# taz.de -- Deutscher Lobbyismus in Brüssel: Der Sieg der Autokanzlerin | |
> Die EU entschärft Klimaschutzziele für Neuwagen – auf Druck deutscher | |
> Hersteller. Für die Linke ist das Korruption, für die SPD ein | |
> „vernünftiger Kompromiss“. | |
Bild: Gerade Luxuslimousinen blasen besonders viel klimaschädliches CO2 in die… | |
BRÜSSEL taz | Die Autokanzlerin ist wieder da. Mit dem Segen einer ganz | |
großen, europaweiten Koalition ist es Angela Merkel und ihren Diplomaten in | |
Brüssel gelungen, die Kohlendioxid-Grenzwerte für Neuwagen aufzuweichen. | |
Die Klimaschutzregeln werden an Wünsche der deutschen Autoindustrie | |
angepasst, beschloss der Umweltausschuss im Europaparlament. | |
Damit beugten sich die Abgeordneten offenbar massivem Druck von Seiten des | |
Kanzleramts und der deutschen Hersteller Daimler und BMW. Den Kompromiss | |
führte ausgerechnet ein SPD-Politiker, der Ausschussvorsitzende Matthias | |
Groote, herbei. Linke, Grüne und Umweltverbände wie Greenpeace protestieren | |
– und in Brüssel fragen sich viele, ob CDU, CSU und SPD nun auch in anderen | |
Politikfeldern die deutsche Linie für Europa diktieren. | |
Auf den ersten Blick haben die Europaabgeordneten den Autoherstellern nur | |
eine „Gnadenfrist“ von 12 Monaten genehmigt. Ihre Wagen müssen erst Ende | |
2020 einen Grenzwert von durchschnittlich 95 Gramm Kohlendioxid pro | |
Kilometer einhalten. Doch die Hersteller dürfen sogenannte Supercredits für | |
Elektroautos und technische Tricks freizügig nutzen – der Grenzwert | |
existiert also nur auf dem Papier, kann in der Praxis massiv überschritten | |
werden. | |
Dahinter steht große Politik: Merkel höchstpersönlich machte nicht nur | |
Druck auf den EU-Vorsitz, sondern auch auf Krisenländer wie Portugal. | |
Offenbar drohte sie sogar mit dem Ende deutscher Investitionen. Das wirkte: | |
Der Rat schob seine Zustimmung auf, das Parlament knickte ein. | |
Während die EU-Maschine den Rückwärtsgang einlegte, sickerten aus Berlin | |
Details durch. So wurde bekannt, dass BMW-Großaktionäre aus der Familie | |
Quandt insgesamt 690.000 Euro an Merkels CDU gespendet haben. Zudem wird | |
Merkels ehemaliger Staatsminister Eckart von Klaeden verdächtigt, Daimler | |
Informationen über den Deal zugespielt zu haben – die großen Limousinen der | |
Luxushersteller stoßen besonders viel Kohlendioxid aus. | |
## „Ergebnis politischer Korruption“ | |
Entsprechend groß ist nun die Aufregung in Brüssel. Während die deutsche | |
Autoindustrie von einem „Sieg der Vernunft“ spricht, wittert Greenpeace ein | |
Komplott der Klimasünder. „So machen sich Deutschland und die EU | |
mitschuldig an den künftigen Opfern des Klimawandels“, kritisierte | |
Franziska Achterberg von Greenpeace. | |
Auch Linke und Grüne sind sauer. „Die Vereinbarung ist für uns nicht | |
akzeptabel“, sagt die linke Europaabgeordnete Sabine Wils. „Sie ist das nur | |
zu offensichtliche Ergebnis politischer Korruption in Deutschland.“ | |
SPD-Wortführer Groote kann das nicht nachvollziehen. Der Kompromiss bringe | |
„verbindlichen Klimaschutz und Investitionssicherheit“. Allerdings ist noch | |
nicht klar, ob das den deutschen Konzernen und der Autokanzlerin ausreicht. | |
Am Freitag könnten sie noch einmal nachkarten – dann soll sich der | |
Ministerrat erneut mit dem Kohlendioxid-Deal beschäftigen. | |
27 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
## TAGS | |
BMW | |
Familie Quandt | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Autoindustrie | |
Daimler | |
Eckart von Klaeden | |
Lobbyismus | |
Elektroauto | |
Schwerpunkt Korruption | |
Schwerpunkt Korruption | |
Verkehr | |
Eckart von Klaeden | |
Eckart von Klaeden | |
Lobbyismus | |
BMW | |
BMW | |
CDU | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
EU-Politikerin wechselt an die Börse: Neuer Lobby-Skandal in Brüssel | |
Als EU-Abgeordnete war die britische Liberale Sharon Bowles für | |
Finanzmarkt-Regulierung zuständig. Jetzt arbeitet sie an der Londoner | |
Börse. | |
Studie zu Elektroautos: Frauen unter Strom | |
Die Uni Bochum untersucht das Verhalten von Elektroauto-Fahrern im Alltag. | |
Frauen sind öfter zufrieden als Männer. Beim Urlaub herrscht Skepsis vor. | |
Kommentar Transparency-Ranking: Korruption fühlt man nicht | |
Die Wahrnehmung der Korruption ist nur begrenzt erhellend. Die Liste von | |
Transparency kann echte Transparenz nicht ersetzen. | |
Korruptionsindex von Transparency: Die Skandinavier mal wieder | |
Korruption gibt es in Dänemark, Schweden und Finnland kaum. Das zeigt ein | |
Ranking von Transparency International. Sehr korrupt geht es hingegen in | |
Spanien zu. | |
Unfallgefahr durch fehlende Geräusche: Elektroautos sind zu leise | |
Verkehrslärm macht krank. Doch zu wenig Lärm ist auch nicht gut: | |
Elektrofahrzeuge gefährden andere Verkehrsteilnehmer. | |
Eckart von Klaeden legt Parteiamt nieder: Abfahrt aus dem Präsidium | |
Der Ex-Staatsminister und jetzige Daimler-Lobbyist zieht sich aus dem | |
CDU-Präsidium zurück. Zuletzt hatte es auch Kritik aus den eigenen Reihen | |
gegeben. | |
Daimlerlobbyist Klaeden und CDU: Kritik aus den eigenen Reihen | |
Obwohl Klaeden Cheflobbyist beim Stuttgarter Autobauer wird, will er seinen | |
Präsidiumsposten in der CDU vorerst behalten. Das finden nicht alle | |
Parteimitglieder gut. | |
Kommentar Wechsel Politik und Firmen: Abdankende ins Abklingbecken | |
Lassen sich Politiker wie Eckart von Klaeden von der Wirtschaft abwerben, | |
erodiert das Vertrauen in die Politik. Eine Regulierung des Wechsels ist | |
nötig. | |
Geld von BMW-Großaktionären: Quandts spendeten auch für die FDP | |
Auch die Liberalen haben eine Spende der Familie Quandt erhalten. Kurz nach | |
der Bundestagswahl bekamen sie insgesamt 210.000 Euro. | |
Abgasregeln für Neuwagen: Die Falschfahrerin | |
Angela Merkel hat eine Verschärfung der Abgasregeln in Europa blockiert. | |
Gleichzeitig erhielt die CDU eine generöse Spende von BMW-Großaktionären. | |
Spende von BMW-Großaktionären: 690.000 Euro für die CDU | |
Die Familie Quandt hat großzügige Spenden an die CDU gezahlt – und zwar | |
gleich nach der Bundestagswahl. Die Organisation LobbyControl kritisiert | |
die Zuwendungen. |