# taz.de -- Dezentrale Energiewende: Kommunen wollen selbst gestalten | |
> Das, was in Berlin in Sachen Energiewende passiert, gefällt nicht allen | |
> Kommunen. Und sie zeigen, wie die Wende auch geschafft werden kann. | |
Bild: Viele Bürger werden selbst aktiv und nehmen die Energieversorgung in die… | |
FREIBURG taz | Die Diskrepanz ist groß zwischen der Hauptstadt-Sicht und | |
jener in den Regionen: „Berlin will die zentrale Steuerung der | |
Energiewende“, sagt Peter Moser vom Kompetenznetzwerk dezentrale | |
Energietechnologien deENet in Kassel, „aber die Energiewende muss dezentral | |
passieren.“ In Mosers Satz, gefallen auf dem Kongress „Energieautonome | |
Kommunen“ diese Woche in Freiburg, steckt dann auch ein ganz entscheidendes | |
Problem der Energiewende: „Berlin steuert immer stärker in die Länder und | |
Regionen hinein.“ | |
Doch die Regionen sind selbstbewusst genug, um sich zu widersetzen. Und so | |
diskutierten nun bereits zum vierten Mal mehr als 200 Teilnehmer aus ganz | |
Deutschland über die Energiewende von unten. Spürbar ist der enorme | |
Gestaltungswille in den Kommunen. 79 Gemeinden und Regionen in Deutschland | |
haben sich bereits als 100ee-Region registriert, sich also zum Ziel | |
gesetzt, eines Tages ihren Energiebedarf komplett regenerativ zu decken. | |
„Hohe Autarkiequoten zu erreichen, das ist unser Ziel“, sagt | |
Wissenschaftler Moser. | |
Und da die finanziell klammen Kommunen als Investoren oft ausfallen, werden | |
die Bürger selbst aktiv und nehmen die Energieversorgung in die Hand: „Man | |
spürt es immer wieder, dass ausreichend Bürgerkapital zur Verfügung steht“, | |
sagt Rolf Pfeifer vom Freiburger Projektentwickler Endura Kommunal: „Es | |
gibt einen hohen Kapitaldruck. Klar, in Zeiten, in denen die Europäische | |
Zentralbank die Märkte mit billigem Geld überschwemmt, suchen die Menschen | |
handfeste Investments – idealerweise vor Ort.“ | |
Wie weit das Bestreben nach Unabhängigkeit gehen kann, zeigt ein Beispiel | |
aus Weinsberg bei Heilbronn. Dort versorgt sich eine Neubausiedlung mit 23 | |
Wohneinheiten komplett selbst – dank Photovoltaik, einem Stromspeicher und | |
einer Wärmepumpe, die überschüssigen Solarstrom verheizt. Ein großer | |
Wassertank sorgt zugleich dafür, dass auch Wärme für die Siedlung verfügbar | |
ist, wenn die Sonne nicht scheint. | |
## Problemloser Inselbetrieb | |
Nur 3 Prozent des hier verbrauchten Stroms kommt noch aus dem Netz, sagt | |
Norbert Taphorn von der Firma Kaco New Energy, die das Projekt technisch | |
realisiert hat. Der Netzanschluss wird überwiegend nur noch zum Rückspeisen | |
von überschüssigem Solarstrom genutzt. | |
Sollte aber aus irgendeinem Grund der Netzanschluss eines Tages zur Last | |
werden – etwa, wenn die Politik neue Abgaben für den Netzanschluss einführt | |
–, sei aber auch das kein Problem: „Wir können das Gebiet auch problemlos | |
im Inselbetrieb versorgen“, sagt Taphorn. Und das ohne Aufpreis für die | |
Kunden. Der Berliner Politik, die nach zentraler Kontrolle über die | |
Energieversorgung im Land strebt, muss solches Autonomiestreben in den | |
Gemeinden der Republik ein Graus sein. | |
Wie heute auf jeder Veranstaltung zur Energiewende üblich, drehte man sich | |
aber auch auf diesem Kongress zeitweise im Kreis. Die Klage, dass die | |
Energiewende in der Öffentlichkeit immer nur auf den Strom bezogen wird und | |
vor allem die Mobilität außen vor bleibt, gehörte ebenso dazu, wie die alte | |
und meist folgenlose Forderung, auf Energieeffizienz mehr Wert zu legen. | |
6 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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