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# taz.de -- Hofreiter kritisiert von der Leyen: Substanzlose Ankündigungspolit…
> Grünen-Chef Hofreiter fordert die Verteidigungsministerin auf, gegen die
> Rüstungsindustrie vorzugehen. Ein Gutachten hatte gravierende Mängel
> aufgedeckt.
Bild: Soll Konsequenzen ziehen, findet Anton Hofreiter (Grüne): Ursula von der…
OSNABRÜCK/BERLIN afp/rtr | Angesichts der Mängel bei Rüstungsprojekten der
Bundeswehr hat Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen (CDU) aufgefordert, gegen die Rüstungsindustrie „hart
durchzugreifen“. Die Ministerin müsse Konsequenzen ziehen und ihre
„substanzlose Ankündigungspolitik“ beenden, sagte Hofreiter der Neuen
Osnabrücker Zeitung (Dienstagsausgabe). „Eine Rüstungsindustrie, die
diktiert, was gekauft werden soll – das kann und darf nicht sein“, sagte
der Grünen-Politiker.
Externe Gutachter hätten bestätigt, dass im Verteidigungsministerium bei
der Beschaffung von Rüstungsgütern Chaos herrsche. „Die Studie offenbart
alt Bekanntes: Ineffiziente Strukturen und schlechte Verträge mit der
Industrie“, fügte Hofreiter hinzu.
Ein externes Gutachten der Rüstungsprojekte hatte gravierende Mängel
aufgedeckt. Es ergab, dass alle neun untersuchten Projekte zwischen
zweieinhalb und neun Jahren Verspätung haben. Sieben der neun Vorhaben
wurden zudem deutlich teurer als geplant – teilweise im Milliardenbereich.
Zudem waren die gelieferten Produkte oft mit Mängeln behaftet.
Zu den begutachteten Vorhaben gehören beispielsweise der Transportflieger
A400M oder der Schützenpanzer „Puma“. Die neun Projekte machten knapp 57
Milliarden Euro oder rund zwei Drittel des Gesamtvolumens der
Rüstungsinvestitionen aus.
## Zusätzliche Hubschrauber von Airbus
Unmittelbar nach der Vorstellung des Gutachtens, das von der Leyens Haus
massives Missmanagement bei zentralen Wehrprojekten bescheinigt, wurden am
Montag erste Weichenstellungen bekannt. So erwägt die Ministerin offenbar
den Kauf zusätzlicher Kampf- und Transport-Hubschrauber von Airbus, wie aus
Regierungskreisen verlautete. Der Rahmenvertrag für das Geschäft könne in
den kommenden Monaten fertiggestellt werden. Von der Leyen würde damit eine
Entscheidung ihres Vorgängers Thomas de Maiziere revidieren, der die Zahl
der Hubschrauber-Bestellungen im Zuge des Truppenabbaus stark
zusammengestutzt hatte.
Die seit langem erwartete Entscheidung über die Zukunft des
milliardenschweren Luftabwehrsystems Meads wird indes erneut verschoben.
Sie solle nun nach der Klärung offener juristischer und technischer Fragen
frühestens 2015 fallen, hieß es. Das System sollte ursprünglich die
alternden Patriot-Batterien ersetzen, nach dem Absprung der USA ist die
Zukunft des Projekts jedoch unklar. Der bis vor kurzem mit technischen
Mängeln kämpfende Schützenpanzer „Puma“ sei dagegen inzwischen abnahmere…
hieß es. Die Bundeswehr hat 350 der Kettenfahrzeuge bestellt, die von
Rheinmetall und KMW gebaut werden.
Zugleich steckte das Verteidigungsministerium seine Position in der Debatte
über Schlüsseltechnologien der Wehrindustrie ab, deren Erhalt in
Deutschland gesichert werden soll: Für die Armee sei der Zugriff auf
Verschlüsselungstechnologie und Sensorik aus deutscher Herstellung
unverzichtbar, hieß es. Auf andere Sparten, die gewöhnlich zu den deutschen
Schlüsseltechnologien gezählt werden, legt das Ministerium indes keinen
allzu großen Wert. Beim Bau von Handfeuerwaffen, U-Booten und gepanzerten
Fahrzeugen sei Deutschland zwar Weltmarktführer. Dieses Gerät könne sich
die Bundeswehr aber auch im Ausland beschaffen.
Weil Wirtschafts- und Außenministerium aus anderen Gründen allerdings
durchaus ein Interesse am Erhalt dieser Sparten in Deutschland haben
könnten, müsse die Regierung nun intern darüber beraten, ob diese Bereiche
zu den Schlüsseltechnologien gezählt werden sollten oder nicht. Auch die
Einordnung als Schlüsseltechnologie bedeute jedoch keinen Freifahrschein
für den Export der entsprechenden Rüstungsgüter, hieß es im
Verteidigungsministerium. Auch solle nicht der Erhalt einzelner Unternehmen
in Deutschland geschützt werden, sondern die Technologie an sich. Die
deutsche Rüstungsindustrie steht unter Druck, weil Wirtschaftsminister
Sigmar Gabriel Waffenexporte restriktiver handhabt als seine Vorgänger.
## Bewährungsprobe für die Ministerin
Der Umgang mit den heiklen Rüstungsprojekten gilt als militärische
Bewährungsprobe für von der Leyen. Kritiker warfen der CDU-Politikerin
bisher vor, sie widme sich zu sehr weichen Themen wie der Attraktivität der
Streitkräfte und meide heikle Militärthemen wie die Rüstung. Kurz nach
ihrem Amtsantritt hatte die Ministerin den damaligen Rüstungsstaatssekretär
gefeuert und später eine Unternehmensberatung mit der Überprüfung der neun
zentralen Rüstungsprojekte der Bundeswehr mit einem Volumen von 57
Milliarden Euro beauftragt.
Das Urteil der Prüfer über das bisherige Rüstungsmanagement fiel allerdings
ebenso wenig schmeichelhaft aus wie die Analyse der Ministeriumsspitze
dazu. Angeprangert wurde etwa die Praxis, Wehrvorhaben absichtlich zu
billig anzusetzen, um dem Bundestag mit geschönten Zahlen die Genehmigung
dafür abzuringen. „Schon am Anfang besteht der Kardinalfehler darin, dass
man sich schlank lügt, um durch den Haushaltsausschuss zu kommen“,
verlautete aus dem Ministerium.
Statusberichte würden auf dem langen Weg hinauf ins Ministerium oft so
stark geschönt, dass Probleme am Ende kaum mehr herauszulesen seien. Die
Experten „im Maschinenraum“ des Beschaffungsamtes sollten daher künftig ein
Vortragsrecht bei Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder erhalten, hieß es
im Ministerium. Von der Leyens Vorgänger de Maiziere hatte erst vor einigen
Jahren das System der Rüstungsbeschaffung geändert. Seine Reform sei
richtig gewesen, habe sich aber noch nicht durchgesetzt, hieß es im
Ministerium: „Die Strukturen sind verändert, aber die Kultur noch nicht.“
Der Grünen-Haushaltsexperte Tobias Lindner warf der Ministerin vor, die
Beseitigung bekannter Probleme mit dem Gutachten zu verschleppen. „Frau von
der Leyen kann sich ab jetzt nicht mehr hinter Prüfungen verstecken“, sagte
er. „Wir erwarten von ihr nun Entscheidungen.“ Mit Blick auf die
sicherheitspolitische Lage drang auch der CDU-Politiker Henning Otte auf
rasches Handeln. Der Vorsitzende des Wehrausschusses, Hans-Peter Bartels,
forderte die Ministerin in der ARD auf, Schadenersatzforderungen gegen
Airbus zu prüfen.
Der europäische Konzern verwies indes auf eigene Verluste mit
Rüstungsprojekten in Milliardenhöhe und versicherte, man sei ebenso an
einer besseren Rüstungsbeschaffung interessiert wie die Bundeswehr.
„Vorwürfe, Forderungen und Gegenforderungen allein bringen keine
Verbesserung“, sagte ein Airbus-Sprecher. „Sacharbeit und Zusammenarbeit
sind jetzt das Gebot der Stunde.“
7 Oct 2014
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