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# taz.de -- Kommentar Schweizer Referendum: Schleichender Selbstmord
> Den eigenen Wohlstand will man in der Schweiz nicht mit zu vielen
> Zuwanderern teilen. Und diese Angst gibt es auch in linken und liberalen
> Milieus.
Bild: Eine diffuse Angst vor kultureller Überfremdung hat gesiegt.
Europa schottet sich ab. Nicht nur nach außen, gegen Flüchtlinge und andere
Zuwanderer. Sondern auch nach innen, zwischen den Staaten, nehmen
vielerorts in Europa die Abwehr und die Ressentiments gegen zu viele
Einwanderer aus anderen Ländern der Union – vor allem, wenn diese
Einwanderer arm sind.
Das ist das Signal, das vom Ausgang des Schweizer Referendums gegen eine
angebliche „Masseneinwanderung“, weit über die Grenzen der reichen
Alpenrepublik in der Mitte des Kontinents hinaus strahlt.
Bei Rechtspopulisten in ganz Europa knallen jetzt die Sektkorken. Längst
haben sie ihr altes Feindbild, den Islam und die Muslime, gegen einen neuen
Buhmann ausgetauscht: Brüssel und seine Eurokraten, die angeblich die
Souveränität und kulturelle Identität ihrer Länder bedrohen. Wie vor vier
Jahren mit dem Referendum für ein Minarett-Verbot, in dem sich das
europaweite Sentiment gegen Muslime spiegelte, zeigt sich die Schweiz
diesmal als Vorreiter in Sachen EU-Skepsis.
Sie steht damit jedoch keineswegs allein: Keine drei Monate vor den
Europawahlen liegen die FPÖ in Österreich, die Front National in Frankreich
und Geert Wilders in den Niederlanden in den Umfragen ihrer Länder je weit
vorne, sie könnten mancherorts die stärkste Kraft werden.
Aus dem Schweizer Ergebnis sprechen eine diffuse Angst vor kultureller
Überfremdung und ein kaum verhüllter Wohlstandschauvinismus. Den eigenen
Wohlstand will man nicht mit zu vielen Zuwanderern teilen. Doch man sollte
sich nicht täuschen und glauben, dass dieses Gefühl nur am rechten Rand der
Gesellschaft zu Hause sei. Angst vor zu viel Globalisierung, vor der
Gentrifizierung der Innenstädte und rapider Veränderung der gewohnten
Umgebung gibt es auch in linken und liberalen Milieus. Die Parolen der
Rechtspopulisten finden dort Anklang.
Die EU ist ein Projekt, das wenig Begeisterung weckt, das Wohlstandsgefälle
innerhalb Europas ein ungelöstes Problem - und es fehlt an Politikern, die
deutlich machen, das Europa mehr sein könnte als eine riesige
Freihandelszone.
Die Ironie des Schweizer Referendums ist: Es zeigt, wie viele Bürger aus
Angst vor zu viel Freizügigkeit bereit sind, jede wirtschaftliche Vernunft
in den Wind zu schlagen. Damit legen sie die Axt an die Grundlagen dessen,
was in Europa für Wohlstand und Wachstum sorgt. So droht Europa mit seinem
Neo-Nationalismus, aus Angst vor dem Tod einen schleichenden Selbstmord zu
begehen.
10 Feb 2014
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Schweiß
Referendum
Zuwanderung
EU-Freizügigkeit
Volksabstimmung
Schwerpunkt Rassemblement National
Migration
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José Manuel Barroso
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