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# taz.de -- Private Unterbringung von Flüchtlingen: „Ein gutes und warmherzi…
> Wer Flüchtlinge aufnehmen will, steht vor hohen Hürden. Für den
> Vorschlag, diese abzubauen, erhält CDU-Mann Patzelt viel Unterstützung.
Bild: Flüchtlinge in den Betten einer provisorischen Unterkunft in Dortmund.
BERLIN taz | Für seinen Appell, [1][notleidende Bürgerkriegsflüchtlinge
auch in Privathaushalten aufzunehmen], erhält der Brandenburger
CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt viel Zuspruch aus anderen
Parteien. Wer ein ungenutztes Gästezimmer oder ein nicht mehr benötigtes
Kinderzimmer besitze, solle darüber nachdenken, ob er darin nicht
Flüchtlinge einquartiere, hatte der ehemalige Oberbürgermeister von
Frankfurt an der Oder vorgeschlagen. Dies müsse aber „im Einvernehmen mit
der Ausländerbehörde“ geschehen, betonte Patzelt am Dienstag gegenüber der
taz.
Sein Vorschlag beinhaltet, dass sich der Staat aus der Finanzierung privat
untergebrachter Flüchtlinge nicht mehr zurückziehe, sondern weiter für den
Unterhalt und die Gesundheitsversorgung aufkomme.
In diesem Jahr haben bis zum vorigen Monat bereits über 97.000 Menschen in
Deutschland einen Asylantrag gestellt – so viele wie seit den
Neunzigerjahren nicht mehr. Die Asylsuchenden können ihren Wohnort dabei
nicht frei wählen, sondern werden zentral auf die einzelnen Bundesländer
verteilt. Die Kommunen kommen kaum hinterher, neue Unterkünfte zu schaffen.
Die jüngste Ankündigung der Stadt Duisburg, Flüchtlinge in Zelten
unterzubringen, hatte Partzelt empört.
Eine Debatte über die private Unterbringung von Flüchtlingen [2][gab es in
Deutschland zuletzt während des Bosnienkriegs] in den 1990er Jahre. Einem
Aufruf des Vereins „Den Krieg überleben“ folgten damals Tausende
Privatpersonen, die sich jedoch verpflichten mussten, für sämtliche
anfallende Kosten aufzukommen. Insgesamt konnten damals 8.000
Bürgerkriegsflüchtlinge so in Sicherheit gebracht werden.
## Unterstützung von Aydan Özoguz
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD),
begrüßt Patzels Vorschlag als „tolles Zeichen für Menschlichkeit und
Empathie“. Grundsätzlich sei es schon jetzt in einigen Bundesländern
möglich, dass Bürgerinnen und Bürger sich auf diese Weise engagieren, sagte
sie der taz.
„Man darf aber nicht vergessen, dass es hierfür Regeln gibt, die erfüllt
sein müssen.“ Sollten die Privatpersonen Miete verlangen, so müsse die
Wohnung geeignet sein und sich im Rahmen der Kosten bewegen, die das
Sozialamt erstattet. „Und ganz wichtig: Es muss ausgeschlossen sein, dass
hier jemand mit der Unterbringung von Flüchtlingen Geschäfte machen kann“,
erklärte die Staatsministerin.
Auch die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, nennt
Patzelts Vorschlag „ein gutes und warmherziges Signal“. Aber: „Ein Ersatz
für die Schaffung humaner Aufnahmebedingungen kann das nicht sein“, sagte
sie der taz. Wegen der Verteilung von Flüchtlingen auf die Bundesländer sei
es noch immer viel zu kompliziert, sie etwa bei Verwandten in Deutschland
unterzubringen. „Vor allem an diesem Punkt sind deutliche Erleichterungen
überfällig.“
Eine temporäre Unterbringung bei Privatleuten sei auch keine Patentlösung,
betont Bernd Mesovic von Pro Asyl. „Wir müssen weg von den Provisorien und
Notbehelfen, hin zu dauerhaften Lösungen. Denn ein großer Teil der
Flüchtlinge wird auf Dauer hier bleiben“, prophezeit er.
„Langfristig führt kein Weg daran vorbei, in den sozialen Wohnungsbau zu
investieren“, so Mesovic. Sein Verband habe in letzter Zeit häufiger
Anfragen von Bürgern erhalten, die Flüchtlinge bei sich unterbringen
wollen. „Abraten würden wir niemanden davon", sagte Mesovic der taz,
empfiehlt aber den Abschluss eines Mietvertrages.
## Nur mit Billigung, nur bei Kostenübernahme
Luise Amtsberg, die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, bezeichnet
den Vorstoß von Patzelt als „sehr sympathisch“, sagt aber: „Der Staat tr…
die Verantwortung für die Sicherheit und das Wohlergehen der Flüchtlinge,
er muss für ihre medizinische Versorgung und Angebote wie Sprachkurse
sorgen.“
Menschen, die Flüchtlingen helfen wollen, sollte man aber bestärken, sagt
sie, und fordert ein Konzept zur privaten Aufnahme von Flüchtlingen, um die
rechtlichen Fragen, die damit verbunden sind, zu regeln. „Der Staat sollte
auch Strukturen schaffen, um die Leute zusammenzubringen“, schlägt sie vor.
Mit ihrem CDU-Bundestagskollegen Martin Patzelt will sie sich demnächst
treffen, um sich auszutauschen.
Patzelt selbst hat im vergangenen Jahr zwei nigerianische Frauen und deren
Kinder vom Berliner Oranienplatz kurzzeitig bei sich zu Hause im
brandenburgischen Briesen aufgenommen. Er fordert, die
Verwaltungsvorschriften so zu verändern, dass die Ausländerbehörden den
Lebensunterhalt und die Kosten der Krankenversicherung der Flüchtlinge
übernehmen. Dann würde er wieder Platz zur Verfügung stellen. Dafür plant
Patzelt nach der Sommerpause mit seinen Kollegen im Bundestag ins Gespräch
zu kommen.
26 Aug 2014
## LINKS
[1] /CDU-MdB-ueber-Fluechtlingsunterkuenfte/!144808/
[2] /Fluechtlinge-in-Deutschland/!135290/
## AUTOREN
Erik Peter
Daniel Bax
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