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# taz.de -- Kommentar EU und Terrorabwehr: Mutlose Außenminister
> Die EU will stärker mit der arabischen Welt kooperieren. Aber der
> Beschluss der Außenminister zur Terrorabwehr lässt viele wichtige Fragen
> offen.
Bild: Brüssel, 19.1.2015: Nabil Elaraby, Generalsekretär der Arabischen Liga …
BRÜSSEL taz | Ein Kampf der Kulturen ist ungefähr das Letzte, was wir nach
dem Attentat auf Charlie Hebdo in Paris brauchen. Abendland gegen
Morgenland, Christen gegen Moslems, Gläubige gegen Ungläubige: Das hieße,
in die Falle der Terroristen zu gehen und das Lied von Pegida zu singen.
Daher ist es auf den ersten Blick vernünftig, was die EU-Außenminister in
Brüssel vereinbart haben: Sie wollen angesichts der Terrorgefahr auf die
arabische Welt zugehen und die Kooperation ausbauen – von den
Geheimdiensten über die Politik bis zur Kultur.
Die europäischen Diplomaten möchten sogar Arabisch lernen, kündigte die
EU-Außenbeauftragte Mogherini an. Das klingt gut, täuscht aber über die
Tatsache hinweg, dass die Attentäter in Paris Franzosen waren. Mit ihnen
hätte man französisch sprechen müssen, nicht arabisch.
Es ist nicht die einzige Ungereimtheit in diesem EU-Beschluss. Nachdenklich
stimmt auch, dass die Außenminister mit keinem Wort auf die Presse- und
Meinungsfreiheit eingehen. Kapitulieren sie vor den teils gewalttätigen
Protesten gegen Charlie Hebdo? Bei den Karikaturen der Jyllands Posten
hatte die EU sich noch wie ein Mann hinter die Journalisten gestellt.
Nach den Terrorakten in Paris lud sie hingegen auch erklärte Gegner der
Meinungsfreiheit zum Demonstrieren ein. Und nun fällt den EU-Außenministern
gar nichts mehr ein. Nicht nur das Thema Meinungsfreiheit ist beim Treffen
in Brüssel unter den Tisch gefallen. Auch die Krisen in Syrien, Irak und
Jemen spielte nur eine Nebenrolle. Dabei sind dies doch die Länder, in
denen sich al-Qaida und Islamischer Staat ausbreiten und Terroristen
schulen.
## Chefdiplomaten ohne klare Aussagen
Dazu hätte man sich klare Aussagen unserer Chefdiplomaten gewünscht. Wie
wollen sie künftig mit dem syrischen Diktator Assad umgehen? Was werden sie
für die Sunniten im Irak tun? Welche Rolle soll der Iran spielen, der
bereits im Kampf gegen IS mitwirkt? Wie geht Europa mit autoritären Regimes
in Saudi-Arabien oder Katar um? Und was wird aus der Türkei, die im Kampf
gegen den Terror eine zwielichtige Rolle spielt?
„Ausländische Kämpfer“ reisen über die Türkei nach Syrien, zuletzt war
sogar über Waffenlieferungen aus der Türkei an al-Qaida berichtet worden.
Das schreit nach Aufklärung. Doch dazu: nichts. Mogherini erwähnte diese
Staaten nicht einmal – und wenn doch, dann nur, um ihnen eine engere
Zusammenarbeit anzubieten.
Sogar eigene „Sicherheits-Attachés“ will die EU künftig in den Nahen Osten
und nach Nordafrika schicken – zusätzlich zu den bereits aktiven nationalen
Geheimdienst-Mitarbeitern. Mit diesen Sicherheitsberatern lässt sich
vielleicht ein neuer Auslandsgeheimdienst aufbauen. Einige EU-Politiker
fordern ja bereits eine europäische CIA. Noch so viele Attachés ersetzen
aber keine außenpolitische Strategie, die die Ursachen des Terrors
beseitigt. An diesem entscheidenden Punkt sind die Außenminister
gescheitert.
20 Jan 2015
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Arabische Welt
Terrorabwehr
al-Qaida
Charlie Hebdo
EU
Diplomatie
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Freiheit
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Schwerpunkt Syrien
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Paris
Gesetz
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