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# taz.de -- Rohstoffe in Kanada: Die neue Straße in die Arktis
> Mit dem Bau der ersten Verbindung ans Eismeer treibt Kanada den Abbau von
> Rohstoffen im Nordpolargebiet voran. Auch Einwohner profitieren.
Bild: Tuktoyaktuk: Die Einwohner hoffen auf billigere Lebensmittel durch günst…
EDMONTON taz | Seit das arktische Eis wegen des Klimawandels immer
schneller schmilzt, ist um die Rohstoffe am Polarkreis ein regelrechter
Wettlauf ausgebrochen. Die Anrainer sind scharf auf Erdölvorräte, Erdgase,
Mineralien und Edelmetalle, die in der arktischen Tundra und in den Tiefen
des Eismeeres vermutet werden.
Mit einer neuen Straße will Kanada die Ausbeutung der Rohstoffe nun
vorantreiben. Der kanadische Premierminister Stephen Harper markierte am
Donnerstag mit einem symbolischen ersten Spatenstich den Baubeginn für eine
neue Allwetterstraße, die den industriellen Süden des Landes erstmals im
Sommer und im Winter mit dem Eismeer verbinden soll. „Die Straße wird
Wohlstand für viele zukünftige Generationen bringen“, versprach Harper bei
einer feierlichen Zeremonie in Inuvik, einer kleinen Arktisgemeinde
nördlich des Polarkreises.
Die geplante Verbindung soll von dort in das Örtchen Tuktoyaktuk am
Arktischen Ozean führen. Auf einer Länge von 140 Kilometern soll sich die
Straße durch die Tundra schlängeln, bis 2018 fertig sein und mindestens 300
Millionen Dollar kosten.
Der neue Abschnitt ersetzt eine saisonale Eisstraße, die nur wenige Monate
des Jahres befahrbar ist, und er knüpft an das nördliche Ende des
legendären Dempster-Highway an, einer rauen Schotterpiste, die auf 736
einsamen Kilometern durch das Goldgräberterritorium Yukon führt. 1979 als
Versorgungsstraße eröffnet, folgt der Dempster einem alten
Hundeschlittenweg der Trapper, quert den Mackenzie-River und endet bislang
in Inuvik im Binnenland.
## Auch für den Tourismus gut
Bei der nun geplanten Anschlussstrecke stehen die Straßenbauingenieure vor
besonderen Herausforderungen: Die unbefestigte Route, die einmal mit
maximal 70 Stundenkilometern befahren werden soll, führt fast auf der
gesamten Länge über Dauerfrostboden. Dessen obere Schichten tauen wegen der
Erderwärmung immer häufiger auf und verwandeln die ganze Region im Sommer
in eine von Mücken geplagte Sumpflandschaft.
Gebaut wird deswegen nur im Winter, wenn die Temperaturen in der Region auf
regelmäßig bis zu minus 40 Grad fallen können. Geplant ist ein bis zu zwei
Meter dickes Straßenbett, das den Permafrost auch im Sommer so weit
isolieren soll, dass es unter der Straße nicht schmilzt oder gar absackt.
Zu den Hauptprofiteuren der Route gehören Öl- und Gasfirmen wie Shell, die
schon seit den 70er Jahren im Flussdelta des Mackenzie tätig sind. Im
Herbst bewarb sich außerdem ein internationales Konsortium, an dem Imperial
Oil, Exxon und British Petrol (BP) beteiligt sind, um Bohrlizenzen vor der
Küste von Tuktoyaktuk. Die ersten Probebohrungen im Eismeer sind für 2020
geplant – kurz nach Eröffnung der neuen Straße.
Auch der Arktis-Tourismus soll von der neuen Verbindung profitieren. Die
Straße ermöglicht es Besuchern erstmals, ohne Flugzeug an das kanadische
Eismeer zu gelangen. Einer Studie zufolge kann die Region mit zusätzlichen
Einnahmen in Millionenhöhe im Jahr rechnen. Der Dempster-Highway ist
besonders bei abenteuerlustigen Wohnmobilfahrern aus Europa beliebt.
Schließlich erhoffen sich die rund 950 Bewohner von Tuktoyaktuk, viele
davon Ureinwohner, eine finanzielle Entlastung. In der Region kosten
Lebensmittel und Alltagsgegenstände wegen der hohen Frachtkosten im Schnitt
doppelt so viel wie im Rest Kanadas. Für einen Liter Milch bezahlt man im
Schnitt 5 Dollar. Die Regierung verspricht, dass die Haushaltsausgaben pro
Person und Jahr um rund 1.500 Dollar sinken werden.
9 Jan 2014
## AUTOREN
Jörg Michel
## TAGS
Kanada
Arktis
Rohstoffe
Kanada
Nordpol
Dänemark
Erderwärmung
Schwerpunkt Klimawandel
EU
Kältewelle
Zölle
Arktis
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