# taz.de -- EU soll Investitionen erleichtern: Aufstand gegen die Sparpolitik | |
> Europäische Sozialdemokraten fordern, den Stabilitätspakt laxer | |
> auszulegen. Nun wollen sie Druck auf den EU-Kandidaten Juncker ausüben. | |
Bild: Gegen „Merkels Spardiktat“: Demonstranten in Spanien. | |
BRÜSSEL taz | Die EU soll den Stabilitätspakt lockern und Investitionen in | |
Wachstum und Jobs erleichtern. Dies fordern führende Sozialdemokraten aus | |
Deutschland, Frankreich und Italien in einer gemeinsamen Initiative. Doch | |
Brüssel mauert: Man habe „keinen Kontakt“ zu den Kritikern der | |
Austeritätspolitik und plane auch keine Änderungen, ließ Währungskommissar | |
Olli Rehn erklären. | |
Rehn gilt als Hardliner, der in der Wirtschaftspolitik den Sparkurs von | |
Kanzlerin Angela Merkel verteidigt. Auch die CDU-Politikerin lässt bisher | |
keine Bereitschaft erkennen, die EU-weite Austeritätspolitik zu lockern. In | |
einem mit Berlin abgestimmten Entwurf für den EU-Gipfel in der kommenden | |
Woche, der der taz vorliegt, wird der Stabilitätspakt mit keinem Wort | |
erwähnt. Stattdessen betont das Papier die Notwendigkeit, am bisherigen | |
Kurs festzuhalten. | |
Die jüngsten Zeichen für eine wirtschaftliche Erholung zeigten, dass die | |
gemeinsamen Anstrengungen „Früchte tragen“. Doch so schnell geben die | |
Kritiker – darunter Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Frankreichs | |
Staatschef François Hollande und Italiens Premier Matteo Renzi – nicht auf. | |
Sie hoffen auf den nächsten Kommissionspräsidenten, also wahrscheinlich | |
Jean-Claude Juncker. Der soll sich auf eine Lockerung des Stabilitätspaktes | |
festlegen. | |
Nur dann könne Juncker auf die für seine Ernennung nötigen Stimmen der | |
Sozialdemokraten im Europaparlament hoffen, sagte deren scheidender | |
Fraktionsvorsitzender Hannes Swoboda. Und die Sozis haben noch einen | |
Trumpf. | |
Der heißt Italien – nach dem überraschenden Wahlsieg ist Premier Renzi der | |
neue starke Mann der Sozialdemokraten. Renzi kann sowohl beim EU-Gipfel, | |
der Juncker nominieren muss, als auch mit der im Juli beginnenden | |
italienischen EU-Ratspräsidentschaft Druck machen. Dabei wird er von | |
Gabriel unterstützt. | |
## Gabriel will „mehr Ehrlichkeit“ | |
Der SPD-Chef forderte am Mittwoch in der Bild-Zeitung „mehr Ehrlichkeit“ in | |
der Debatte über den Stabilitätspakt. Deutschland stehe heute nur deshalb | |
so gut da, weil es schmerzhafte Reformen umgesetzt und dabei selbst die | |
Defizitregeln verletzt habe. Er wolle den Pakt nicht neu verhandeln, | |
sondern flexibler auslegen, um Investitionen und Wachstum zu ermöglichen. | |
Auch Merkel spielte den Streit herunter. Die Kanzlerin betonte, die | |
notwendige Flexibilität sei bereits im Stabilitätspakt enthalten: „Das ist | |
unsere gemeinsame Überzeugung.“ Zu möglichen Ausnahmeregeln für | |
Investitionen äußerte sie sich jedoch nicht. Bisher gehen auch | |
Investitionen in die Defizitberechnung ein. Frühere Vorstöße aus Italien | |
hatte Merkel stets abgeblockt. | |
Eine Lockerung käme vor allem Frankreich entgegen, das die 3-Prozent-Grenze | |
im Stabilitätspakt auch in diesem Jahr reißen dürfte. Würden die Regeln | |
streng ausgelegt, drohen Paris schon im nächsten Jahr empfindliche Strafen. | |
Frankreich ist das zweitgrößte Land der Eurozone und Deutschlands | |
wichtigster Handelspartner. | |
18 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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