# taz.de -- Menschenkette gegen Braunkohle: „Ein Mensch pro Meter wäre optim… | |
> Tausende Menschen wollen am Samstag eine Kette über die deutsch-polnische | |
> Grenze hinweg bilden und so gegen den Abbau von Braunkohle protestieren. | |
Bild: Braunkohle wird maschinell abgebaut – mit brutalen Folgen für Mensch u… | |
taz: Herr Burchardt, Sie rufen zur Menschenkette gegen Braunkohleabbau am | |
Samstag so auf: „Die Frage, ob wir den Klimawandel aufhalten können, | |
entscheidet sich in der Lausitz.“ Ist das nicht etwas hoch gehängt? | |
Thomas Burchardt: Nein. Wenn wir hier in Deutschland nicht zeigen, dass | |
eine nachhaltige Energieversorgung möglich ist, haben die Schwellenländer | |
das gleiche Recht auf 100 Jahre Kohleverstromung. Die Leitlinien der | |
deutschen Energiewende sehen vor, dass die Stromerzeugung aus fossilen | |
Quellen bis 2050 um 90 Prozent reduziert wird. Wenn man das ernst nimmt, | |
müssen große Teile der fossilen Brennstoffe in der Erde bleiben. | |
Stattdessen wurden allein in Brandenburg sieben neue mögliche | |
Braunkohletagebaue identifiziert. | |
Das wäre eine der größten Umweltkatastrophen der internationalen | |
Staatengemeinschaft, wie es im Aufruf heißt? | |
Ein Braunkohlekraftwerk ist eine Energievernichtungsmaschine, der | |
Wirkungsgrad liegt bei 40 Prozent. Die verpuffende Abwärme des Kraftwerks | |
Schwarze Pumpe ist so groß wie der Heizbedarf aller Brandenburger | |
Haushalte. Dabei erzeugt Brandenburg ab 2020 mehr Strom aus erneuerbaren | |
Energien, als es selbst braucht. Der Kohlestrom geht in den Export, einer | |
der Hauptabnehmer sind die Niederlande. Die nehmen den billigen Kohlestrom | |
und schalten dafür ihre Gaskraftwerke ab – obwohl die je Kilowattstunde nur | |
400 Gramm Kohlendioxid ausstoßen, die Braunkohlekraftwerke aber 1.100 | |
Gramm. Für diesen Irrsinn die Lausitz zu verheizen ist nicht | |
nachvollziehbar. | |
Was soll am Samstag geschehen? | |
Wir arbeiten seit sechs Jahren mit Initiativen in Polen zusammen, um mit | |
Aktionen gemeinsam auf die negativen Folgen der Braunkohleverstromung | |
aufmerksam zu machen. Jedes Jahr gibt es gemeinsame Aktionen, dieses Jahr | |
ist es die Menschenkette. Sie wird zwei von Abbaggerung betroffene Orte in | |
den geplanten Tagebauen Jänschwalde-Nord in Brandenburg und Gubin/Brody in | |
Polen verbinden, je vier Kilometer zu beiden Seiten der Grenze. | |
Da müssen fast 10.000 Menschen kommen. | |
Einer pro Meter wäre optimal, aber mit 5.000 sehen wir auch schon ganz gut | |
aus. Wir haben einen überregionalen Trägerkreis gegründet und rufen | |
gemeinsam mit großen Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace, Campact | |
oder BUND europaweit auf, in die Lausitz zu kommen. Die Teilnehmer haben 90 | |
Busse organisiert, unter anderem werden Kohlegegner aus Finnland und | |
Bulgarien kommen. | |
Im Juni hat die Brandenburger Landesregierung in Potsdam den Tagebau | |
Welzow-Süd genehmigt. Hat das Ihre Planungen durchkreuzt? | |
Nein. Wir planen schon seit Februar. Von dem Beschluss lassen wir uns nicht | |
beeindrucken. | |
Die Braunkohle im Boden lassen – ist das alles, was sie fordern? | |
Nein. Der Klimaschutz verlangt mittelfristig einen umfassenden Verzicht auf | |
die Nutzung fossiler Energien bei der Stromerzeugung. Das bedeutet | |
insbesondere auch einen Stopp der Bürgschaften für Kohlekraftwerke durch | |
die Bundesregierung im Ausland, beispielsweise in Griechenland. Es gibt | |
zwei Milliarden Menschen ohne Strom. Die müssen mit dezentralen Anlagen für | |
Erneuerbare versorgt werden. Dazu brauchen wir tragfähige Konzepte, die | |
hier in der Lausitz entwickelt werden können. Vattenfall hingegen droht, | |
dass ohne neue Tagebaue seine wirtschaftliche Tätigkeit in der Region | |
erledigt wäre. Da frage ich mich: Wie will Vattenfall auf dem Strommarkt | |
tätig bleiben, wenn Erneuerbare offensichtlich keine Option für das | |
Unternehmen sind? | |
22 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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