# taz.de -- Wikileaks-Enthüllungen zu Frankreich: NSA hört Präsidenten zu | |
> François Hollande wurde laut Wikileaks ebenso wie seine beiden Vorgänger | |
> Sarkozy und Chirac von der NSA bespitzelt. Paris ist sauer. | |
Bild: Was reden sie am Telefon? Die NSA weiß es. | |
PARIS ap/dpa | Die NSA hat [1][nach Angaben von Wikileaks] neben dem Handy | |
von Bundeskanzlerin Angela Merkel auch den französischen Präsidenten | |
François Hollande und seine beiden Vorgänger abgehört. Die | |
Enthüllungsplattform veröffentlichte am Dienstagabend in Zusammenarbeit mit | |
der französischen Tageszeitung Libération und der Investigativ-Webseite | |
„Mediapart“ Dokumente, die die Praktiken des US-Geheimdienstes belegen | |
sollen. | |
In den veröffentlichten Konversationen der Staatschefs Jacques Chirac, | |
Nicolas Sarkozy und Hollande geht es unter anderem um die griechische | |
Schuldenkrise, die Beziehungen zu Deutschland – und ironischerweise um | |
amerikanische Spionage. | |
Die Enthüllung führte zu wütenden Reaktionen von französischen Politikern. | |
Ein Krisentreffen von Hollandes Verteidigungsrat wurde für Mittwochmorgen | |
einberufen. Seine Sozialistische Partei kritisierte die mutmaßlichen | |
NSA-Methoden als nicht tolerierbar. | |
Die Enthüllungen kamen just einen Tag, ehe das Parlament in Paris selbst | |
über ein Überwachungsgesetz entscheiden will. Bei der Vorlage geht es um | |
eine Ausweitung der Beschattung von Terrorverdächtigen. Hintergrund ist der | |
Terroranschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo im Januar, bei dem | |
zwölf Menschen getötet wurden. | |
Menschenrechtsgruppen und Datenschützer sind gegen das Gesetz. Die | |
Regierung führt an, dass ein Gesetz aus dem Jahr 1991 lediglich reformiert | |
werde. Von einer Massenüberwachung im Stile der USA distanzierte sich | |
Paris. | |
Eine Bestätigung der Echtheit des von Wikileaks veröffentlichten Materials | |
lag zunächst nicht vor. Der Sprecher der Plattform, Kristinn Hrafnsson, | |
sagte der Nachrichtenagentur AP, er sei zuversichtlich, dass die Dokumente | |
authentisch seien. Er verwies auf frühere Massenenthüllungen der Plattform, | |
die sich als echt erwiesen hätten. | |
Ein Berater von Sarkozy sagte der AP, der frühere Präsident betrachte diese | |
Methoden generell als inakzeptabel, besonders, wenn es sich um einen | |
politischen Verbündeten handele. Aus dem Umfeld Chiracs gab es bislang | |
keinen Kommentar. Hollande hatte nach eigenen Angaben seine Bedenken über | |
die NSA-Überwachung 2014 bei einem USA-Besuch in einem Gespräch mit Obama | |
geäußert. Meinungsverschiedenheiten seien dabei ausgeräumt worden. | |
## US-Regierung will sich nicht äußern | |
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Ned Price, teilte mit, | |
die US-Regierung werde sich nicht zu Details äußern. Generell führe sein | |
Land keine Geheimdienstüberwachung im Ausland durch, wenn dies nicht im | |
Interesse der nationalen Sicherheit sei. | |
Frankreichs Außenminister Laurent Fabius hat wegen der Spionagevorwürfe | |
nach Angaben aus Diplomatenkreisen die US-Botschafterin in Paris | |
einbestellt. Dies meldete die französische Nachrichtenagentur AFP am | |
Mittwoch. | |
Die Botschafterin Jane Hartley solle am Nachmittag ins Außenministerium | |
kommen. Ein Sprecher der amerikanischen Botschaft in Paris wollte den | |
Bericht auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur weder bestätigten noch | |
dementieren. Eine Anfrage beim Pariser Außenministerium blieb zunächst | |
unbeantwortet. | |
Zuvor hatte der französische Verteidigungsrat erklärt, das Land werde keine | |
Machenschaften dulden, die seine Sicherheit infrage stellten. | |
## Heftige Proteste | |
Alliierte spähen ihre politischen Freunde seit jeher aus. Die | |
Abhörpraktiken der NSA gegen Staats- und Regierungschefs verbündeter Länder | |
hatten jedoch heftigen Protest vor allem aus Europa nach sich gezogen. Auch | |
Merkel äußerte 2013 nach den Enthüllungen des NSA-Whistleblowers Edward | |
Snowden scharfe Kritik an der Abhörpraxis der NSA. US-Präsident Barack | |
Obama reagierte mit einer kompletten Überprüfung der Spionage der NSA an. | |
Wikileaks listete auf ihrer Internetseite den Inhalt von fünf ausgewählten | |
Konversationen aus den Jahren 2006 bis 2012 auf, an denen auch die | |
französischen Präsidenten beteiligt sind. Themen sind unter anderem die | |
Beziehung zu Deutschland, eine hochrangige Berufung bei den Vereinten | |
Nationen, der Nahost-Friedensprozess und das Vorgehen in der Euro-Krise. | |
Ein Bericht vom 24. März 2010 beschreibt Sarkozys Frustration über die | |
Ablehnung der USA, einen Spionagepakt zu unterschreiben. Die Haupthürde | |
sei, dass die USA weiterhin Frankreich ausspionieren wollten, heißt es. | |
Wie Wikileaks an die Dokumente gelangte, wollte Sprecher Hrafnsson nicht | |
sagen. Auf die Frage, was sonst noch in der französischen Presse auftauchen | |
könnte, sagte er: „Sie können weitere Enthüllungen in naher Zukunft | |
erwarten.“ | |
24 Jun 2015 | |
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[1] http://wikileaks.org/nsa-france/ | |
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