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# taz.de -- Bringt Protokollbeamte ins Schwitzen: Königs zu Besuch bei Giftmis…
> Die niederländischen Royals werden im Emsland nur mit Mühe den Besuch
> einer Biogasanlage umschiffen. Die soll mit Giftmüll aus ihrer Heimat
> gefüttert worden sein.
Bild: Willem-Alexander und Maxima sind zu Besuch in Niedersachsen - und hätten…
HANNOVER taz | Ihren schlimmsten Albtraum erleben gerade die
Protokollbeamten der niedersächsischen Staatskanzlei: Heute und morgen ist
der holländische König Willem-Alexander nebst Gattin Maxima zu Besuch in
Norddeutschland – und die Ministerialen, die seit Wochen jeden einzelnen
Schritt des Oberhaupts des „Koninkrijk der Nederlanden“ durchplanen,
schleppen das gekrönte Haupt an den Tatort potenzieller Krimineller.
Dabei wollte die Protokollabteilung den royalen Besuch mit möglichst viel
Glamour inszenieren. Selbst die Orte, an denen überhaupt Bilder gemacht
werden dürfen, wurden vorher festgelegt. „Achtung: Fotopunkte 1 und 2
schließen sich aus!“, heißt es deshalb in der Einladung für Journalisten.
Doch in ihrem Planungswahn haben die Beamten ein nicht ganz unwichtiges
Detail übersehen: Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt seit 2013
wegen der Biogasanlage mit angeschlossener Methanerzeugung für den
Autobauer Audi im emsländischen Werlte, über die sich Willem-Alexander
informieren wird. Möglicherweise ist giftiger Sondermüll in Werlte und vier
weiteren Biogasanlagen gelandet.
Die nächste Peinlichkeit: Lieferant soll ausgerechnet „ein niederländischer
Abfall-Recyclingbetrieb“ gewesen sein, sagt der Osnabrücker
Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer: „Inwieweit sich die
Biogasanlagenbetreiber strafbar gemacht haben, wird derzeit geprüft.“
Bestanden haben könnte der in den Jahren 2011 und 2012 herangekarrte
Sondermüll aus Abfällen der Medikamentenproduktion, ist aus dem Umfeld der
rot-grünen niedersächsischen Regierungskoalition zu hören – mehr nicht.
Denn die Ermittlungen sind schwierig:
„Wir wissen nicht genau, was da drin war“, so Retemeyer. Geprüft werden
könnten nur noch schriftliche „Unterlagen“: Die Gärreste aus den
Biogasanlagen seien „längst ausgebracht“, also auf Ackerflächen gelandet.
„Einfach eine Probe nehmen“ – das sei leider nicht mehr möglich, bedauert
der Ermittler.
Denkbar wäre aber eine Untersuchung der möglicherweise kontaminierten
Ackerflächen durch Bodenproben. Doch das niedersächsische Umweltressort des
grünen Ministers Stefan Wenzel, das die Fachaufsicht über die
Bodenschutzbehörden ausübt, sträubt sich.
Zwar haben Wenzels oft noch von der schwarz-gelben Vorgängerregierung
eingestellte Fachbeamte keine Ahnung, „wie viele Tonnen“ nicht genehmigter
Abfälle in den Biogasanlagen gelandet sind, Gefahren wollen sie trotzdem
nicht sehen: Dank der „großen Vermischung“ mit unbelastetem organischen
Material „kann man auf den Feldern nichts nachweisen“, versichert eine
Vertreterin des grünen Ministeriums treuherzig.
Weitere Informationen sollten doch bitte bei den Betreibern der
Biogasanlagen erfragt werden, gegen die staatsanwaltschaftlich ermittelt
wird, heißt es aus dem Umweltministerium dann noch: „Wir gehen erst mal
davon aus, dass dort ordnungsgemäß Biomasse angeliefert worden ist.“ Und
zumindest für die Biogasanlage in Werlte beteuert deren Betreiber EWE –
ehemals Energieversorgung Weser-Ems – prompt, die auf den Äckern
verklappten Gärreste seien „schadstofffrei“ gewesen.
Die Ignoranz der Beamten des Grünen Stefan Wenzel hat trotzdem Methode.
Schließlich wussten sie „schon länger, dass ermittelt wird“, ist aus dem
Ministerium zu hören. „Unseren Fachleuten war das sehr wohl bekannt.“ Jetzt
werden die Ermittlungen als Bagatelle dargestellt – schließlich wurden die
für den Besuch des Königs zuständigen Kollegen der Staatskanzlei offenbar
mit keinem Wort gewarnt.
Deren Protokollbeamte versuchen unterdessen hektisch zu retten, was noch zu
retten ist. Die Werlter „Biogasanlage mit ungeklärter Situation“ sei nicht
mehr direkter Teil der Visite der Royals, erklärt Niedersachsens
Regierungssprecherin Anke Pörksen. Stattdessen werde Audi dem in den
Niederlanden wegen seiner Leidenschaft für Bier auch als „Prins Pilsje“
bekannten König seine „e-Gas-Anlage“ vorstellen – und zwar auf neutralem
Terrain, in den „Räumlichkeiten des Kompetenzzentrums für nachwachsende
Rohstoffe in Werlte“.
Mehr als Augenwischerei ist das nicht: Audi stellt auf dem Gelände des im
Visier der Staatsanwaltschaft stehenden Betreibers EWE Methan für
gasbetriebene Automotoren her. Grundstoff der Produktion: das Kohlendioxid
der Biogasanlage.
25 May 2014
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
Vermittlungsausschuss
Kreislaufwirtschaftsgesetz
Biogas
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