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# taz.de -- Neues Bundeswehr-Gutachten: Ein Raummeter Kritik
> Die Berater von KPMG finden im Verteidigungsministerium unzureichende
> Rüstungsverträge. Gegen lange Verzögerungen gab es kaum Absicherung.
Bild: Sooooo viel Kritik steckt in der Bundeswehr-Analyse der Beraterfirma, wil…
BERLIN taz | Es war kein angenehmer Termin für Ursula von der Leyen (CDU).
Die Bundesverteidigungsministerin nahm am Montag öffentlich ein Gutachten
entgegengenommen, in dem steht, wo und warum es in ihrem Arbeitsbereich
hakt. Und das in einer Situation, in der Militärflugzeuge am Boden bleiben
müssen und die Hubschrauber der Bundeswehr in der Werkstatt sind, während
die Politik über material- und personalaufwändige Bundeswehr-Einsätze an
den Konfliktherden der Erde diskutiert.
Ursula von der Leyen gab sich am Montag mittag dennoch pragmatisch. Sie
nehme hier „einen Raummeter an wertvollen Hinweisen“ entgegen, sagte sie
vor der Presse. Es gehe schließlich um Investitionssummen von ingesamt 57
Millionen Euro. Das Gutachten sei nötig geworden, weil sie bei ihrem
Amtsantritt „viele offene Fragen hatte, die mir nicht im Hause beantwortet
werden konnten“. Deshalb brauche es den Blick von außen, der die
Schwachstellen und den Handlungsbedarf aufzeigt. Vor ihrem Haus lägen
Wochen und Monate mit einer „harten Management-Aufgabe“.
Es sind die Sätze einer Chefin, die ihren eigenen Leuten nicht über den Weg
traut. Das Gutachten selbst gibt ihr da recht. Insgesamt haben die Experten
massive Verzögerungen und Verteuerungen bei den neun größten
Rüstungsprojekten der Bundeswehr festgestellt. Demnach haben sich alle neun
untersuchten Projekte um zweieinhalb bis zehn Jahre verzögert. Fast alle
werden im Laufe der kommenden Jahre noch teurer. Teilweise liegen die
zusätzlichen Kosten im Milliardenbereich.
Konkret empfiehlt die Unternehmensberatung KPMG dem Ministerium, sich rasch
um eine Einigung mit Airbus zu bemühen. Geprüft worden waren unter anderem
die Beschaffung des Kampfjets Eurofighter, des Transportflugzeugs A400M
sowie der Hubschrauber Tiger und NH90. Sie alle werden von dem europäischen
Luftfahrtkonzern hergestellt und werden oder wurden mit langen
Verzögerungen ausgeliefert. Ministerium und Industrie sollten nun gemeinsam
zeitnah und zügig nach einer Lösung suchen, so der Rat der
Unternehmensprüfer.
## Kein „Weiter-so“
Die Opposition sparte nicht mit Kritik an der Ministerin. Agnieszka
Brugger, sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen, sagte, die Ministerin
müsse nun die Empfehlungen der Gutachter umsetzen und nicht wieder nur
reine Ankündigungspolitik betreiben. „Es muss Schluss sein mit einer Kultur
des Weiter-so, bei der Risiken übersehen, schöngeredet und verschleiert
werden.“
Linke-Fraktionschef Gregor Gysi forderte ein grundsätzliches Umdenken. Die
Bundeswehr stelle sich auf als Interventionsarmee, doch dafür sei die
Technik nicht ausreichend. „Die eigentliche Aufgabe ist die Landes- und
Bündnisverteidigung“, sagte Gysi.
Nicht einmal der Koalitionspartner sparte mit Kritik. SPD-Generalsekretärin
Yasmin Fahimi erklärte nach der Gremiensitzung im Willy-Brandt-Haus: „Mit
dem heutigen Tage ist die Zeit der Ausreden für Ursula von der Leyen
vorbei.“ Nun, da das Gutachten vorliege, müsse die Ministerin zeigen, ob
sie das „Chaos bei der Bundeswehr“ in den Griff bekomme. „Offensichtlich
ist es den letzten vier Unions-Verteidigungsministern nicht gelungen, die
Truppe in Schuss zu halten.“ Transportflugzeuge, „die ständig ausfallen,
sind gelinde gesagt eine Schande“, meinte die Generalsekretärin.
An diesem Dienstag ist von der Leyen erneut Thema. Der Koalitionsausschuss
von Union und SPD wird sich unter anderem mit der Außen- und
Verteidigungspolitik befassen.
6 Oct 2014
## AUTOREN
Anja Maier
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