# taz.de -- Energiegipfel im Kanzleramt: Mehr Biogas! Nein, mehr Windräder! | |
> Die Länder wollen jede Menge Änderungen an Gabriels EEG-Reform. Doch der | |
> Bundeswirtschaftsminister sitzt wohl am längeren Hebel. | |
Bild: Mehr davon – Mecklenburgische Windräder | |
BERLIN taz | Ein besonders angenehmer Termin dürfte es nicht werden für | |
Sigmar Gabriel. Wenn der Wirtschaftsminister am Dienstagaben im Kanzleramt | |
auf die Ministerpräsidenten der Länder trifft, wird es vor allem eins | |
geben: Kritik an seinem wichtigsten Gesetzesprojekt, der Reform des | |
Erneuerbare-Energien-Gesetzes, kurz EEG. Und zwar von allen Seiten. | |
Denn Widerstand gegen Gabriels Pläne kommt nicht nur aus der Opposition und | |
aus der Ökoenergiebranche. Praktisch sämtliche Bundesländer fordern | |
Korrekturen – allerdings sehr unterschiedliche. Folgende Forderungen stehen | |
dabei im Mittelpunkt: | |
■ Mehr Windräder: Vor allem die norddeutschen Bundesländer, aber auch große | |
Flächenstaaten wie Rheinland-Pfalz wehren sich dagegen, dass Gabriel den | |
Ausbau von Windanlagen künftig begrenzen will: Wenn mehr als 2.500 Megawatt | |
neu installiert werden, soll die Vergütung deutlich sinken. Die billigste | |
Ökoenergie zu deckeln sei „volkswirtschaftlich unsinnig“, lautete der | |
Kommentar von Schleswig-Holsteins SPD-Ministerpräsident Torsten Albig dazu. | |
Für besondere Empörung sorgt, dass die neuen Regeln auch für Windräder | |
gelten sollen, bei denen die Planung schon weit fortgeschritten ist, aber | |
zum Stichtag im Januar noch keine Genehmigung vorlag. „Wir brauchen | |
Vertrauensschutz für Anleger“, sagte Albig dazu am Montag der taz. Als | |
denkbar gilt, dass der Stichtag deutlich verschoben wird. Auch bei der | |
Ausbau-Obergrenze hat Albig einen konkreten Vorschlag: "Der Deckel für | |
Windenergie muss zumindest ohne Repowering gerechnet werden." Das würde | |
bedeuten, das alte Anlagen, die abgebaut werden, bei der Obergrenze | |
gegengerechnet würden. "Das wäre kein Königsweg, aber ein erträglicher | |
Kompromiss", sagte der Schleswig-Holsteinische Ministerpräsident der taz. | |
Er äußerte die Hoffnung auf eine Einigung von Bund und Ländern, hält es | |
aber auch ein Scheitern für möglich: "Dann werden wir weiter kämpfen." | |
■ Mehr Biogas: Vor allem Bayern lehnt Gabriels Plan ab, den Neubau von | |
Biogasanlagen auf nur noch 100 Megawatt im Jahr zu begrenzen. Auch das grün | |
regierte Baden-Württemberg kritisierte den Plan. Dem schloss sich am | |
Wochenende Thüringens CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht an. | |
Ansonsten hat Biogas wegen seiner hohen Kosten und der damit verbundenen | |
Mais-Monokulturen inzwischen wenig Freunde. Eine leichte Aufstockung der | |
Ausbauziele scheint dennoch denkbar, um den Koalitionsfrieden mit der CSU | |
nicht zu gefährden. | |
■ Mehr Industrieprivilegien: Verworren ist die Situation beim Strompreis | |
der Industrie, die bisher von vielen Abgaben verschont bleibt. Hier wollte | |
Gabriel ursprünglich etwas mehr Gerechtigkeit schaffen und den Strom, den | |
Unternehmen in eigenen Kraftwerken herstellen, zumindest mit 20 Prozent der | |
EEG-Umlage belasten. Dagegen hatten Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz | |
und Baden-Württemberg gemeinsam protestiert. Dieser Forderung gab Gabriel | |
im jüngsten Entwurf des EEG nach. Das stößt wiederum bei anderen Ländern | |
auf Kritik – denn die Ausnahmen für die Industrie bedeuten höhere Preise | |
für alle anderen Verbraucher. | |
■ Stromsteuer senken: Um die Verbraucher zu entlasten, fordert | |
Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil eine Senkung der | |
Stromsteuer – und ist sich dabei mit dem sächsischen | |
FDP-Wirtschaftsminister Sven Morlock einig. Die Chancen, dass dies | |
umgesetzt wird, sind allerdings gering. Denn die damit verbundenen | |
Einnahmeausfälle ließen sich ohne Steuererhöhungen an anderer Stelle kaum | |
kompensieren - und die hat die Union ja bekanntlich kategorisch | |
ausgeschlossen. | |
Die divergierenden Interessen der Länder sind der Grund dafür, dass Gabriel | |
am Ende doch recht entspannt in die Verhandlungen gehen kann. Zudem ist der | |
Kern des Gesetzes im Bundesrat gar nicht zustimmungspflichtig. Die Länder | |
könnten es also allenfalls verzögern – und würden damit riskieren, dass es | |
im nächsten Jahr gar keine Industrieausnahmen mehr gibt, wenn nicht | |
rechtzeitig eine Einigung gefunden und mit der EU abgestimmt wird. | |
31 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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