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# taz.de -- Glenn Greenwald über NSA-Aufklärung: „Nicht an der Illusion mit…
> Der Snowden-Vertraute Glenn Greenwald begründet seine Absage als Zeuge im
> NSA-Ausschuss. Und er kündigt weitere Enthüllungen an.
Bild: Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald verhüllt seinen Mund.
taz: Herr Greenwald, Ihre jüngsten Berichte legen nahe, dass neben Edward
Snowden eine zweite Quelle bei den US-Geheimdiensten existiert, die Ihnen
Informationen übergibt. Können Sie das bestätigen? Und können Sie sagen,
wie viele Informationen Sie von dieser Quelle erhalten haben?
Glenn Greenwald: Das kann ich leider nicht kommentieren.
Sie haben gerade dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags einen Korb
gegeben, weil dieser keine „ernsthafte Aufklärung“ betreibe. Haben Sie
damit nicht eine Chance vertan, die NSA-Affäre weiter aufzuklären?
Die Chance wäre vertan, wenn es hier um aufrichtige Aufklärung gehen würde.
Ich glaube aber, darum geht es nicht. Es gibt einige Mitglieder des
Ausschusses, die Edward Snowden als Schlüsselzeugen im NSA-Skandal nach
Deutschland holen und ihn befragen wollen. Dass die Mehrheit des
Ausschusses das aber ablehnt, signalisiert mir, dass es hier nicht um eine
ernsthafte Untersuchung geht.
Sondern?
Ich glaube, der Bundestag will der Öffentlichkeit nach den NSA-Enthüllungen
zeigen: Wir tun etwas. Aber er ist nicht daran interessiert, den Dingen
wirklich auf den Grund zu gehen. Sonst nämlich würde er Snowden befragen.
An dieser Illusion werde ich nicht mitwirken.
Sie haben vor dem brasilianischen Senat und dem EU-Parlament, dem
US-Kongress gesprochen. Warum sperren Sie sich gerade gegenüber dem
Bundestag? Immerhin wurde Snowden dort als Zeuge benannt, auch wenn ihn die
Regierungsfraktionen nur außerhalb Deutschlands anhören wollen.
Wären der Ausschuss und die deutsche Regierung wirklich an seiner Aussage
interessiert, würden sie Snowden nach Deutschland holen und dort
ausführlich befragen. Snowden hat jahrelang innerhalb der NSA gearbeitet,
er war hochspezialisiert und für offensive wie defensive Cyber-Operationen
zuständig. Und er ist bereit, darüber zu berichten. Wer diese Affäre
wirklich aufklären will, dem ist es unmöglich, nicht mit Edward Snowden
persönlich zu sprechen.
Die Bundesregierung lehnt eine Einladung Snowdens ab, um nicht die
Partnerschaft mit den USA zu ramponieren. Gerade in Konflikten wie jetzt in
der Ukraine sei eine enge Zusammenarbeit unerlässlich. Sie würden das aus
Sicht der deutschen Regierung riskieren?
Es wurde jetzt ein Jahr lang offengelegt, wie die USA in die Privatsphäre
deutscher Bürger, deutscher Politiker, wahrscheinlich sogar des deutschen
Untersuchungsausschusses, eingedrungen ist. Die Sorge, den Verantwortlichen
dieser Verstöße nun bloß nicht vor den Kopf zu stoßen, würde keinem Land
mit nationaler Würde in den Sinn kommen. Ich glaube, Deutschland sollte
sich klarmachen, wie hier mit seiner Souveränität umgegangen wurde.
Kann ein Untersuchungsausschuss in einer Geheimdienstaffäre eigentlich
wirklich aufklären?
Ich glaube, es gibt Fragen, die er klären kann. Was sind die Technologien
der NSA? Welche Sicherheitslücken nutzen sie? Wie kann sich Deutschland
verteidigen? Und es gibt da eine Person, die das weiß: Edward Snowden.
Aber würde Edward Snowden wirklich Neues erzählen? Oder müsste er nicht,
gerade mit Blick auf seine derzeit unsichere Situation in Moskau, eher
vorsichtig sein?
Snowden hat wieder und wieder bewiesen, dass er auch persönliche Nachteile
in Kauf nimmt, um Dinge an die Öffentlichkeit zu bringen, die diese wissen
sollte.
Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Snowden?
Wir haben sehr oft Kontakt, sehr regelmäßig.
Ende Juli lief offiziell sein Asyl in Moskau aus. Wie blickt er gerade auf
seine Situation?
Ich glaube, es ist ziemlich absehbar, dass die Russen das Asyl verlängern
werden. Sie haben in der Vergangenheit klargemacht, dass es für sie keine
Rechtsgrundlage gibt, Snowden den USA zu übergeben. Und dass sie überzeugt
sind, dass seine Grundrechte in Gefahr sind und er deshalb Asyl erhält. An
beiden Dingen hat sich nichts geändert.
In Deutschland raten derzeit führende Politiker Snowden, sich auf einen
Deal mit den USA einzulassen und in seine Heimat zurückzukehren. Halten Sie
dies für realistisch?
Ich glaube nicht, dass die US-Regierung jemals einer Rückkehr von Edward
Snowden zustimmen würde, ohne ihn nicht für viele, viele Jahre ins
Gefängnis zu stecken. Darauf wird er sich nicht einlassen – noch sollte er
es. Nein, ich sehe leider nicht, dass er in die USA zurückkehren wird.
Welche Perspektive hat Snowden dann?
Nach meiner Meinung hat jedes Land, das von seinen Enthüllungen profitierte
– und da gehört Deutschland mit ganz oben auf die Liste –, eine rechtliche
wie moralische Verpflichtung, ihm Asyl zu gewähren. Und je mehr Länder für
Snowdens Grundrechte eintreten, je mehr Optionen hätte er. Aber wichtig
ist, dass er momentan frei an der weltweiten Debatte teilnehmen kann, die
er ausgelöst hat.
Eine Debatte, die auch Sie mit Ihren Artikeln weiter befeuern. Sind denn
noch große Enthüllungen zu erwarten?
Die Berichterstattung geht natürlich weiter. Erst am Montag habe ich eine
Geschichte veröffentlicht, wie die NSA israelische Militäroperationen
unterstützt. Es wird also noch Enthüllungen geben.
Aber nichts, was das Abhören eines Kanzlerin-Handys toppen könnte?
Für mich ist ja das massenhafte Ausspähen einer ganzen Bevölkerung die
größere Geschichte als die Spionage gegen ein Staatsoberhaupt. Es kommt
also auf die Perspektive an. Aber ja: Es werden noch einige große
Geschichten kommen.
6 Aug 2014
## AUTOREN
Konrad Litschko
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