# taz.de -- Kommentar EU-Kommission: Eine einzige Enttäuschung | |
> Juncker stülpt der EU-Kommission eine neue Fassade über. Das sieht zwar | |
> hübsch aus. Doch was genau getan werden soll, bleibt sein Geheimnis. | |
Bild: Unter schlechtem Licht: Jean-Claude Juncker. | |
BRÜSSEL taz | Die Europäische Union steckt in der schlimmsten Krise ihrer | |
Geschichte, Europa droht wegen der anhaltenden Wirtschaftsmisere ein | |
verlorenes Jahrzehnt. Da war es ein Hoffnungszeichen, dass mit Jean-Claude | |
Juncker ein erfahrener Politiker zum Kommissionschef gewählt wurde. Juncker | |
versprach zwar nicht den nötigen Politikwechsel, aber immerhin einen Umbau | |
der mächtigen EU-Bürokratie. | |
Doch das Team, das der Luxemburger nun zusammengestellt hat, ist eine | |
Enttäuschung. Es bricht nicht mit den überkommenen Strukturen der | |
EU-Kommission, sondern stülpt ihnen nur eine neue Fassade über. Die sieht | |
zwar hübsch aus – Juncker hat wohlklingende Schwerpunkte gebildet wie „Euro | |
und Sozialdialog“ oder „Jobs, Wachstum, Investitionen“ –, doch wie die | |
umgesetzt werden, bleibt sein Geheimnis. | |
Denn die neuen Arbeitsbereiche, die die Brüsseler Behörde wie eine echte | |
Regierung aussehen lassen, werden von mehreren Kommissaren mit unklaren, | |
teils doppelten Zuständigkeiten betreut. Neben den Fachkommissaren, die die | |
Arbeit machen, stehen Vizepräsidenten, die Juncker berichten und dafür | |
sorgen sollen, dass seine Vorgaben in die Praxis umgesetzt werden. | |
Das führt zu Verwirrung – und könnte in Enttäuschung münden. Denn wer ist | |
denn nun für den Euro zuständig – Vizepräsident Dombrovskis oder der neue | |
Wirtschaftskommissar Moscovici? Wer betreut das Internet – der Este Ansip | |
oder der Deutsche Oettinger? Oder ist am Ende Juncker der große Zampano, | |
der über alles allein entscheidet? Wird Oettinger zum Bildschirmschoner? | |
Das wird wohl erst die Praxis zeigen. | |
Noch irritierender ist Junckers Entscheidung, den Bock zum Gärtner zu | |
machen. Der Franzose Moscovici muss künftig seinen eigenen Landsleuten die | |
Leviten lesen und Sparprogramme vorschreiben. Der Brite Hill soll den | |
Finanzplatz London überwachen und die Finanzmärkte regulieren. Ausgerechnet | |
ein Grieche wird für Migration zuständig sein. Die Grünen sprechen von | |
einer Provokation, und sie haben völlig recht. | |
Offenbar hat Juncker bewusst Kontrapunkte gesetzt – in der Hoffnung, Länder | |
wie Griechenland, Frankreich oder Großbritannien auf Kurs zu bringen. Doch | |
wichtiger wäre es, den Kurs der EU zu ändern. Nach der neoliberalen | |
Barroso-Ära sind soziale und ökologische Akzente überfällig. Wird Juncker | |
auch diese Provokation wagen und die EU-Politik umkrempeln? Das ist die | |
entscheidende Frage. Sein neues Team hat sie nicht beantwortet. | |
10 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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