen, telefonisch, per Chat und per Mail. | |
70 Beraterinnen stehen rund um die Uhr bereit. „Das Angebot ist entgelt- | |
und barrierefrei und bietet 15 Sprachen“, sagt Schröder: „So etwas gibt es | |
nirgendwo sonst in Europa.“ | |
Vorher wirbt die CDU-Politikerin, die bald wieder ganz normale Abgeordnete | |
sein wird, für die Hotline: Seit der Schaltung habe es bereits 43.000 | |
Kontakte gegeben. Da rufe der Arzt an, der wissen will, was er mit einer | |
Frau mit Hämatomen machen soll. Da frage die verzweifelte Frau, wohin sie | |
soll, wenn sie es zu Hause nicht mehr aushält. Schröder dankt den vier | |
Schauspielerinnen, die jetzt „Botschafterinnen des Hilfetelefons“ sind. Zum | |
Beispiel Adele Neuhauser, bekannt als Ermittlerin Bibi Fellner in Wien. | |
Aber sie schaut Eva Mattes an. Sie dankt auch Ulrike Folkerts, die im | |
„Tatort“ Lena Odenthal ist, und blickt zu Elisabeth Brück, die im | |
saarländischen „Tatort“ spielt. Später lehnt sich die Ministerin zurück, | |
und man weiß nicht genau, ob sie gebannt zuhört oder sich langweilt. | |
## Jede vierte Frau erleidet Gewalt | |
Die Geschichten, die die Schauspielerinnen lesen, kennt man: Der Ehemann | |
prügelt auf Frau und Kind ein, wenn er betrunken ist. Die Migrantin wird | |
separiert, ihr Mann will sie völlig unter Kontrolle haben. Die Behinderte | |
wird in ihrer Wohnung vergewaltigt. Jede vierte Frau zwischen 16 und 85 | |
Jahren wird einer Studie des Familienministeriums zufolge wenigstens einmal | |
in ihrem Leben von ihrem Partner oder ihrem Expartner körperlich und | |
sexuell angegriffen. 17 Prozent erleben schwere und sehr schwere | |
Misshandlungen. Die Schauspielerinnen sollen ihnen eine Stimme geben. | |
Für das Hilfetelefon gibt das Familienministerin in diesem Jahr 5 Millionen | |
Euro aus. Im kommenden Jahr sollen es 6 Millionen Euro sein. | |
25 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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