Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ermittlungen wegen NSA-Affäre: Empörte Aktivisten
> Generalbundesanwalt Harald Range will wohl nicht gegen den
> US-Geheimdienst NSA ermitteln. Netzaktivisten sind empört und prüfen
> weitere Rechtsmittel.
Bild: Ohne Ermittlung keine Beweise: Generalbundesanwalt Harald Marx.
KARLSRUHE dpa | In der NSA-Ausspähaffäre hat der wahrscheinliche Verzicht
auf ein Ermittlungsverfahren gegen den US-Geheimdienst scharfe Kritik bei
der Opposition und unter Netzaktivisten ausgelöst. Die Grünen fordern ein
Eingreifen von Justizminister Heiko Maas (SPD), damit Generalbundesanwalt
Harald Range offiziell die Ermittlungen aufnimmt. „Ein Rechtsstaat darf
nicht mit zweierlei Maß messen“, sagte die rechtspolitische
Fraktionssprecherin Katja Keul am Mittwoch in Berlin.
Wie Süddeutsche Zeitung, WDR und NDR am Mittwoch berichteten, will Range
auf ein Ermittlungsverfahren verzichten - aus Mangel an belastbarem
Material. Die Anklagebehörde in Karlsruhe hatte zwei Vorwürfe geprüft:
Einer betraf das massenhafte Ausspähen der Bürger in Deutschland, der
andere den konkreten Vorwurf, dass jahrelang ein Handy von Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) abgehört wurde.
Die endgültige Entscheidung mit einer ausführlichen Begründung werde
alsbald fallen, teilte ein Sprecher des Generalbundesanwalts mit. Zuletzt
hätten einer abschließenden Bewertung noch einige offene Anfragen und
Abklärungen entgegengestanden. Dazu gehörte auch die Frage, ob die große
Koalition einer Befragung von Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden in Berlin
zustimmen würde. Die Regierung hatte das Anfang Mai abgelehnt.
Der Rechtsausschuss des Bundestages verlangt Aufklärung vom Bundesanwalt.
Range solle vor dem Ausschuss den Stand des Verfahrens erläutern, sagte die
Ausschussvorsitzende Renate Künast (Grüne) am Mittwoch. „Er muss erläutern,
wie er zu seiner Entscheidung kommt, während der NSA-Untersuchungsausschuss
noch das Wie einer Vernehmung von Edward Snowden klärt“, sagte Künast. „Es
ist also davon auszugehen, dass Beweismaterial vorhanden sein wird.“
## Arbeitsverweigerung des Generalbundesanwalts
Die Begründung „keine belastbare Beweise“ stieß unter Netzaktivisten auf
Empörung. „Wie will der Generalbundesanwalt denn das wissen, wenn es noch
nicht einmal Ermittlungen gegeben hat“, sagte die Sprecherin des Chaos
Computer Clubs, Constanze Kurz, am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Der
Club hatte wegen der Ausspähung Strafanzeige gestellt. Man warte die
Zustellung der Entscheidung ab und werde dann Rechtsmittel einlegen, sagte
Kurz.
Rena Tangens vom Verein Digitalcourage, der ebenfalls Anzeige erstattet
hatte, bezeichnete den Verzicht auf ein Verfahren als „Ungeheuerlichkeit“.
Die Bundesregierung traue sich nicht, in der NSA-Affäre aktiv zu werden.
„Das erzeugt ein schales Gefühl zu unserem Rechtsstaat“, sagte Tangens.
Sollte Range auf ein Ermittlungsverfahren verzichten, grenze das an
Arbeitsverweigerung.
Als „Rechtsbeugung“ wertete die Linke den möglichen Verzicht auf ein
Ermittlungsverfahren. „Damit würde amtlich festgestellt, dass die größte
Grundrechtsverletzung in der Geschichte der Bundesrepublik juristisch
unaufgearbeitet bleibt“, sagte Parteichef Bernd Riexinger. Er forderte die
Bundesregierung auf offenzulegen, ob im Hintergrund Druck zur Einstellung
der Ermittlungen ausgeübt worden sei.
Die Oppositions-Obleute im NSA-Untersuchungsausschuss reagierten befremdet
auf Berichte zu den Plänen des Generalbundesanwalts. „Ich finde das völlig
unverständlich“, sagte die Linke-Obfrau Martina Renner der dpa. Es könne
nicht sein, dass der massenhafte schwere Grundrechtseingriff in diesem Fall
folgenlos bleibe.
Der Grünen-Obmann Konstantin von Notz sagte der dpa, wenn der
Generalbundesanwalt tatsächlich auf ein Ermittlungsverfahren verzichte,
wäre das ein schwieriges Zeichen. Es habe Grundrechtsverstöße gegeben. „Das
ist unzweifelhaft.“
Bundeskanzlerin Merkels Handy soll bereits seit 2002 von der NSA abgehört
worden sein. Ein Bericht im Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte den
NSA-Skandal in Deutschland richtig ins Rollen gebracht. Auch die
Kommunikation von Internetnutzern wurde den Enthüllungen des
Ex-Geheimnismitarbeiters Edward Snowden zufolge vom US-Geheimdienst und
seinem Partnerdienst GCHQ ausgespäht. Mehrere Bürgerrechtsgruppen hatten
Strafanzeige beim Generalbundesanwalt gegen die Bundesregierung und
Geheimdienstmitarbeiter erstattet.
28 May 2014
## TAGS
Edward Snowden
Heiko Maas
Harald Range
NSA-Affäre
Untersuchungsausschuss
Ermittlungen
Schwerpunkt Überwachung
NSA-Skandal
Grundrechtereport
Asyl
Edward Snowden
Bundesanwaltschaft
NSA
NSA
NSA-Untersuchungsausschuss
NSA-Affäre
## ARTIKEL ZUM THEMA
NSA-Ausschuss im Bundestag: Aufklärer ohne Akten
Kaum begonnen, stockt die Arbeit des NSA-Ausschusses bereits: Ministerien
und Geheimdienste lassen mit Aktenlieferungen auf sich warten.
Bürgerrechtler contra Geheimdienst: Die „Autoimmunkrankheit“ NSA
Ex-Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger stellt den neuesten
Grundrechtereport vor – und fordert Ermittlungen der Bundesanwaltschaft.
Brasilien dementiert Snowden-Statement: Kein Asylantrag eingegangen
Nach Angaben des brasilianischen Außenministeriums hat Edward Snowden noch
keinen Antrag auf Asyl gestellt. Er hatte das zuvor in einem Interview
behauptet.
Snowden hofft auf Asyl in Brasilien: Sehnsucht nach Amerika
Das politische Asyl Edward Snowdens in Russland endet Anfang August. Nun
hat der US-Whistleblower einen neuen Antrag gestellt – in Brasilien.
Kommentar NSA-Spähaffäre: Miese Karlsruher Performance
Dass die Bundesanwaltschaft NSA-Verantwortliche zur Rechenschaft zieht,
erwartet niemand. Sie muss aber wenigstens so tun.
NSA widerspricht Edward Snowden: Eine E-Mail, aber keine Kritik
Hat Edward Snowden vor seinen Enthüllungen über die Überwachungswut des
US-Geheimdienstes intern Kritik geübt? Er behauptet das. Die NSA sagt:
Stimmt nicht.
Generalbundesanwalt und NSA: Kein Verfahren wegen Spähaffäre
Generalbundesanwalt Harald Range sagt die Spionage-Ermittlungen gegen die
NSA ab. Eine Totalblamage, findet die Opposition.
Sitzung des Untersuchungsausschusses: Böse NSA? Böser BND!
Die Abhörpraxis des deutschen Auslandsgeheimdiensts sei nicht besser als
die der USA, bemängeln Sachverständige. Es fehle eine rechtliche Grundlage.
Kommentar NSA-Leisetreterei: De Maizières Fatalismus
Die Zurückhaltung des Innenministers in den USA ist mehr als merkwürdig –
sie ist verdächtig. Ist Deutschland beim NSA-Skandal eher Komplize als
Opfer?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.