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# taz.de -- CDU-MdB über Flüchtlingsunterkünfte: „Die Betten sind schon be…
> Martin Patzelt schlägt vor, Flüchtlinge privat unterzubringen, während
> der Staat weiter für den Unterhalt aufkommt. Dafür wird er angefeindet.
Bild: Flüchtling in Leverkusen vor einer Sammelunterkunft.
taz: Herr Patzelt, Sie haben [1][vorgeschlagen], dass Privatpersonen
Bürgerkriegsflüchtlinge bei sich zuhause aufnehmen. Was ist die Motivation
für ihren Aufruf?
Martin Patzelt: Die Initialzündung war eine Meldung in der vergangenen
Woche, dass [2][//www.taz.de/Asyl-in-Deutschland/!144236/:Flüchtlinge in
Duisburg jetzt sogar in Zelten untergebracht werden sollen]. Ich habe mir
einfach vorgestellt, wie dann in diesen Massenquartieren, unter diesen
Zuständen, bei den Witterungsbedingungen vor allem auch Kinder ein oder
zwei Jahre leben müssen. Das ist doch eigentlich pervers, vor allem weil es
viele Bürger in Deutschland gibt, die bei sich zuhause ein warmes Zimmer
frei haben. Wenn sich nur 0,1 Prozent der Bewohner in Deutschland dazu
bereit erklären würden, freiwillig natürlich, dann wäre schon 80.000
Flüchtlingen geholfen. Dabei geht es mir vor allem um
Bürgerkriegsflüchtlinge. Bei denen ist die Asylfrage klar. Die bleiben so
lange hier, so lange die Lebensbedingungen bei ihnen unmöglich sind.
Entlassen Sie damit nicht den Staat aus seiner Verantwortung, Flüchtlinge
angemessen und menschenwürdig zu versorgen?
Mir geht es nicht darum die Politik vorzuführen. Sie kann gar nicht mehr
tun. Der Staat schafft nach Kräften annehmbare Quartiere, aber eben auch
mit einer gewissen Hilflosigkeit. Wenn der Druck noch größer wird, werden
wir vielleicht noch mehr Lagerhallen und Turnhallen ausräumen, um Platz zu
schaffen. Aber was ist das für ein Leben? Doch der Staat kann auch nicht
alle Hotelplätze in diesem Land anmieten. Das ist gar nicht finanzierbar
und würde noch mehr politische Unwilligkeit erzeugen. Besser ist es doch,
man teilt die Verantwortung.
Was heißt das konkret?
Mein Vorschlag ist, dass Private im Einvernehmen mit der Ausländerbehörde
Flüchtlingen eine Unterkunft gewähren und der Staat weiter für den
Unterhalt und die Gesundheitsversorgung aufkommt.
Bislang geht das nicht?
Nein. Die Flüchtlinge werden von den Bundesländern vielfach in
Sammelunterkünften untergebracht und unterliegen der Residenzpflicht. Zwar
ist es in einigen Ländern möglich, mit Billigung der Ausländerbehörden,
Flüchtlinge aufzunehmen, aber dann tragen die Bürger, die eine Unterkunft
bereitstellen, die gesamte Verantwortung, inklusive der Krankenbehandlung.
Genauso ist es, wenn wir Ausländer etwa aus Russland einladen. Dann müssen
sämtliche Kosten übernommen werden.
Würden Sie selbst Flüchtlinge bei sich aufnehmen?
Wir dürfen vom Staat nicht mehr verlangen, als wir selbst bereit sind zu
geben. Ohne meine eigene Bereitschaft dürfte ich so einen Vorschlag nicht
machen. In den vergangenen Jahren haben wir bei uns zuhause schon öfter
Studierenden oder Flüchtlingen eine Unterkunft gewährt, auch vom Berliner
Oranienplatz waren zwei Frauen mit drei Kindern eine kurze Zeit bei uns.
Die Betten bei uns sind bezogen, aber noch leer.
Was treibt sie an?
In unser Land kommen Menschen, die alles verloren haben. Die sitzen dann
neben uns in Zelten, und wir fahren in unseren Luxuskarossen vorbei. Das
kann ich nicht akzeptieren. Schon als Oberbürgermeister von Frankfurt an
der Oder habe ich dafür gesorgt, dass Familien mit Kindern in Wohnungen
untergebracht werden und nicht mehr, so wie es die brandenburgische
Vorschrift ist, in Sammelunterkünften. Mir persönlich geht es doch gut.
Dass ich die Möglichkeit habe, Flüchtlinge aufzunehmen, ist für mich ein
Luxus – ein schöner Luxus.
Was sagen sie all jenen, die Angst vor so viel persönlichem Engagement
haben?
Ich will die Menschen mit meinem Vorschlag ermuntern, sie einladen und
niemanden zwingen. Mein Rat ist: Versucht euch in die Situation der
Flüchtlinge hineinzuversetzen. Außerdem kann die Aufnahme von anderen
Menschen auch die eigene Lebensqualität steigern. Das ist doch eine
Bereicherung, in einer Fremdsprache zu kommunizieren und anderen
Mentalitäten zu begegnen. Wenn eine alte Dame allein in ihrer Villa wohnt,
narzisstisch ihre eigene Einsamkeit und Not beweint, kann es doch
eigentlich nichts besseres geben, als Kinderlachen um sich herum zu hören.
Wie wollen Sie ihren Plan weiter verfolgen?
Wir werden vermutlich nächste Woche eine Sondersitzung im Bundestag haben.
Gerade bemühe ich mich, mit einen Kollegen aus dem Menschenrechtsausschuss
in Kontakt zu kommen, um auszuloten, ob wir eine gemeinsame Initiative
starten können. Dann könnten wir an den Innenminister herantreten und ihn
bitten, dass er das auf der Innenministerkonferenz mit seinen Kollegen
verhandelt. Es bräuchte nichts weiter als eine Veränderung der
Verwaltungsvorschriften in den Bundesländern. Dafür müssten die
Innenminister der Länder grünes Licht geben. Ich bin sehr gespannt auf die
Reaktion meiner Kollegen.
Gehen sie davon aus, dass die Reaktionen positiv sein werden?
Ich bin nicht davon überzeugt, dass die meisten meinen Vorschlag mit Freude
gelesen haben. Denn zumindest theoretisch war so ein Vorschlag ja schon
immer denkbar, nur hat ihn keiner gemacht. Man kann der Problematik
natürlich aus dem Weg gehen. Aber es ist etwas anderes, wenn man direkt
damit konfrontiert wird. Wenn man auf der Straße Menschen in Not sieht,
muss man schon völlig ohne Empathie sein, um nicht helfen zu wollen.
Auf ihrer [3][Facebookseite] gibt es viele wütende Kommentare. Hat sie das
erschreckt?
Viele scheinen meinen Vorschlag nicht richtig gelesen zu haben. Ich will
gar nicht mehr Flüchtlinge nach Deutschland holen, sondern mich um die
kümmern, die hier sind. Da werden sehr viele Klischees bedient, es kommen
Wut, Angst und Empörung in einer Diktion zum Ausdruck, dass man persönlich
Angst haben muss. Darüber bin ich entsetzt. Das ist hoffentlich keine
Spiegelung deutscher Mentalität.
Erfahren Sie keine Unterstützung?
Doch, die gibt es auch. Ich bin sehr erfreut darüber, dass mir Leute
schreiben, dass sie Plätze frei haben und sofort zur Flüchtlingsaufnahme
bereit wären. Oder Menschen die sagen, sie hätten eine Unterkunft und
würden die Flüchtlinge auch gerne in ihrem kleinen Betrieb beschäftigen.
Das bringt mich moralisch wieder ein bisschen ins Gleichgewicht.
25 Aug 2014
## LINKS
[1] http://www.martin-patzelt.de/lokal_1_1_124_Presseerklaerung-zur-Situation-v…
[2] http://https
[3] http://www.facebook.com/martin.patzelt.1?fref=ts
## AUTOREN
Erik Peter
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