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# taz.de -- Kritik am Fracking-Gesetz: Löchrig wie Schweizer Käse
> Umweltverbände und Parteien im Norden sind mit dem Bundesgesetz zum
> Fracking nicht zufrieden. Darin fehlen entscheidende Punkte.
Bild: Kein Bock auf Fracking: Die Umweltverbände und Parteien im Norden.
KIEL taz | Schon die ersten Reaktionen waren verhalten. Aber auch nach
einer eingehenden Prüfung sind die Erwartungen nicht besser:
Umweltverbände, aber auch politisch Verantwortliche in Norddeutschland
befürchten Schlimmes, sollte der Gesetzesentwurf zum Fracking, den
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) vorgelegt hat, in der
jetzigen Form durchkommen.
Die schärfste politische Kritik formuliert Schleswig-Holsteins
Umweltminister Robert Habeck (Grüne): Das Gesetz sei „löchrig wie ein
Schweizer Käse“. Die Fördermethode, bei der Flüssigkeiten in den Boden
gepresst werden, um Gas oder Öl freizusetzen, ließe sich damit „nicht
verhindern“.
Anti-Fracking-Gruppen sehen in Schleswig-Holstein wie Niedersachsen die
Landespolitik mit in der Verantwortung: „Es ist ein
Fracking-Erlaubnisgesetz“, sagt Reinhard Knof, Sprecher der
„Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager“.
Besonders für die Grünen, die in beiden Ländern mitregieren und die
Umweltminister stellen, ist die Lage schwierig. Auf einem Parteitag in
Niedersachsen stimmten sie für ein generelles Verbot – Minister Stefan
Wenzel aber muss an den sozialdemokratischen Regierungspartner denken.
So lehnte Wenzel im Landtag nur die unkonventionelle Förderung ab, die sich
von „konventionellen“ durch die Art der verwendeten Substanzen und die
betroffenen Bodenschichten unterscheidet.
In Kiel wirft die oppositionelle CDU dem Grünen daher „Unredlichkeit“ vor:
„Er tut in seiner Kritik am Bundesgesetz so, als habe er stets ein
generelles Verbot gefordert – aber das hat er nie“, sagt der
Landtagsabgeordnete Heiner Rickerts.
Niedersachsen hat deutschlandweit die größten unterirdischen
Erdgas-Lagerstätten und jahrzehntelange Erfahrung mit dem Abbau, auch durch
Fracking: Über 300-mal wurden in den vergangenen Jahrzehnten Flüssigkeiten
in den Untergrund gepresst, um das im Gestein festsitzende Gas zu
erschließen.
Seit 2011 werden aber alle Anträge abgelehnt: Die Landespolitik führt mit
der Wirtschaft und den Umweltschutzverbänden Verhandlungen, an deren Ende
ein Landeserlass stehen soll. Fertig ist der noch nicht – „vermutlich, weil
man auf die Vorlage des Bundes wartet“, nimmt Stefan Ott vom BUND
Niedersachsen an. Die Lage sei zurzeit „ziemlich unübersichtlich“.
Dabei hatte Ministerin Hendricks ihr Gesetz in einem Zeitungsinterview als
Durchbruch angekündigt: „Wir werden die strengsten Regeln einführen, die es
weltweit für diese Gasfördertechnik gibt.“ Grundwasserschutz und Sicherheit
sollen „absolute Priorität“ haben.
Aber eben hier zweifeln Kritiker, die längst nicht nur in den Reihen der
Grünen, Linken oder Piraten zu finden sind: So macht sich der
niedersächsische CDU-Abgeordnete Andreas Mattfeldt Sorgen um das sogenannte
Lagerstättenwasser, das immer mit austritt, wenn Gas oder Öl aus
wasserhaltigen Bodenschichten gepresst werden.
Das Bergbauamt in Clausthal-Zellerfeld, die zuständige Behörde sowohl für
Niedersachsen wie Schleswig-Holstein, stuft dieses Wasser als „natürlichen
Bestandteil“ ein, Mattfeld nennt es „hochgradig benzol- und
quecksilberbelastet“.
Anti-Fracking-Aktivist Reinhard Knof stimmt zu: „Das Lagerstättenwasser ist
unser größtes Problem.“ Dafür sorgt allein die schiere Menge: 760.000
Kubikmeter fielen im Jahr 2010 bei Bohrungen allein in Niedersachsen an.
Ein Schwimmbecken fasst 2.000. Wasser tritt immer aus, egal ob das Fracking
„konventionell“ oder „unkonventionell“ angewendet wird.
Und ein weiteres Thema wird im Bundesgesetz nicht einmal erwähnt – und ist
damit nach Ansicht des Fracking-Kritikers Knof erlaubt: Das Fracken zur
Öl-Gewinnung. „Schleswig-Holstein ist Ölland, Gas spielt kaum eine Rolle“,
sagt Knof. An diesem Punkt wird auch die CDU etwas vorsichtig: Wie man sich
dazu positioniere, „prüfen wir noch“, teilt sie mit.
27 Nov 2014
## AUTOREN
Esther Geisslinger
## TAGS
Fracking
Umweltschutz
Gasförderung
Schleswig-Holstein
Niedersachsen
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