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# taz.de -- Kirchen präsentieren Sozialthesen: Papier voller Sprechblasen
> Gemeinsam haben die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische
> Kirche Leitlinien für eine „gerechte Gesellschaft“ formuliert.
Bild: Robert Zollitsch (r.), Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, und …
BERLIN taz | In einem gemeinsamen Papier legten die beiden großen Kirchen
in Deutschland am Donnerstag Thesen für eine „erneuerte Wirtschafts- und
Sozialordnung“ vor. Die 60seitige Schrift unter dem Titel „Gemeinsame
Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft“ beschäftigt sich mit
Sozialpolitik, Wirtschaftsordnung und Ökologie und möchte eine „breite
gesellschaftliche Debatte“ anstoßen.
In dem Papier warnen die Kirchen davor, „Gewinnmaximierung um jeden Preis“
anzustreben. Mit Blick auf die Finanzmarktkrise habe sich gezeigt, dass die
„Ideologisierung der Deregulierung“, die die Politik jahrelang dazu
drängte, die Märkte sich selbst zu überlassen, widerlegt worden sei.
[1][Konkrete Forderungen gehen aus dem Papier kaum hervor.]
Armut müsse nicht nur in der materiellen, sondern auch in der „sozialen und
kulturellen“ Dimension in den Blick genommen werden. Insgesamt sei die
soziale Ungleichheit in den letzten 30 Jahren in Deutschland gewachsen.
„Damit sind Anfragen an die Gerechtigkeit der sozialen Verhältnisse
verbunden“, heißt es in den Papier, ohne jedoch konkreter auf
Verteilungsfragen einzugehen.
Bei der Rente mit 67 müsse „alles dafür unternommen werden, dass diese
Altersgrenze prinzipiell von allen Berufstägigen auch erreicht werden
kann“, heißt es. Die Kircheninitiative lobt die Vorhaben der Großen
Koalition wie die Mütterrente und den Mindestlohn. „Anpassungsmaßnahmen“ …
Rentensystem werden aber weiterhin „unvermeidlich“ sein. Und beim
Mindestlohn müsse darauf geachtet werden, dass „bestehende
Arbeitsverhältnisse nicht verdrängt werden“. Die Hartz-Reformen werden
rückblickend für gut befunden, da sie dazu beigetragen hätten, die
Arbeitslosigkeit zu senken.
## Anknüpfen an 1997
Mit dem Papier möchte die Kirche an das berühmt gewordene „Sozialwort“ der
Ökumene von 1997 anknüpfen. Damals wurden Massenarbeitslosigkeit und Armut
in langen Passagen gegeißelt. Das Papier, das nach einer breiten Diskussion
in der Kirchenbasis entstand, galt als ein Meilenstein im Widerstand gegen
neoliberale Politik. Damals war eine Regierungskoalition aus Union und FDP
an der Macht, die ein Jahr später abgewählt wurde.
Im Unterschied zum Sozialwort von 1997 wurde das neue Papier jedoch ohne
eine so breite Beteiligung der Basis geschrieben. Kritik daran kommt aus
der Kirche selbst. Johannes Stockmeier, Präsident der Diakonie Deutschland,
bemängelte, dass weder der Umgang mit pflegebedürftigen Menschen noch die
Migration in dem Papier eingehender thematisiert werden.
Der Arbeitskreis Christinnen und Christen in der SPD kritisierte, dass man
sich für die neue Initiative „klarere Worte und zukunftsweisendere
Überlegungen“ gewünscht hätte. Mögliche Streitpunkte würden durch „vage
Sätze überdeckt“. Sowohl der Deutsche Gewerkschaftsbund als auch die
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) lobten die
Schrift.
Die Religionsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Kerstin Griese,
erklärte, die Sozialinitiative sei „ein wichtiger gemeinsamer Schritt, aber
es fehlen deutlichere Worte für eine gerechte Wirtschaftsordnung“.
28 Feb 2014
## LINKS
[1] http://www.sozialinitiative-kirchen.de
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
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