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# taz.de -- Bürgerrechtler contra Geheimdienst: Die „Autoimmunkrankheit“ N…
> Ex-Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger stellt den neuesten
> Grundrechtereport vor – und fordert Ermittlungen der Bundesanwaltschaft.
Bild: Da ist er: Ex-Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zeigt den neu…
KARLSRUHE taz | „Die einzig funktionierende Kontrolle der Geheimdienste
besteht in ihrer Auflösung“, erklärt der Publizist Rolf Gössner im neuesten
Grundrechtereport, der am Dienstag in Karlsruhe vorgestellt wurde. Damit
war der Tenor vorgegeben.
Alljährlich wird der Report als Taschenbuch herausgeben – ein alternativer
Verfassungsschutzbericht von acht Bürgerrechtsorganisatioen, von der
Humanistischen Union bis Pro Asyl. Im Mittelpunkt standen diesmal, wenig
überraschend, der NSA-Skandal und die internationale Massenüberwachung.
Gössner beschrieb sie als Gefahr aus dem Innern der Demokratie: „wie eine
aggressive Autoimmunkrankheit, eine überschießende Reaktion des
körpereigenen Abwehrsystems, das zerstört, was es doch schützen sollte:
Demokratie, Rechtstaat, Menschenrechte“.
Vorgestellt wurde das Buch von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP),
der ehemaligen Justizministerin. „Es wäre ein verheerendes Signal, wenn es
wegen der NSA-Spionage nicht einmal Ermittlungen gäbe“, sagte sie mit Blick
auf Generalbundesanwalt Harald Range. Dieser soll am Mittwoch im
Rechtsausschuss des Bundestags erläutern, warum er möglicherweise kein
Ermittlungsverfahren einleitet.
Hart kritisierte Leutheusser-Schnarrenberger die Pläne des BND, künftig
ausländische soziale Netzwerke in Echtzeit auszuwerten. „Deutschland muss
nicht in der ersten Liga der Überwachungsstaaten spielen“, sagte sie. Der
BND hatte die Pläne auch damit begründet, dass er sonst mit seinen
Fähigkeiten weit hinter den USA und Großbritannien zurückfalle und bald
sogar von Italien und Spanien überholt werde. „Was ist das denn für eine
Begründung?“, fragte die Exministerin entgeistert.
## „Vorbild der Diskriminierung“
Am 24. Juni kandidiert Leutheusser-Schnarrenberger im Europarat für den
Posten der Generalsekretärin. In dieser Position will sie sich auch für Ed
Snowden einsetzen, sagte sie auf Nachfrage. „Im Falle meiner Wahl würde ich
versuchen, für eine vernünftige Lösung zu vermitteln.“ Leider könne der
Europarat selbst kein Asyl gewähren.
Rund vierzig Beiträge enthält der Grundrechtereport, zu allen Entwicklungen
rund um Bürger- und Menschenrechte. Die beste Nachricht kam in diesem Jahr
erst nach Redaktionsschluss, als im April der Europäische Gerichtshof die
Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung kippte.
Leutheusser-Schnarrenberger strahlte über das ganze Gesicht, als sie ihre
„Genugtuung“ über dieses Urteil kundtat. Als Ministerin hatte sie vier
Jahre lang die Wiedereinführung der anlasslosen Massenspeicherung in
Deutschland verhindert.
Zweite Rednerin neben der FDP-Frau war Martina Stalleicken vom
Frauenverband Courage, dem in Nordrhein-Westfalen die Gemeinnützigkeit
entzogen wurde, da er eine Vorfeldorganisation der MLPD sei. Stalleicken
wies das zurück. „Wir arbeiten zwar in Bündnissen mit der MLPD zusammen,
aber auch mit der Hausfrauenvereinigung und den Landfrauen.“
Die angehende Rechtsreferendarin Abeer al-Khafadji plädierte wiederum für
einen liberalen Umgang mit Kopftuch tragenden Musliminnen in der
Wirtschaft. „Gut ausgebildete Frauen müssen als Putzfrau arbeiten oder
Hausfrau werden, weil sie nicht eingestellt werden.“ Der Staat habe sich
mit seinen Kopftuchverboten für Lehrerinnen als „Vorbild der
Diskriminierung“ gezeigt. Die Alternative „Kopftuch oder Karriere“
behindere die Emanzipation muslimischer Frauen, sagte die Juristin, die
selbst Kopftuch trägt.
3 Jun 2014
## AUTOREN
Christian Rath
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Grundrechtereport
Schwerpunkt Überwachung
NSA-Affäre
Edward Snowden
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