# taz.de -- Netzneutralität in Deutschland: Eine 0 für eine 1 ausgeben | |
> Die Bundesregierung will die Gleichbehandlung beim digitalen | |
> Datentransfer. Aber profitable Spezialdienste haben dann doch Vorrang. | |
Bild: Alles Nullen und Einsen: Aber welche kommen schneller an? | |
BERLIN taz | Netzneutralität – ja bitte. Aber gleichzeitig auch | |
Spezialdienste, die das Prinzip der Netzneutralität – wonach Provider alle | |
über das Internet transportierten Datenpakete gleich behandeln – aushebeln. | |
Diesen Spagat versucht die Bundesregierung in einem [1][Positionspapier, | |
das zuerst das Portal Netzpolitik.org veröffentlicht hat]. Bereits in der | |
vergangenen Woche hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf einer | |
Vodafone-Konferenz gegen Netzneutralität ausgesprochen. | |
Das Prinzip der Netzneutralität ist derzeit nicht gesetzlich verankert. In | |
einer Novelle des Telekommunikationsgesetzes von 2012 gibt es lediglich | |
eine Kann-Regelung für eine Verordnung. Dementsprechend wird das Prinzip | |
nicht in allen Tarifen eingehalten. Etwa wenn Mobilfunkanbieter einzelne | |
Dienste für das Streaming von Musik nicht auf das monatliche Datenvolumen | |
anrechnen. | |
Doch die Bundesregierung will die Ungleichbehandlung per Gesetz einführen: | |
Nutzer sollten zwar ein „Recht auf diskriminierungsfreie Datenübertragung“ | |
bekommen, heißt es in dem Entwurf. „Zusätzlich soll die Erbringung von | |
sogenannten Spezialdiensten parallel zum offenen Internet unter klaren | |
Maßgaben zulässig sein.“ | |
Als Bedingung werden werden unter anderem „ausreichende Netzkapazitäten“ | |
genannt und der Ausbau des Netzes. Was im Zweifelsfall ausreichend ist, | |
müssten dann Regulierungsbehörden entscheiden, die über die Einhaltung der | |
Vorgaben wachen sollen. | |
## Lobbypolitik geht vor | |
„Was uns als ausgewogener Kompromiss zwischen den Interessen der | |
Netzgemeinde und der Wirtschaft verkauft werden soll, ist nichts weiter als | |
eine Blaupause für den Umbau des offenen Internets in ein Zweiklassennetz“, | |
kritisiert Alexander Sander, Geschäftsführer des Vereins Digitale | |
Gesellschaft. Der Entwurf bediene vor allem die wirtschaftlichen Interessen | |
der Provider. Konstantin von Notz, netzpolitischer Sprecher der Grünen, | |
kritisiert eine „Lobbypolitik zugunsten weniger großer Konzerne und | |
zulasten der demokratischen Struktur des Netzes“. | |
Die Kritiker befürchten unter anderem, dass kleine Unternehmen, Start-ups, | |
Vereine, NGOs oder Privatanbieter mit ihren Inhalten nicht mehr zum | |
Interessenten durchkommen, wenn die Inhalte von finanzstarken | |
Diensteanbietern bevorzugt transportiert oder nicht auf das Datenvolumen | |
angerechnet werden. | |
Zuletzt hatte sich US-Präsident Barack Obama für die Netzneutralität | |
ausgesprochen. Das EU-Parlament hatte im Frühjahr ebenfalls dafür gestimmt. | |
Ein Verordnungsentwurf der EU-Kommission von 2013 sah dagegen vor, den | |
bevorzugten Transport von Daten zu erlauben. | |
Die nun bekannt gewordene Position der Bundesregierung ist ihre Basis für | |
die Diskussionen auf EU-Ebene: Dort verhandelt der Ministerrat über eine | |
gemeinsame Regelung, die in einer gesetzlichen Grundlage münden könnte – | |
für oder gegen die Netzneutralität. | |
7 Dec 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://netzpolitik.org/wp-upload/Informationen-zur-Netzneutralit%C3%A4t.pdf | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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