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# taz.de -- Der Ex-Kanzleramtschef und die Bahn: Widerstand gegen Pofalla wäch…
> Die Empörung über den möglichen Wechsel Pofallas zur Bahn ist weiterhin
> groß, auch in der Parteibasis. SPD und Grüne fordern eine Pause für
> wechselwillige Politiker.
Bild: Wollte beim Karriere schmieden nicht lange fackeln: Roland Pofalla.
BERLIN dpa | Der frühere Kanzleramtschef Ronald Pofalla bleibt wegen seines
möglichen Wechsels in den Vorstand der Deutschen Bahn in der Kritik. Diese
wird nun auch an der CDU-Basis in seinem Bezirksverband Niederrhein laut.
Die Gewerkschaften im Bahn-Bereich reagieren mit Unverständnis. Der
Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim spricht von einer „Form der bezahlten
Korruption“.
Von Arnim sagte der Nachrichtenagentur dpa, das Vorgehen begründe den
Verdacht der Interessenkollision, denn Pofalla könne schon in seinem
politischen Amt die Interessen seines künftigen Arbeitgebers mit im Blick
gehabt haben. Pofalla erschüttere damit das Vertrauen der Menschen in die
Demokratie und beschädige das Ansehen des Kanzleramtes und der
demokratischen Repräsentanten insgesamt. Um solche Fälle zu verhindern,
müsse eine Karenzzeit von fünf Jahren eingeführt werden. Sie sollte
zumindest für die Regierungsmitglieder gelten, die in ein Unternehmen
wechseln wollen, mit dessen Bereich sie amtlich zu tun hatten, sagte von
Arnim.
Ein CDU-Ratsmitglied vom Niederrhein, wo Pofalla sei 13 Jahren Vorsitzender
des Bezirksverbandes ist, wirft ihm nach einem Zeitungsbericht vor, seine
Wähler „betrogen“ und die CDU im Kreis Kleve „jämmerlich im Stich gelas…
zu haben. Die Mail mit der Kritik kursiere in mehreren
CDU-Bezirksverbänden, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Der Verfasser
resümiere, er sei von Pofallas möglichem Wechsel zur Bahn „sehr, sehr
enttäuscht“.
Auch andere CDU-Funktionäre am Niederrhein hätten Pofallas Verhalten heftig
kritisiert, schreibt die Zeitung weiter. So habe der CDU-Stadtverbandschef
in Kleve, Jörg Cosar, erklärte, der Vorgang habe „mit politischer Kultur
nichts mehr zu tun“ und sei auch für die Chancen der CDU bei den
anstehenden „nicht gerade günstig“.
## Antrag im Bundestag
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat sich für eine
„Abkühlphase“ beim beruflichen Wechsel von Politikern in Unternehmen
ausgesprochen. „Ich glaube, dass es klug ist, dass wir auch in Deutschland
in den nächsten Tagen mit Ruhe diskutieren, ob es eine solche Abkühlphase
auch in der deutschen Politik geben könnte“, sagte Steinmeier am
Montagabend in Brüssel. „Ich glaube, die Öffentlichkeit ist davon ohnehin
überzeugt“, fügte er hinzu. „Und wir innerhalb des Parlaments und innerha…
der Regierung werden uns eine Meinung bilden müssen. Ich glaube, es täte
auch in der deutschen Politik gut.“
Die Grünen wollen in der kommenden Woche einen Antrag in den Bundestag
einbringen, in dem sie die Regierung auffordern, einen Gesetzentwurf zur
Einführung einer Karenzzeit für wechselwillige Spitzenpolitiker vorzulegen.
[1][Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der Rheinischen
Post]: „Wenn jemand selbst, wie Pofalla, Entscheidungen getroffen hat, die
den künftigen Arbeitgeber betreffen, muss die Übergangszeit drei Jahre
betragen.“
Auch der SPD-Linke Ralf Stegner forderte eine rasche Regelung. „Die große
Koalition sollte noch in diesem Jahr ein Gesetz auf den Weg bringen, das
den Wechsel von Politikern in die Wirtschaft regelt“, sagte er der
Rheinischen Post. „So kompliziert ist das nicht.“
## Zorn der Eisenbahner
Claus Weselsky, der Vorsitzender der Gewerkschaft der Lokomotivführer
(GDL), reagierte empört: „Solche Angelegenheiten kommen bei unseren
Mitgliedern nicht gut an. Das Unverständnis ist groß“, sagte er der
Passauer Neuen Presse. „Wir haben bei der Bahn inzwischen mehr Häuptlinge
als Indianer.“ Wenn Lokführer oder Fahrdienstleiter fehlten, dafür die
Konzernspitze immer stärker aufgebläht werde, wirke sich das negativ auf
die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens aus. „Wir benötigen jetzt schnell
Klarheit. Alle Fakten gehören auf den Tisch“, sagte Weselsky.
Kritik kommt auch von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Deren
Vorsitzender Alexander Kirchner bremste in der Passauer Neuen Presse: „Ich
kann mir nicht vorstellen, dass der Aufsichtsrat schnell über diese
Personalie entscheidet.“
7 Jan 2014
## LINKS
[1] http://www.rp-online.de/politik/deutschland/hier-wird-eine-versorgungsstell…
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