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# taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: Rückruf von Frau Dingens
> Der eine kommuniziert nur per verschlüsselter SMS, die andere nur via
> Skype. Sollten die vielen Netze um uns nicht alles einfacher machen?
Bild: Ein Kanal für jeden Kommunikationspartner. Passt.
Ping. Brrt. Surr. Palim. Alles hintereinander. Zwei Direct-Messages auf
Twitter, drei SMS, sieben neue Mails, ein Anruf in Abwesenheit auf dem
Festnetz, zwei auf dem Handy. Und das alles, bevor ich auch nur die
Kaffeetasse auf dem Küchentisch abgestellt habe.
Es ist mal wieder eine dieser Wochen, in denen ich der taz fremdgehe. Für
einen anderen Auftraggeber ein Magazin plane. Was bedeutet: Küchentisch
statt Großraumbüro, volle inhaltliche Konzentration statt ständiger
Konferenzen. Vor allem aber: einen Sack voll freier Kollegen koordinieren.
Dezentral. Beziehungsweise: von meinem Küchentisch aus.
Das ist der Grund, weshalb mein Smartphone geschäftig vor sich hin
geräuscht, noch bevor ich die erste Tasse Kaffee auf den Tisch gestellt
habe.
Und so geht es auch weiter: Während ich mit dem einen skype und die andere
mich darum bittet, ihr nur verschlüsselte Mails zu schicken, erklärt mir
jemand Drittes, dass der von mir vorgeschlagene Cloud-Dienst für die
Übertragung von großen Dateien auf ihrem Rechner nicht funktioniert und sie
einen anderen nutzt – der wiederum bei mir buckelt, so dass wir noch drei
Mal hin- und hersimsen müssen, bis ich das frisch geführte Interview dann
tatsächlich auch auf den Bildschirm geladen habe.
Parallel dazu wartet eine Autorin darauf, dass ich ihr online Kommentare zu
ihrem Manuskript in ein Doc poste. Und ich warte eigentlich dringend auf
den Rückruf eines potenziellen Interviewpartners. Der, wie sich dann
herausstellt, leider im Urlaub im Süden ist. Was in einer der
Direct-Messages auf Twitter stand. Die ich erst eine halbe Stunde später
gelesen habe. Einfach kurz vergessen. Weil eine Freundin mir eine
Verabredung für Freitagabend zugesagt hatte. Huch, Privatleben. Gibt’s ja
auch noch. Schnell in den Kalender notieren, sonst rutscht mir das auch
noch durch …
Und so jongliere ich in der Woche mal wieder – für fast jeden meiner
Kommunikationspartner auf einem separaten Kommunikationskanal. Hier neu
anmelden, dafür das alte Passwort erinnern – und vor allem auf dem Schirm
haben, wen ich jetzt am besten auf welchem Weg erreiche. Keine Sorge, ich
kriege das schon alles hin. Nur manchmal frage ich mich, was eigentlich mit
dem Versprechen geworden ist, dass dank der Netze, die uns umschwirren,
alles zwangsläufig einfacher und bequemer wird.
Natürlich ist der Kanalwust, über den ich mich beschwere, ein absolutes
Luxusproblem. Auf keinen Fall will ich zurück in eine Zeit, in der
Journalisten Tickermeldungen als lange Papierstreifen aus einem Drucker
zogen. Oder als man in Büros öde Ewigkeiten damit verbrachte, auf den
Rückruf von Herr oder Frau Dingens zu warten, die schon seit Stunden
angeblich zu Tisch, in einer ganz wichtigen Besprechung oder
Weiß-der-Geier-Wo waren. Zumindest, wenn man der immer wieder wiederholten
Auskunft ihres Vorzimmerpersonals glaubte.
Dann schon lieber – brrt – Moment, ich muss kurz … Oh. Aha. Sorry, da muss
ich mich kurz zurückmelden.
Pause.
Pause.
Pause.
Smartphone weglegen.
Worüber hatten wir gerade gesprochen?
26 Jun 2015
## AUTOREN
Meike Laaff
## TAGS
Kommunikation
Digitale Medien
Mobilfunk
Netzneutralität
Offline
Bundeswehr
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