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# taz.de -- 20 Jahre Freihandel: Weniger Jobs, weniger Kleinbauern
> 20 Jahre Nafta: Die nordamerikanische Freihandelszone Nafta ist das beste
> Beispiel für misslungene Liberalisierungsverträge.
Bild: Ein impressionistisches Gemälde? Nein, knallharte Realität. Bauern in T…
BERLIN taz | Nichts und niemand ist vollkommen nutzlos, man kann immer noch
als schlechtes Beispiel dienen. Das Nordamerikanische Freihandelsabkommen
Nafta ist so ein Fall.
Es hat den Bürgern der drei Vertragspartner USA, Kanada und Mexiko kaum
Vorteile, dafür aber viele Nachteile gebracht. Und genau deshalb dient es
als Mahnung, welche Folgen die derzeit verhandelten transatlantischen und
pazifischen Freihandelsabkommen haben können.
Am 1. Januar 1994 trat das Abkommen in Kraft – nicht zufällig am selben
Tag, an dem in Mexiko der bewaffnete Aufstand der Zapatisten begann. 20
Jahre später lautet die Bilanz: Der Handel zwischen den Mitgliedern hat
sich verdreifacht.
Doch für Mexiko bedeutete die plötzliche Überschwemmung mit
hochsubventioniertem US-Mais den Ruin vieler Kleinbauern. Für die USA
wiederum ging Nafta mit der Abwanderung von Industriejobs und einem rasch
anwachsenden Handelsdefizit einher.
## Statt neue Arbeitsplätze in den USA zu schaffen, vernichtete Nafta
700.000
Ebenso vollmundig wie unbelegt waren im Vorfeld der Nafta-Gründung die
Versprechungen über neue Jobs gewesen, die durch den freien Handel
gewissermaßen automatisch entstünden – was derzeit ebenso wieder über das
geplante US-EU-Freihandelsabkommen TTIP behauptet wird. Tatsächlich
schätzte der Washingtoner Thinktank Economic Policy Institute schon vor
zwei Jahren die Zahl der durch Nafta verlorenen US-Jobs auf rund 700.000.
„Nafta hat nicht so viele Arbeitsplätze vernichtet, wie seine Kritiker
befürchteten“, ist das Positivste, was die Forschungsabteilung des
US-Kongresses zu melden vermag. „Unter dem Strich scheinen die Auswirkungen
von Nafta auf die US-Wirtschaft recht bescheiden gewesen zu sein.“
## Immer mehr Mexikaner unter der Armutsgrenze
Schon zur zehnjährigen Bilanz des Abkommens hatte die Weltbank in einer
Studie zugegeben, dass auch in Mexiko die „Entwicklung seit dem Nafta-Start
nicht gerade bemerkenswert“ gewesen sei. Zwar hätten die Exporte
zugenommen, aber das Lohnniveau habe sogar noch unter dem Stand von 1994
gelegen, die Zahl der unter der Armutsgrenze lebenden Mexikaner steige
stetig an.
US-Forschungsinstitute beklagen zudem, dass keineswegs genügend
Arbeitsplätze in Mexiko entstanden seien, um die illegale Einwanderung von
Mexikanern in die USA auch nur ansatzweise zu vermindern. Das war eines der
zentralen Versprechen gewesen, mit denen die US-Regierung unter Bill
Clinton um Unterstützung für Nafta geworben hatte. Denn in den Fabriken
nahe der Grenze zu den USA – durch die übrigens entsprechend viele
Arbeitsplätze in den USA vernichtet wurden – seien viel weniger Stellen
geschaffen worden, als zugleich in der Landwirtschaft verschwanden.
Inzwischen sind nicht einmal mehr die so genannten Maquiladoras, in denen
Mexikaner zu Hungerlöhnen Waren für den US-Markt produzieren, ein
Beschäftigungsmotor, denn längst haben die noch billigeren Fabriken in
China und anderen ostasiatischen Ländern ihnen den Rang abgelaufen.
## Gewinner sind die Konzerne
Hat also irgendjemand etwas durch Nafta gewonnen? Die Antwort lautet: ja,
Investoren und Konzerne. Ziel des Abkommens ist nämlich neben dem Abbau von
Zöllen und anderen Handelsbarrieren auch der Schutz von Auslandsinvestoren
vor Enteignungen und anderen Willkürakten des jeweiligen Gastlandes. Wozu
das führt, zeigte als Erstes die Ethyl Corporation: Das US-Unternehmen
hatte die kanadische Regierung 1997 vor einem Nafta-Schiedsgericht auf
Schadenersatz verklagt, weil das kanadische Importverbot von Benzin mit dem
giftigen Zusatzstoff MMT einer Enteignung gleichkomme. Kanada hob darauf
das Verbot auf und zahlte im Rahmen eines Vergleichs eine
Millionenentschädigung.
Solche Investorenklagen hat es seither viele gegeben. Erst 2012 forderte
etwa die US-Firma Lone Pine von der kanadischen Provinz Quebec 250
Millionen US-Dollar Entschädigung wegen eines Fracking-Moratoriums.
Auch in dieser Hinsicht bietet Nafta gutes Anschauungsmaterial für die
geplante Freihandelszone zwischen der EU und den USA. TTIP steht
schließlich für Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft,
und tatsächlich stehen die vermeintlichen Rechte von Investoren im Zentrum
der Verhandlungen. Sie sollen künftig Vorrang vor den umwelt- oder
sozialpolitischen Entscheidungen der gewählten Regierungen genießen.
1 Jan 2014
## AUTOREN
Nicola Liebert
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