# taz.de -- Pläne der Regierung für die Quote: Her mit den Chefinnen! | |
> Mit einem Dreisäulenmodell will Familienministerin Schwesig eine Quote | |
> für Führungspositionen einführen. Das stößt auf Kritik – nicht nur in… | |
> Wirtschaft. | |
Bild: Weit oben ist's immer noch männlich dominiert. | |
BERLIN taz | Manuela Schwesig macht Ernst: Die Frauenquote soll kommen. Am | |
Dienstag stellte die Frauen- und Familienministerin gemeinsam mit | |
Justizminister Heiko Maas (beide SPD) die etwas sperrig klingenden | |
„Leitlinien für ein Gesetzgebungsverfahren für gleichberechtigte Teilhabe | |
von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im | |
öffentlichen Dienst“ vor. | |
Dahinter verbirgt sich ein Dreisäulenmodell. Die erste Säule: Ab 2016 | |
sollen in den rund hundert größten börsennotierten und | |
mitbestimmungspflichtigen Unternehmen mit über 2.000 Beschäftigten | |
mindestens 30 Prozent der Aufsichtsräte Frauen sein. Das sind Unternehmen | |
wie der Autobauer Daimler, bei dem momentan von 20 Aufsichtsräten immerhin | |
5 weiblich sind. Oder der Energiekonzern E.on, wo es unter den 12 | |
Aufsichtsräten nur 2 Frauen gibt. Dem Verein Frauen in die Aufsichtsräte | |
(Fidar) zufolge sind im Durchschnitt 17 Prozent aller Aufsichtsratsposten | |
in solchen Unternehmen weiblich. | |
Schon ab 2015 soll die Quote für kleinere Betriebe – die zweite Säule – | |
kommen: Etwa 3.500 Firmen mit 500 bis 2.000 Beschäftigten sollen selbst | |
bestimmen können, wie groß ihr Frauenanteil in Aufsichtsräten, Vorständen | |
und der obersten Managementebene sein soll. Er darf aber nicht hinter den | |
bestehenden Anteil zurückfallen. Diese „Zielvorgaben“ sollen die | |
Unternehmen veröffentlichen. | |
Außerdem soll es, als dritte Säule, Regelungen für Unternehmen geben, an | |
denen der Bund zur Hälfte beteiligt ist. Das ist neu und betrifft etwa die | |
Telekom und die Deutsche Bahn. | |
Werden die Vorgaben nicht eingehalten, müssen die Unternehmen mit | |
Sanktionen rechnen. So soll beispielsweise jener Platz leer bleiben, der | |
mit einer Frau besetzt werden müsste, aber nicht besetzt worden ist. Leere | |
Plätze führen zu Machtverschiebungen – in der Regel zugunsten der | |
ArbeitnehmerInnenseite. Hier ist der Frauenanteil meist höher als bei der | |
Anteilseignerseite. Bei den DAX-Unternehmen liegt er laut Fidar bei 9,1 | |
Prozent, die Anteilseigner kommen auf 8,1 Prozent. „Ich wage die Prognose, | |
dass kein Stuhl leer bleiben wird“, sagte Maas. Niemand werde eine | |
Machtverschiebung zulassen. Ebenso wenig werde sich „niemand die Blöße | |
geben“, keine passende Frau gefunden zu haben. Schwesig rechnete vor, dass | |
es „an qualifizierten Frauen sicher nicht mangeln wird“: Um die Quote bei | |
jenen Unternehmen zu erfüllen, bei denen der Bund beteiligt ist, brauche es | |
lediglich 174 Frauen. | |
## „Es geht nur noch um das Wie“ | |
Mit ihrem Papier reagieren die beiden SPD-Minister einerseits auf den | |
Koalitionsvertrag, der von einer 30-Prozent-Quote für Aufsichtsräte in | |
großen Firmen sowie von „Maßnahmen für die Privatwirtschaft“ spricht. | |
Andererseits greifen sie Teile der „Flexiquote“ auf, die eine Idee von | |
Schwesigs Vorgängerin Kristina Schröder war. | |
„Es geht nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie“, sagte Manuela | |
Schwesig. Das Papier sei mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und deren Vize | |
Sigmar Gabriel (SPD) abgestimmt. Noch vor einer Woche hatte Gabriel, der | |
auch Wirtschaftsminister ist, Schwesig und Maas in Sachen Quote mit den | |
Worten zurückgepfiffen „Das geht so nicht.“ | |
Möglicherweise ist das der Grund dafür, dass Schwesig und Maas nur | |
„Leitlinien“ und keinen Gesetzentwurf vorgelegt haben. „Das ist ein | |
Gesprächsangebot an die Wirtschaft, die Gewerkschaften und an die | |
Verbände“, entgegnete indes Schwesig. | |
## Lieber mit Ursachen beschäftigen | |
Bei der Wirtschaft stößt das Vorhaben dennoch auf Widerstand. Kurt Lauk, | |
Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, lehnt die Quote mit dem Argument ab, | |
Geschlecht könne „kein Ersatz für Qualifikation sein, das gilt für Männer | |
und Frauen“. Für Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und | |
Handelskammertags (DIHK), greift die Politik in die „Personalentscheidungen | |
der Aktionäre großer Unternehmen ein“. | |
Sinnvoller sei, sich mit „den Ursachen zu beschäftigen, warum es weniger | |
Frauen als Männer in Spitzenpositionen“ gibt. „Ausreichende | |
Kinderbetreuung, beispielsweise in Form von Ganztagsschulen, ist | |
Grundvoraussetzung dafür, dass mehr Frauen Führungsjobs übernehmen können. | |
Hier sollte der Staat ansetzen.“ | |
Doch auch die Gewerkschaften sehen den Entwurf teilweise skeptisch. „Eine | |
feste Quote ist immer dann problematisch, wenn der Frauenanteil in der | |
jeweiligen Belegschaft deutlich niedriger ist“, sagt Michael Vassiliadis, | |
Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, in der | |
Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dass der Weg von den Leitlinien hin zu | |
einer gesetzlichen Regelung noch lang ist, weiß Schwesig: „Die Leitlinien | |
sind der Beginn einer längeren Diskussion.“ | |
25 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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