| # taz.de -- Generaldebatte im Bundestag: Okkulte Rituale und grauer Nebel | |
| > Bei der Generalaussprache zur Haushaltswoche geht die Opposition | |
| > pointiert mit der Großen Koalition ins Gericht. An Kanzlerin Merkel | |
| > prallt all das ab. | |
| Bild: Sahra Wagenknecht redet? Na, da kann die Kanzlerin ja in Ruhe die Tasche … | |
| BERLIN taz | Die Kanzlerin erschien in Schwarz-Grün. Pünktlich um neun Uhr, | |
| zum Beginn der Generalaussprache des Bundestags, nahm sie vorne auf der | |
| Regierungsbank platz, kruschtelte noch etwas in ihrer weitläufigen | |
| Handtasche – und dann ging es auch schon los. Ans Rednerpult trat Sahra | |
| Wagenknecht als Oppositionsführerin; Angela Merkel fing daraufhin an, in | |
| ihrem Redemanuskript zu blättern. So gehört sich das zwischen Regierung und | |
| Opposition. | |
| Die Generalaussprache, auch Elefantenrunde genannt, ist das Schaulaufen des | |
| Parlamentarismus. Erst recht in jener Haushaltswoche, an deren Ende die | |
| Große Koalition einen ausgeglichenen Haushalt verabschieden will. Am | |
| Mittwoch genehmigte sich das Parlament deshalb vier Stunden Zeit, um der | |
| interessierten Öffentlichkeit seine Sicht auf die aktuelle Politik zu | |
| präsentieren. | |
| In ihrer Auftaktrede teilte Sahra Wagenknecht kräftig aus. Sie fragte die | |
| Kanzlerin, wie sie auf ihre Politik „auch noch stolz sein“ könne. Nach wie | |
| vor sei Deutschland ein reiches, aber gespaltenes Land. Statt Armut zu | |
| bekämpfen und in die Zukunft zu investieren, operiere Schwarz-Rot mit | |
| Taschenspielertricks, Merkel vollziehe „okkulte Opferrituale vor ihrer | |
| neuen Göttin, der schwarzen Null“. | |
| Die Kanzlerin sah das erwartungsgemäß anders. Der ausgeglichene Haushalt | |
| könne „gar nicht hoch genug angesehen werden“, sagte sie. Das Ziel, keine | |
| neuen Schulden mehr zu machen, sei angesichts guter Wirtschaftsdaten | |
| „realistisch“. | |
| In ihrer vierzigminütigen Rede schritt die Kanzlerin die Konfliktfelder der | |
| Innen- und Außenpolitik ab. Zur Russland-Krise fand sie ungewöhnlich | |
| deutliche Worte. Präsident Wladimir Putin breche fortgesetzt | |
| internationales Recht, sagte sie. Zwar werde man weiter im Gespräch bleiben | |
| – „militärisch ist dieser Konflikt nicht zu lösen“. | |
| Aber es bleibe bei der Unterstützung der Ukraine und bei den | |
| wirtschaftlichen Sanktionen. Merkel kündigte an, zügiger als bisher das | |
| Freihandelsabkommen TTIP zu verhandeln. Beim G-20-Gipfel habe sie mit | |
| US-Präsident Barack Obama „die absolute Priorität von TTIP“ besprochen – | |
| der Welthandel warte nicht auf Europa. | |
| ## „Diffuser, grauer Nebel“ | |
| Munter war diesmal die Rede von Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Wenn | |
| er ihr zuhöre, ging er die Kanzlerin an, sehe er „nur diffusen, grauen | |
| Nebel“. Rentengeschenke, Kohlekraftwerke und die Maut seien keine | |
| Instrumente, um die Zukunft zu sichern, sagte Hofreiter. „Schmeißen Sie | |
| einfach Ihren Koalitionsvertrag weg, machen Sie einen neuen – Sie haben ja | |
| noch drei Jahre.“ | |
| Als er namens der Grünen Ökologie, Bildung, Chancengleichheit und gute | |
| Pflege forderte, hob der SPD-Fraktionschef reflexhaft die Hände zum | |
| Applaus. So vertraut war ihm offenbar das grüne Vokabular. „Du darfst ruhig | |
| klatschen“, rief Hofreiter ihm zu, „wenn ihr endlich mal in die Puschen | |
| kommt, könnte das noch was werden mit euch.“ | |
| Hofreiter geißelte das „Heulsusen-Konzert“ der CDU beim Thema Frauenquote. | |
| Die Vorstellung, Frauen könnten eine Belastung für Unternehmen sein, nannte | |
| er „seltsam“. Den zustimmenden Applaus aus der SPD-Fraktion quittierte der | |
| Grünen-Fraktionschef amüsiert: „Vielen Dank, liebe SPD! Es wird immer | |
| besser.“ | |
| 26 Nov 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Anja Maier | |
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