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# taz.de -- Kommentar US-Spionage in Deutschland: Spitzeln unter Freunden
> Die Aufregung ist groß, doch die USA spähen seit eh und je die deutschen
> Dienste aus. Sie sind dabei nur ein bisschen dreister geworden.
Bild: Interessieren sich auch für andere Geheimdienste: Geheimdienste. (Kunstw…
Das Urteil des Verbindungsoffiziers im Hauptquartier der US-Streitkräfte in
Europa fiel etwas drastisch aus. Raymund N. Clark hatte zwei Jahre beim
Bundesnachrichtendienst im bayerischen Pullach verbracht. In einer
schriftlichen Hintergrundinformation für die Kollegen von der CIA stellt er
fest: „Wer auch immer das Gerücht aufgebracht hat, die Deutschen seien
diszipliniert und ordentlich, der hatte noch nie Kontakt zum BND“.
Zum Beweis führt er den BND-Offizier Koller an, den er als einen „höllisch
netten Kerl“ beschreibt. Koller verfüge über „Ordner, Notizen, Diagramme,
Zeitpläne etc., alle mit großen Pfeilen, Kreisen und kryptischen
Bemerkungen versehen, die ihn daran erinnern sollen, was los ist. Das
Problem ist nur, er kann nie den richtigen Ordner finden, wenn er ihn
braucht. Aber wie ich schon sagte, ein höllisch netter Kerl“.
Der Bericht stammt aus dem November 1965. Veröffentlicht hat ihn der
Geheimdienstforscher Erich Schmidt-Eenboom. Er zeigt, dass die
US-Sicherheitsbehörden schon früh für Interna des bundesdeutschen
Auslandsgeheimdienstes ein großes Interesse aufbrachten.
Die inzwischen freigegebenen CIA-Akten im National Archive and Record
Administration in Washington belegen die jahrzehntelange Sammelwut der CIA,
die Herzinfarkte von BND-Mitarbeitern ebenso akribisch registrierte wie
Eheschließungen, Seitensprünge, Geburten oder private Kontakte.
Dass sich Geheimdienste für Geheimdienste interessieren, ist also keine
Neuigkeit. Das gilt nicht nur für die CIA. Bekannt ist, dass neben China
und Russland auch Großbritannien und Frankreich aggressive (Wirtschafts-)
Spionage betreiben.
## Risiko? Egal!
##
Neu aber ist, wie weit der US-Geheimdienst bereit ist zu gehen und welche
politischen Risiken er dabei in Kauf nimmt. Bei den jüngst bekannt
gewordenen Fällen sollen CIA-Leute einen BND-Beschäftigten und einen
Soldaten aus dem Bundesverteidigungsministerium für den US-Geheimdienst als
Spion angeworben haben.
Nicht nur dass die Amerikaner hier „unter Freunden“ einen Maulwurf
platziert haben, empört die deutsche Geheimdienst-Community. Sondern auch
mit welcher Rücksichts- und Respektlosigkeit US-Agenten vor der Folie des
NSA-Überwachungsskandals und vor allem des Bekanntwerdens der Überwachung
des Kanzlerinnenhandys vorgingen.
Offenbar wurde erwartet, die US-Dienste informieren die Berliner Kollegen
über den Vorfall. Stattdessen versuchten die US-Geheimdienstler über den
Maulwurf auch den NSA-Untersuchungsausschuss auszuforschen.
In der Konsequenz hat die Bundesregierung am Donnerstag den
Geheimdienst-Residenten der US-Botschaft in Berlin in aller Öffentlichkeit
des Landes verwiesen – „unter Freunden“ ist auch das ein drastischer
Schritt. Üblicherweise werden solche Konflikte diskret beigelegt.
## Was geht, wird gemacht
Die Stimmung in Berlin ist gereizt. Und eine nicht unbedeutende Rolle
dürfte dabei spielen, dass die US-Administration sich auch im Anschluss an
die Enthüllungen der Snowden-Dokumente beharrlich weigert, ein
No-Spy-Abkommen mit der Bundesrepublik zu schließen.
Die mutmaßlichen Spione der US-Geheimdienste in Deutschland haben nach
einer vorläufigen Bewertung von Innenminister Thomas de Maizière keine
wesentlichen Informationen abgeschöpft, er nannte sie „lächerlich“. Umso
weniger verständlich ist, weshalb die CIA ein derartiges diplomatisches
Risiko einging.
Offenbar gilt: Was geht, wird gemacht. Lass dich aber nicht erwischen. Dumm
nur, dass der Maulwurf zweimal Kasse machen wollte und sich dem russischen
Geheimdienst im Münchner Generalkonsulat anbot. Auch das wurde überwacht –
von der bundesdeutschen Spionageabwehr.
Doch weil Russlands Nachrichtendienste nicht zu den Freunden deutscher
Sicherheitsbehörden zählen, regt sich darüber niemand auf.
11 Jul 2014
## AUTOREN
Wolfgang Gast
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