# taz.de -- EU-Kommissar Günther Oettinger: Nicht happy, aber glücklich | |
> Der CDU-Mann Oettinger soll sich in Jean-Claude Junckers Riege um die | |
> Digitalwirtschaft kümmern. Die Grünen halten ihn für eine Fehlbesetzung. | |
Bild: „Lehrling der digitalen Agenda“: Günther Oettinger. | |
BRÜSSEL taz | Es waren alle schrecklich motiviert in der EU-Kommission. | |
„Ich habe ein Gewinnerteam aufgestellt, jetzt kann Europa wieder | |
durchstarten“, verkündete Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. „Ich | |
bin nicht happy, aber glücklich“, jubelte Günther Oettinger, der vom | |
Energiekommissar zum Ressortleiter für die „europäische Digitalwirtschaft“ | |
mutiert. | |
Ressortleiter ist natürlich nicht sein richtiger Titel, Oettinger ist und | |
bleibt EU-Kommissar. Aber wie fast alle in Junckers Team bekommt er einen | |
Aufseher – Pardon: Koordinator – zur Seite gestellt. Der liberale Politiker | |
Andrus Ansip aus Estland wird Vizepräsident für den „digitalen Binnenmarkt�… | |
– und ist damit direkt für Oettingers neue Domäne zuständig. | |
Ähnlich läuft das beim Euro, bei der Energie und beim Arbeitsmarkt: Juncker | |
hat den Fachkommissaren insgesamt sieben neue Vizepräsidenten zugeordnet. | |
Damit soll die neue EU-Kommission effizienter und politischer werden, so | |
Juncker. In einer „komplexen und gefährlichen Welt voller geopolitischer | |
Herausforderungen“ – gemeint ist wohl die Ukraine – müsse Brüssel anders | |
arbeiten als bisher. | |
Wie das konkret aussehen soll, weiß niemand so genau. Auch Oettinger hat | |
offenbar noch Zweifel. Es sei zwar richtig, Kompetenzen zu bündeln und | |
Schwerpunkte zu bilden. Die „Hauptverantwortung“ fürs Digitale sieht | |
Oettinger aber bei sich und nicht bei Ansip. Das hätten ihm sowohl | |
Kanzlerin Angela Merkel als auch Juncker gesagt. „Ich gehe mit Rückenwind | |
in den neuen Job“, sagt der CDU-Politiker. „Ich bin hochmotiviert.“ | |
## „Zeitung lese ich immer noch auf Papier“ | |
Tatsächlich gehört die Digitalwirtschaft zu den Schwerpunkten sowohl in | |
Berlin wie auch in Brüssel. Im Koalitionsvertrag und im Arbeitsprogramm der | |
neuen EU-Kommission steht sie ganz weit oben. Aber ist Oettinger auch der | |
richtige Mann fürs Internet? „Ich bin kein Digital Native, die Zeitung lese | |
ich immer noch auf Papier“, räumt er ein. Aber mit dem iPhone könne er | |
umgehen. Und dann sei da ja noch sein Sohn, „mein bester Lehrer“. | |
Das klingt nach Nachholbedarf. Umso größer sind die Ziele, die sich der | |
neue Internet-Kommissar gesteckt hat. Er will sich um Infrastruktur und | |
Regulierung kümmern und neue „digital champions“ schaffen. Auf Nachfrage | |
wird es allerdings gleich wieder vage. Ein europäisches Google? Das könne | |
man nicht aus dem Hut zaubern, erst einmal gehe es um mehr Wettbewerb. Die | |
Netzneutralität? „Das war und ist ein Ziel.“ Aber man müsse prüfen, ob es | |
eine „absolute oder abgestufte“ Neutralität sein soll. | |
## Erstmal Schonzeit | |
Er bitte um 100 Tage Schonzeit. Doch die wird er nicht bekommen. Im | |
Europaparlament, das der neuen EU-Kommission zustimmen muss, erwarten | |
Oettinger harte Attacken bei den anstehenden Anhörungen. Zwar bekam er | |
Rückendeckung von Christ- und Sozialdemokraten: „Die Digitalwirtschaft ist | |
ein ganz großer Pfeiler, es ist erst mal positiv, dass Oettinger das | |
übernommen hat“, sagte die SPD-Europaabgeordnete Martina Werner. | |
Doch die Grünen fuhren gleich ganz großes Geschütz auf. Günther Oettinger | |
sei die größte Fehlbesetzung in Jean-Claude Junckers Team, kritisierte | |
Datenschutzexperte Jan Philipp Albrecht. „Weder hat der frühere | |
Energiekommissar Erfahrung in diesem Bereich, noch hat er klare | |
Vorstellungen davon, wie die digitale Transformation zu bewältigen ist“, | |
sagte er. Oettinger sei ein „Lehrling der digitalen Agenda“, pflichtete | |
Grünen-Fraktionschefin Rebecca Harms bei. „Der muss erst noch | |
alphabetisiert werden.“ | |
10 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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