# taz.de -- Lobbyarbeit der US-Klimaskeptiker: Viel Geld für die Erderwärmung | |
> Die Klimaskeptiker in den USA werden aus geheimen Quellen finanziert, | |
> zeigt eine neue Studie. Die Herkunft der Mittel werde systematisch | |
> verschleiert. | |
Bild: Eine Stiftung des Ölkonzerns ExxonMobil hat Angriffe auf die Klimawissen… | |
BERLIN taz | Wenn „Klimaskeptiker“ seriöse Wissenschaftler attackieren, | |
dehnen sie oft die Grenzen der Informationsfreiheit: Sie hacken berufliche | |
und private Emails, schmuggeln sich in Gremien oder verlangen totale | |
Offenheit bei internen Vorgängen von Umweltbehörden und beim Klimarat der | |
Vereinten Nationen (IPCC). | |
Ihre eigenen Finanzierungsquellen dagegen verschleiert die Szene der | |
US-Klimawandelleugner: Drei Viertel aller Zuwendungen für klimaskeptische | |
Organisationen kommen nach einer aufwändigen Recherche eines | |
US-Wissenschaftlers aus „schwarzen Quellen“, sind also nicht | |
nachvollziehbar. | |
Der Soziologe Robert Brulle von der Drexel University arbeitet an einem | |
Gesamtbild der Gruppen, die in den USA um die Klimapolitik kämpfen. Dafür | |
hat er sich in einem ersten Schritt die Szene der Skeptiker vorgenommen, | |
die immer noch einen großen Einfluss auf die öffentliche Debatte zum | |
Klimawandel haben. | |
55 Prozent der US-Amerikaner glauben nach Umfragen von 2012 nicht, dass es | |
einen Quasi-Konsens der Wissenschaft gebe, wonach die Erde sich wegen des | |
Einflusses des Menschen erwärmt. „Das zeigt ein grobes Missverständnis der | |
Klimawissenschaft durch die Öffentlichkeit“, schreibt Brulle in seiner | |
Studie, die in der der aktuellen Ausgabe des Fachjournals Climatic Change | |
publiziert ist. | |
## Wie in einem Broadwaystück | |
Der falsche Eindruck der meisten US-Bürger ist auch ein Erfolg der massiven | |
Lobbyarbeit konservativer Thinktanks, die Brulle | |
„Klimawandel-Gegenbewegung“ nennt. Er hat nun deren Finanzierung | |
untersucht: Daten aus der Stiftungsforschung und aus öffentlichen | |
Steuerunterlagen zeigen, dass von 2003 bis 2010 insgesamt 140 Stiftungen | |
558 Millionen Dollar an 91 konservative Institute verteilt haben. Diese | |
haben neoliberale Vorstellungen und kämpfen gegen den Einfluss des Staates | |
etwa beim Umweltschutz. Unter den Empfängern sind das American Enterprise | |
Institute, die Heritage Foundation, das Manhattan Institute, das Cato | |
Institute oder das Heartland Institute, alle bekannt für ihre Unterstützung | |
der „Klimaskeptiker“. | |
Inzwischen laufen nach Brulles Recherchen drei Viertel der Spenden für die | |
Klimaskeptiker über sogenannte „Spenderfonds“ (Donors Trust/Donors Capital | |
Fund), die keine Informationen über Finanzflüsse veröffentlichen müssen. | |
„Trotz intensiver Recherchen kann nur ein Bruchteil der Hunderten von | |
Millionen Dollar an die Klimaskeptiker nachverfolgt werden“, schreibt der | |
Wissenschaftler. „Etwa 75 Prozent des Einkommens dieser Organisationen | |
stammt aus nicht identifizierbaren Quellen.“ | |
Für Brulle ist es eine Frage der Demokratie, hinter diese Kulissen zu | |
schauen: „Wie in einem Broadwaystück gibt es Stars auf der Bühne der | |
Klimaskeptiker. Aber dahinter gibt es eine organisatorische Struktur von | |
Regisseuren, Drehbuchschreibern und Produzenten, die aus konservativen | |
Stiftungen kommen.“ | |
Gespendet für die Attacken auf Klimawissenschaftler und ihre Arbeiten wurde | |
bis 2007 auch im großen Stil direkt von den Stiftungen des Ölmultis | |
ExxonMobil oder der „Koch Industries“, eines der größten | |
US-Privatunternehmen, Ölinvestor und Finanzier der ultrakonservativen Tea | |
Party. Ab 2008 sind die Zuwendungen der Stiftungen nicht mehr öffentlich | |
nachzuverfolgen. | |
## Über 400 Millionen Dollar für neoliberale Propaganda | |
Wie sorgfältig gerade die Milliardäre Charles und David Koch ihren | |
finanziellen Einfluss auf die Politik verbergen, hat gerade eine Recherche | |
der Washington Post enthüllt. Demnach hat ein verschachteltes System aus | |
Organisationen allein im Wahlkampf 2012 über 400 Millionen Dollar für | |
rechte und neoliberale Propaganda gesammelt und ausgegeben – um Stimmung | |
gegen Themen wie Klimaschutz oder Gesundheitsreform zu machen. | |
Dieses unkontrollierbare Geflecht aus Lobbygruppen, die nicht den Regeln | |
der Parteienfinanzierung unterworfen sind, sei in der US-Geschichte | |
beispiellos, schreibt die Zeitung. Es handele sich um die größte | |
Spendenmaschine der Rechten und sei allein etwa so groß wie der gesamte | |
finanzielle Einfluss der amerikanischen Gewerkschaften. | |
Auch in diesem Netzwerk der Koch-Brüder sind die juristischen | |
Konstruktionen dem Bericht zufolge darauf ausgelegt, die Identitäten der | |
Spender zu verschleiern. Und für die Kongresswahlen 2014 würden bereits | |
eifrig Mitarbeiter angestellt und Anzeigen entworfen. | |
20 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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