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# taz.de -- NSA-Untersuchungsausschuss: Snowden lässt Union schrill werden
> Am Donnerstag muss sich der Untersuchungsausschuss zur NSA entscheiden:
> Folgt er dem Nein der Bundesregierung zu Snowden?
Bild: Manches erklärt sich auch ohne Text: Graffito in London
BERLIN taz | Es ist ein Auswärtsspiel für Christian Flisek. „Geheimdienste
vs. Demokratie“ steht an der Wand. Eine Stunde soll der SPD-Mann darüber
bei der Berliner „re-publica“, dem größten Bloggerkongress des Landes,
diskutieren.
In der Gemeinde der Hacker und Datenschützer gilt Edward Snowden als Held.
Doch die schwarz-rote Koalitionsregierung hat gerade in einem Gutachten
ankündigt, den NSA-Whistleblower nicht nach Deutschland zu lassen, weil
dies das „Staatswohl“ gefährde. Ein schwerer Stand für Flisek.
Dann aber sagt der SPD-Politiker, er sei „sehr beunruhigt, wie das
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung derzeit verletzt wird“.
Darüber, wie Geheimdienste nach einer „totalen Kommunikationsüberwachung“
strebten. Er verspricht, seinen Auftrag „als freier Parlamentarier sehr,
sehr ernst zu nehmen“ und diese Praktiken „umfassend aufzuklären“. Die
Blogger applaudieren.
Flisek ist SPD-Obmann im NSA-Ausschuss des Bundestags. Der trifft sich am
Donnerstag zur dritten Sitzung. Es dürfte turbulent werden. Denn seit
vergangener Woche ist klar: Die Regierung hält von der dortigen Aufklärung
wenig. Auch Dokumente, die den „Kernbereich der exekutiven
Eigenverantwortung“ berührten, will sie dem Ausschuss nicht übermitteln.
## Die Tonlage von SPD und Union unterscheidet sich
Die Opposition wiederum besteht auf ihrem Plan, Snowden nach Deutschland zu
holen. Grüne und Linksfraktion kündigten am Dienstag an, in der nächsten
Ausschusssitzung trotz des Regierungsgutachtens ihren ursprünglichen
Snowden-Antrag beschließen zu wollen. Die Bundesregierung habe schließlich
nicht allein „die Interpretationshoheit darüber, was das Staatswohl ist“,
sagte die Obfrau der Linksfraktion, Martina Renner.
Der Plan der Opposition ist damit klar. Offen aber ist: Was machen die
Koalitionsabgeordneten? Folgen sie der Blockadestrategie der Regierung –
oder setzen sie sich darüber hinweg und riskieren einen Aufstand gegen die
eigenen Minister? Die Tonlage von SPD und Union unterscheidet sich
merklich.
Der Ausschussvorsitzende und CDU-Mann Patrick Sensburg versucht sich
derzeit als Vermittler. Stelle die Opposition ihren Snowden-Antrag, sagt
er, sei die Koalition „gut beraten, diesen nicht erneut zu verschieben,
sondern ausführlich zu diskutieren“.
Nach taz-Informationen haben sich CDU und SPD inzwischen auf ein Vorgehen
geeinigt. Demnach soll der Whistleblower am Donnerstag zwar geladen werden
– aber ohne den ausdrücklichen Hinweis auf eine Vernehmung im Bundestag.
Anschließend würde der Ball an Snowdens deutschen Anwalt, Wolfgang Kaleck,
gespielt: Der müsse erklären, wie und wo Snowden derzeit aussagen wolle.
„Ich gehe davon aus, dass wir Edward Snowden am Donnerstag im Ausschuss
einstimmig als Zeugen beschließen“, bestätigt SPD-Mann Flisek. Der Obmann
nennt auch einen Tag: „möglichst schon am 3. Juli“.
## Persönliche Befragung in Moskau?
Geht es nach CDU-Mann Sensburg, dann allerdings nur per Video, aus Snowdens
Moskauer Asyl. Die Opposition könne dagegen klagen, so Sensburg: „Eine
Entscheidung wird aber kaum vor der Sommerpause vorliegen. Dann würde ich
Snowden vorher doch gerne mal gehört haben.“
Doch wird sich Snowden per Video überhaupt umfassend äußern? Die Opposition
bezweifelt das. Die Idee, dass Snowden per Videoschalte brisante
Staatsgeheimnisse über den Ringtausch unter den Geheimdiensten kundtun
solle, nennt der Grünen-Obmann Konstantin von Notz „hanebüchen“. Ein
Einwand, sagt sogar SPD-Mann Flisek, „den man ernst nehmen muss“.
Also eher eine persönliche Befragung in Moskau? Notz hält auch diesen
Vorschlag derzeit für „abstrus“. Solle sich der Ausschuss in Zeiten der
Ukraine-Krise etwa von einem „Begrüßungskomitee mit Putin am Flughafen“
empfangen lassen?
SPD-Mann Flisek will deshalb nicht ausschließen, dass am Ende Snowden doch
in Deutschland befragt werden könnte – auch weil die Argumentation der
Bundesregierung vor Gericht nicht Bestand haben könnte. „Ich kann nur
appellieren, sich die aktuellen Urteile etwa zur Vorratsdatenspeicherung
anzusehen“, mahnt Flisek auf der „republica“-Bühne. Deren Tenor war
eindeutig: gegen massenhaftes Datensammeln.
Die Union allerdings ist hier anderer Meinung. Eine Befragung Snowdens in
Deutschland, sagt CDU-Obmann Roderich Kiesewetter, sei auch dann „falsch,
wenn sie rechtlich möglich sein sollte“. Und der parlamentarische
Geschäftsführer der Union, Michael Grosse-Brömer, forderte am Dienstag
sogar, „mit dem Snowden-Klamauk mal aufzuhören“ und Aufklärung in der Sac…
zu betreiben.
## Schrille Töne von Steinbach
Und andere CDU-Abgeordnete gehen noch weiter. Snowden, twitterte kürzlich
Erika Steinbach, sei ihr „herzlich egal“. Sie sei für dessen Vernehmung in
Deutschland und „danach für korrekte Erfüllung des Auslieferungsabkommens
mit den USA“.
In der SPD verfolgt man solche schrillen Töne mit Unbehagen. Noch vor der
Bundestagswahl forderte die Partei volle Aufklärung in der NSA-Affäre.
Parteivize Ralf Stegner sprach sich für „freies Geleit“ für Snowden nach
Deutschland aus. Heute versucht die SPD den Eindruck zu vermeiden, sie
knicke in der NSA-Affäre gänzlich ein. Der Ausschuss, verspricht Flisek,
werde „souverän und umfassend den Überwachungskomplex aufklären, inklusive
der deutschen Dienste“.
Die Opposition misstraut diesen Versprechen. Sie macht den Donnerstag zur
Nagelprobe: Wird es gelingen, Snowden nach Berlin zu laden? Linken-Obfrau
Renner kündigte an, notfalls per Eilantrag beim Bundesgerichtshof den
Beschluss einzuklagen.
Selbst wenn der Streit schon bald vor Gericht landen sollte, sei der
Ausschuss aber „keineswegs lahmgelegt“, verspricht dessen Vorsitzender
Sensburg. Schließlich wolle man am Donnerstag nicht nur über Snowden
beraten, sondern insgesamt gut 20 Anträge stellen: Angela Merkel soll
geladen werden, ihr früherer Kanzleramtschef Ronald Pofalla,
Exaußenminister Guido Westerwelle, sein Nachfolger Frank-Walter Steinmeier.
Dazu kämen der NSA-Aussteiger William Binney oder der Journalist und
Snowden-Vertraute Glenn Greenwald. „Bei all diesen Ladungen“, sagt
Sensburg, „dürften wir uns alle wieder einig sein.“
7 May 2014
## AUTOREN
Konrad Litschko
Astrid Geisler
## TAGS
SPD
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Edward Snowden
CDU/CSU
Snowden
Datenschutz
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NSA
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Schwerpunkt Angela Merkel
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