# taz.de -- Ermittlungen gegen Edathy: Anfangsverdacht im Graubereich | |
> Eindeutig legal oder nicht eindeutig illegal? Der Fall Edathy zeigt, dass | |
> es kleine große Unterschiede in der Auslegung der Strafnorm gibt. | |
Bild: Wo liegt der Graubereich zwischen Legalität und Strafbarkeit? Das Strafg… | |
FULDA taz | Sebastian Edathy hat in Kanada kein eindeutig | |
kinderpornografisches Material bestellt. Dennoch nahmen die Staatsanwälte | |
einen Anfangsverdacht wegen Besitzes von Kinderpornografie an, leiteten ein | |
Ermittlungsverfahren ein und ließen Edathys Wohnung und Büros durchsuchen. | |
Die Kieler Strafrechtlerin Monika Frommel hält dies für rechts- und | |
verfassungswidrig. [1][Auch Sebastian Edathy selbst beschwerte sich im | |
Spiegel über das „ungeheuerliche“ Verhalten der Staatsanwaltschaft]. Die | |
begründet den Anfangsverdacht so: Bei Personen, die „nicht eindeutig | |
strafbare“ Bilder von nackten Kindern besitzen, werde oft auch strafbares | |
Material gefunden, bei dem Kinder zum Beispiel in sexuellen Posen zu sehen | |
sind. Das ergebe sich aus der „kriminalistischen Erfahrung“. | |
Das Material aus Kanada wurde vom Bundeskriminalamt geprüft und | |
kategorisiert. Edathy habe nur Material der „Kategorie 2“ bestellt, so das | |
BKA. Diese Kategorie ist aber nirgends gesetzlich definiert. Auch das BKA | |
hat keine eindeutige Definition. Manche Medien schreiben nun, es gehe um | |
„strafrechtlich irrelevantes“ Material, andere sprechen von „strafrechtli… | |
nicht eindeutigen“ Bildern. Das BKA fasst aber wohl beides in der Kategorie | |
2 zusammen: also eindeutig legale Bilder sowie Darstellungen im Graubereich | |
zwischen Legalität und Strafbarkeit. | |
Letztlich entscheidend ist ohnehin nicht die Einstufung durch die Polizei, | |
sondern die Bewertung durch die Justiz. Und die Staatsanwaltschaft Hannover | |
sieht das von Edathy bestellte Material eben nicht als eindeutig legal, | |
sondern als „nicht eindeutig illegal“. Daraus einen Anfangsverdacht | |
abzuleiten ist weniger abwegig als beim Besitz von eindeutig legalem | |
Material. | |
Außerdem stützt sich die Staatsanwaltschaft darauf, dass Edathy | |
„konspirativ“ vorgegangen sei. Er habe verschiedene E-Mail-Adressen benutzt | |
und für die Zahlung neue Kreditkartenkonten angelegt. Allerdings hat sich | |
Edathy laut Spiegel bei der kanadischen Firma unter seinem richtigen Namen | |
registriert. Das klingt eher wenig konspirativ. | |
Doch nicht nur die Hannoveraner Staatsanwaltschaft, auch das Amtsgericht | |
Hannover nahm einen Anfangsverdacht an und erlaubte die Hausdurchsuchung. | |
Außerdem warteten die Ermittler wochenlang, wie sich die anderen | |
Staatsanwaltschaften verhalten würden. Erst als die Mehrheit von ihnen – | |
unter anderem in Frankfurt, München, Augsburg, Dresden und Flensburg – aus | |
dem Besitz von Material der Kategorie 2 einen Anfangsverdacht ableitete, | |
folgte Hannover – „aus Gründen der Gleichbehandlung“. | |
Das Problem ist weniger das Verhalten der Staatsanwaltschaft als eine | |
Strafnorm mit großem Graubereich. Wenn die Genitalien von Kindern zu sehen | |
sind, ist das schon aufreizend und damit strafbar? Oder eher neutral und | |
damit legal? Bei vielen Bildern sind auch Fachleute unsicher oder kommen zu | |
unterschiedlichen Ergebnissen. | |
17 Feb 2014 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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